Wiesenburg: Ein halbes Dutzend Eltern vermisst das Frühhort-Angebot

Mindestens ein halbes Dutzend Familien hat Interesse daran, dass ihre Kinder vor dem Unterricht in der Wiesenburger Grundschule „Am Schlosspark“ betreut werden. Das ist das Ergebnis einer informellen Umfrage bei den Eltern. Doch der Hort unterbreitet das sonst überall im Hohen Fläming etablierte Angebot nicht. Nachdem das Anliegen jüngst in der Gemeindevertretung Wiesenburg/Mark geäußert wurde, loten gerade die Mitglieder des Sozialausschusses die Möglichkeiten aus. Bürgermeister Marco Beckendorf (Linke) ist nach wie vor nicht von der Notwendigkeit überzeugt. „Wenn die Politik den Beschluss fasst, setzen wir ihn um“, verspricht er zwar, versucht aber gleich die Ansprüche zu bremsen. Nachwuchs hat morgens keine Ruhe: „Es muss ja um 6 Uhr kein Förderkurs sein, aber jemand sollte den Nachwuchs am Morgen mit Aufmerksamkeit betreuen“, wünscht sich Doreen Selent. Momentan sei es so, dass Mütter und Väter, die vor 7 Uhr an ihrem Arbeitsplatz sein müssen, ihre Kinder wecken, bei Großeltern und Nachbarn abgeben, ehe sie dann von dort aus den Weg zur Schule antreten“, weiß die zweifache Mutter. „Jacke an, Jacke aus – gerade jetzt im Winter ist das kein Vergnügen“, beklagt sie. Alle Beteiligten sind sich einig, dass es nicht das Beste sei, den Nachwuchs morgens in jeglicher Einrichtung abzugeben. Doch zum einen wird das Angebot in mehreren Kitas längst unterbreitet, lautet die Argumentation der Eltern. Da sei es weltfremd, dass der Rathauschef meint, er könne die Arbeitgeber von Müttern und Vätern der Grundschüler um Rücksichtnahme bei der Einteilung von Diensten bewegen. Eltern verpassen attraktive Jobs: „Die Wahrheit ist, dass ich zwei gute Job-Angebote ausgeschlagen habe, weil die Betreuung für mein Kind nicht gewährleistet war“, schildert Beate Dikall. Die Familienfreundlichkeit definiert die Vorsitzende der Elternkonferenz der Grundschule anders als der Verwaltungschef. Sie hat selbstständig Eltern befragt. 37 haben darauf reagiert: Sie melden einmal durchgehend Bedarf an und fünfmal mehrfach in der Woche. „Das sind Wünsche, formell noch kein Bedarf“, erklärt Marco Beckendorf. Doch wenn dieser –mit Bestätigung vom Arbeitgeber – nachgewiesen und abgelehnt wird, könne ein Rechtsanspruch beim Kreis als zuständigem Träger der Betreuung geltend gemacht werden. „Dann gibt es zumindest Geld für die Realisierung des Betreuungsanspruches“, bestätigt Regina Thinius. Abgeordnete relativieren die Ausgabe: Die Rede ist je nach Qualifizierung und tatsächlicher Betreuungszeit von 9000 bis 12.000 Euro pro Jahr, die im kommunalen Etat einzustellen wären. Ob die Ausgaben für ein, zwei oder erst mehrere Kinder getätigt werden, muss dann entschieden werden. Für Ute Paulmann-Boll (SPD) aus Reetz jedenfalls kein Grund, zu feilschen. „Die Kommune verfolgt selbst Millionen schwere Pläne“, sagt sie mit Blick auf Drahtzieherei- und Brauerei-Gelände. „Da sollten wir hier Flexibilität zeigen“. Personalakquise wird Problem: „Wenn nicht jemand aus dem Pool des Kita- und Hortpersonals akquiriert werden kann, ist es ja vorstellbar, dass sich ehemalige Erzieher für die neue Aufgabe finden“, meint Ausschussvorsitzende Daniela Rabinowitsch (Linke). Nach Aussage von Marco Beckendorf stehe das quantitativ zusätzliche Angebot im Widerspruch zur ebenfalls im Fachgremium verabredeten Strategie, mehr Personal einzusetzen, um die Qualität während der üblichen Öffnungszeiten zu sichern. Immerhin: Neben der neuen Leitung für den Medewitzer „Knirpsentreff“ wurden zum Jahreswechsel drei neue Erzieher eingestellt. Von René Gaffron