Spargel-Flieger kehrt ohne Erntehelfer aus Rumänien zurück

Frust und Enttäuschung bei 100 Erntehelfern auf dem rumänischen Provinzflughafen Iasi 400 Kilometer nördlich von Bukarest. Die Männer und Frauen, die teilweise stundenlange Anreisen hinter sich hatten, sollten am Dienstag von einer Chartermaschine der Fluggesellschaft Eurowings nach Berlin geholt werden. Als Spargelstecher hätten sie bei ihrem Arbeitgeber, dem Gut Herrenhölzer bei Bensdorf, an die 5000 Euro in der Saison verdient. Viel Geld für Menschen in einer der strukturschwächsten Regionen Europas. Doch die schon über Rumänien fliegende Maschine drehte wieder ab. Schon in der Luft: Auch Eckhard Wolter vom Gut Herrenhölzer traf die Nachricht von der gescheiterten Luftbrücke wie ein Schlag in die Magengrube. Denn die Saisonkräfte sollten dem Landwirtschaftsunternehmen mitten in der Corona-Krise das Überleben sichern. Und zwar auf den Spargeläckern und an den Sortierbändern. Noch am Montag hatte die Bundespolizei grünes Licht für die Einreise der rumänischen Saisonarbeitskräfte gegeben. Das vom Gut Herrenhölzer gecharterte Flugzeug war schon in der Luft, als die Behörde in einer schriftlichen Mitteilung, die der MAZ vorliegt, auf eine aktualisierte Weisungslage des Bundesinnenministeriums verwies – Einreiseverbot. In letzter Minute abgebrochen: „Weder in Schönefeld, Tegel, Hannover oder Leipzig hätten unsere Erntehelfer von Bord gehen dürfen. Quasi in letzter Minute haben wir die Aktion abgebrochen“, berichtet ein verärgerter Landwirt und Mitinhaber Wolter. Auf den Kosten von 30 000 Euro bleiben die beiden Eigentümer, zu denen auch der Unternehmer und Hotelier Jürgen Streit aus Bensheim gehört, sitzen. Am Mittwoch der nächste Schock. Als die Investitionsbank des Landes Brandenburg ihr Portal für finanzielle Soforthilfen in der Corona-Krise öffnet, traut Landwirt Wolter seinen Augen nicht. Produzenten, Verarbeiter und Vermarkter von landwirtschaftlichen Erzeugnissen sind von Anträgen ausgenommen. Ebenso wie Fischereien und Betreiber von Aquakulturen. „Ein Unding. Bei allen Sonntagsreden haut der Staat der Landwirtschaft von hinten die Beine weg“ , beklagt sich Wolter. Jetzt ist guter Rat teuer. Kälte bremst Spargel aus: Zwar versucht das Gut Herrenhölzer Geld aus anderen Hilfstöpfen zu bekommen, doch in erster Linie muss sich der Betrieb jetzt wohl selbst helfen. Als Segen hat sich in den letzten Tagen ausgerechnet die polare Kälte erwiesen. Die unterkühlten Temperaturen bremsen den Spargel im Wachstum aus. Außerdem haben die wenigen vorhandenen Feldarbeiter die Verfrühungstunnel abgebaut, die Folie wurde von schwarz auf weiß gedreht. Eine generelle Lösung für das Arbeitskräfteproblem ist damit aber noch nicht in Sicht. Doch es gibt Hoffnung. Nach den ersten MAZ-Berichten über die missliche Lage der Spargelbauern melden sich in Herrenhölzer täglich Leute, die in der Produktion und Vermarktung helfen wollen. Eine erste deutsche Brigade gibt es schon. Darunter sind Azubis aus den geschlossenen Hotels von Jürgen Streit. Angehende Restaurant- und Hotelfachkräfte ziehen unter Anleitung in die Spargelkampagne. Mit Helfern aus der Region hofft das Gut bald eine zweite deutsche Brigade in Marsch setzen zu können. Keiner wird abgewiesen: „Wir sind uns als Gesellschafter einig, dass wir Verantwortung tragen und den Betrieb durch die Krise bringen wollen. Wir weisen keinen ab, der bei uns arbeiten will“, sagte Landwirt Wolter der MAZ. Um den Absatz mache er sich keine Sorgen. Derzeit sind sieben Verkaufsstände in der Region in Betrieb, die einen guten Verkauf verzeichnen. Auch die Handelsketten fragen vermehrt Spargel nach. Mit einer Tonne Spargel täglich liegt die Erntemenge im unteren Level. Das kann sich mit steigenden Temperaturen in Richtung April schnell ändern. Doch ohne zusätzliche Erntehelfer lassen sich größere Mengen nicht mehr einbringen. Von Frank Bürstenbinder

Amt Wusterwitz - Mayday für Bensdorf: Spargel-Flieger kehrt ohne Erntehelfer aus Rumänien zurück