Neue Broschüre und neue Dauerausstellung: Ziegeleimuseum Glindow erwacht aus dem Corona-Schlaf

Vor zehn Wochen vorgestellt und trotzdem niegelnagelneu: Das gilt für die erste Broschüre über mehr als ein halbes Jahrtausend Ziegeleigeschichte in der Region Werder. Denn Corona machte den Initiatoren einen Strich durch die Rechnung. Anfang März stellte die Autorin Barbara Czycholl vom Förderverein historische Ziegelei in Glindow gemeinsam mit ihrer Vereinsvorsitzenden Christiane Sellner das Heftchen vor, das nicht nur beeindruckende Zahlen, sondern auch reich bebilderte gut verständliche Erklärungen liefert. Kaum einer konnte seither das Werk in Händen halten, schließlich schloss das Museum eine Woche nach dem Vorstellungstermin. Endlich: Neue Dauerausstellung im Ziegeleimuseum ist längerfristig geöffnet: Gleiches gilt für die neue Dauerausstellung, die Anfang März im Ziegeleimuseum eröffnet wurde. Auch sie bekam bisher kaum jemand zu sehen. Seit gut zehn Tagen hat das Museum aber endlich wieder geöffnet. Und so können Interessierte die Ausstellung jeden Samstag und jeden Sonntag in der Zeit von 10 bis 16 Uhr im Museumsturm der Ziegelei besichtigten. Der Titel der Ausstellung lautet: „Historische Ziegelbauten in der Mark Brandenburg“. Die Sonderausstellung löst nach drei Jahren die ebenfalls sehr interessante Ausstellung ab, die sich mit der Geschichte der regionalen Ziegelstein-Produktion beschäftigte. „Beim Abhängen der Bilder und Dokumente habe ich gedacht, das möchte ich auf Dauer festhalten“, erzählte Barbara Czycholl. Die erste Lektüre der neuen Broschüre verrät: Da steckt sehr viel Wissenswertes drin. Die Potsdamerin ist Architektin und weiß die historische Bedeutung der Ziegeleien nicht nur zu schätzen, sondern auch einzuordnen. „Nach dem Siebenjährigen Krieg entstand von 1763 bis 1769 das Neue Palais aus den Ziegeln der Region, und zwar als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die arbeitslosen Soldaten“, bringt Czycholl die Politik des Alten Fritz auf den Punkt. 23 Billionen Ziegel aus der Region wurden in Berlin verbaut: Sechs Ziegeleien rund um den Glindower See brachten den sogenannten Ziegellords Reichtum und den Zieglern ein hartes Leben. Und die Branche hat Spuren in unserer Sprache hinterlassen: „Jemandem den Rücken stärken“ stammt aus der Zeit, als beim Entladen der Kaffenkähne mit Schubkarren eine Person in den Rücken des Schiebenden drückte, um die schweren Ziegelsteine bei Steigungen vorwärts zu bewegen. „Berlin ist aus dem Kahn gebaut“: Eines der zehn Kapitel widmet sich den Dimensionen, mit denen aus Ton Baustoff produziert wurde, und die sorgen für Gänsehaut. Rund 550 000 Schiffsladungen mit 23 Billionen Steinen verbaute man im boomenden Berlin in der Zeit von 1830 bis zum ersten Weltkrieg. 1905 produzierten noch 23 Ziegeleien in Werder für Berlin mehr als 132 Millionen Steine im Jahr. Ab 1846 transportierte man sie auch auf dem Schienenweg nach Berlin, auf der Stammbahn. Ziegeleimuseum zieht 3000 Menschen von Nah und Fern an: Die neue Ausstellung ist Teil des Gesamtkonzeptes des Märkischen Ziegeleimuseumsturms, wie Christiane Sellner erläuterte. Neben der Dauerausstellung zum Thema Vielfalt der Ziegelstein-Kultur werden Wechselausstellungen in der oberen Etage des Denkmals den Gästen angeboten. Gut 3000 Gäste aus Nah und Fern besuchten im vergangenen Jahr die einmalige industriegeschichtliche Sehenswürdigkeit. Günstig gelegen am Panorama-Obst- und Europaradweg, finden Radler hier guten Anschluss. Und von der Turmspitze aus erblickt man von oben, was danach zu Fuß richtig entdeckt werden kann: die Glindower Alpen. Als ehemaliges Tonabbaugebiet ist es ein Naturschutzgebiet, das von Menschenhand geschaffen wurde. Und gleich nebenan liegt die Märkische Ziegeleimanufaktur mit dem einzigen Ringofen, der noch in Betrieb ist und den man bei Führungen auch besichtigen kann. Das Märkische Ziegeleimuseum Glindow findet man in der Alpenstraße 44. Die Broschüre „Ziegeleigeschichte der Region Glindow, Werder, Petzow in sechs Jahrhunderten“ erhält man für sieben Euro im Museum und im Tourismusbüro der Stadt Werder. Neue Öffnungszeiten: Samstags und Sonntags von 10 bis 16 Uhr. Führungen mit maximal fünf Personen durch die Ziegelei vereinbart man unter 03327 669395 oder 0177 388 63 20. Lesen Sie auch: Frischer Wind im Ziegelei-Museum Glindow: Neue Vereinsvorsitzende tritt Amt an Ausstellung über die Blütezeit der Ziegeleien eröffnet in Werder Von Gesine Michalsky

Werder - Neue Broschüre und neue Dauerausstellung: Ziegeleimuseum Glindow erwacht aus dem Corona-Schlaf