Ziesar: Warum Heinrich van der Haars neues Buch "Kapuzenjunge" unter die Haus geht.

Der Schriftsteller Heinrich von der Haar ist in Ziesar kein Unbekannter mehr. In der Reihe „Lesebühne“ stellte er bereits 2011 seinen ausgezeichneten Roman „Mein Himmel brennt“, vor. Sein neues Buch „Kapuzenjunge“ präsentierte er kürzlich im Glassaal der Burg Ziesar. Eingeladen hatte dazu der Kultur- und Heimatverein Ziesar. Ein Waisenjunge aus dem Libanon: Der Autor erzählt in seinem Roman sehr lebendig und realistisch in verschiedenen Lebensabschnitten die Erlebnisse des alleinerziehenden Heiners mit seinem adoptierten libanesischen Waisenjungen Jani. Heiner und seine damalige Ehefrau wünschten sich sehr ein Kind. Aber es wollte nicht recht klappen. So entschied sich das Paar ein Kind zu adoptieren. Jani war fast vier Jahre, als er in die Familie aufgenommen wurde. Der Vater kam beim Kampf im Krieg gegen den IS um. Die Mutter tötete sich durch Selbstmord und zündete ihre Wohnung an. Der damals Dreijährige konnte gerettet werden und wurde in einem Berliner Kinderheim untergebracht. Heiner wollte unbedingt Vater sein, und er wollte helfen. Das Paar entschied sich, dieses dunkelhäutige libanesische Kind aufzunehmen. Doch Belastung erwies sich als zu groß. Die neuen Eltern trennten sich einige Zeit später. Zweifel und Fragen: Die Lesung begann mit dem 7. Geburtstag des Jungen. Jani hatte viele Wünsche. Heiner war zu der Zeit bereits alleinerziehend. Neben vielen Spielsachen bekam der Jungen ein Kapuzenshirt. Etwas enttäuscht war das Kind schon über die Geschenke, denn er wünschte sich so sehr einen Hamster. Der Autor stellte bei seiner Lesung einige Fragen an die Runde: „Können sie sich vorstellen, solch ein Kind aus dem Heim zu holen, um es ein gutes Zuhause zu bieten“? Die Zuhörer schwiegen. Heiner schwankte und haderte mit sich. Er stellte sich immer wieder die Frage, ob es die richtige Entscheidung war, das Kind aufzunehmen und zu behalten. Seine Zweifel wurden durch die Mitarbeiter des Jugendamtes, dem Vormund und den Menschen in der Umgebung bestärkt. Auch seine Exfrau machte ihm das Leben nicht leichter. Heiner blieb aber stark und gab „seinem Jungen“ den Halt, den er durch den Tod seiner Eltern verlor. Fesselnde Lesung: Jani wuchs heran, besuchte das Gymnasium. Er forderte Markenklamotten, um in der Gesellschaft Gleichaltriger seine Akzeptanz zu festigen. Der Konsum von Drogen kam dazu. Das tägliche Leben eskalierte. „Verpiss dich, Alter!“ oder „Geh’ zur Hölle. Geld her oder ich fackel das Haus ab“, schrie der 17-Jährige seinen Vater an. Er entriss ihm die Geldbörse mit dem Geld und verschwand aus der Wohnung. Mit dieser Episode endete die Vorstellung der Geschichte einer Vater-Sohn-Beziehung im Berlin der 1990-er Jahre. Das Publikum war von der ersten Minute an gefesselt. In der anschließenden Diskussion zeigten die Zuhörer ihre Betroffenheit über diese Geschichte. Einige Anwesende haben solche Situationen schon selbst erlebt. Fünf Jahre arbeitete Heinrich von der Haar an diesem Werk. „Der Roman ist autobiografisch geschrieben. Ich selbst habe das alles so erlebt“, verriet der Autor in Ziesar. Auch interessant: 50 Jahre „Der Herr der Ringe“: Ein Fantasy-Bestseller feiert Geburtstag Jackie Thomae kann auf den Deutschen Buchpreis hoffen Von Silvia Zimmermann

Lesung - Autobiografischer Roman: Autor erzählt in Ziesar von Adoption und Trennung