ADAC-Studie: Potsdam hat die unzufriedensten Autofahrer Deutschlands

Die unzufriedensten Autofahrer Deutschlands leben in Potsdam. Das geht aus der Umfrage „Mobil in der Stadt“ hervor, die der ADAC hervor am Freitag vorstellte. In der Studie untersuchte der Automobilclub die Zufriedenheit von Verkehrsteilnehmern in deutschen Städten mit 150.000 bis 300.000 Einwohnern. Im Gesamtranking landete Potsdam im Mittelfeld, Potsdamer Autofahrer äußerten sich jedoch deutschlandweit am kritischsten. Hingegen einen Spitzenplatz – Rang 5 von 29 – konnte sich die Landeshauptstadt in der Bewertung beim Fußgängerverkehr sichern. Unter Berücksichtigung aller Verkehrsgruppen landet Potsdam auf Platz zwölf von 29. Die Studie „Mobil in der Stadt“ untersuchte die Zufriedenheit der Menschen mit der jeweiligen Mobilitätssituation in den Städten. Dabei wurden die Bewertungen von Auto- und Radfahrern, Fußgängern und ÖPNV-Nutzern sowohl einzeln betrachtet, als auch in einem Gesamtindex zusammengefügt. Potsdams größtes Problem: Fehlende Parkplätze und hohe Parkgebühren: Dass Autofahrer mit ihrer Situation in Potsdam derart unzufrieden sind, liegt laut Umfrage vor allem am Baustellenmanagement, dem Parkraumangebot im gesamten Stadtgebiet und der Höhe der Parkgebühren. Volker Krane, Vorstand für Verkehr im ADAC Berlin-Brandenburg, kann den Frust der Autofahrer nachvollziehen, weist aber zugleich auf die baulichen Gegebenheiten der Stadt Potsdam hin: „Baustellen und der damit verbundene Stau haben natürlich ein großes Frustpotenzial. Doch Potsdam stellt aufgrund seiner historischen Altstadtstruktur und geografischen Lage eine Herausforderung für das Baustellenmanagement dar. Eine einzelne Baustelle kann schnell zum Verkehrsinfarkt führen.“ Während die Parkgebühren – auch im Städtevergleich – für den ADAC Regionalclub trotz der Ergebnisse keinen Anlass zur Kritik darstellen, sieht er jedoch deutlichen Handlungsbedarf bei Parkplätzen. „Das geringe Parkraumangebot würde nicht so stark zum Tragen kommen, wenn Potsdam sein Park-and-Ride-Angebot (P+R) und die Parkleitsysteme intelligent und smart ausbauen würde. Ein Parkplatz ist nur so gut, wie die Möglichkeit, ihn auch zu finden“, erklärt Volker Krane. Zufriedene ÖPNV-Nutzer, Fahrradfahrer und Fußgänger: Dass ein besonderer Bedarf nach der Ausweitung von P+R-Angeboten besteht, zeigen auch die Umfrageergebnisse der ÖPNV-Nutzer, die das mangelnde Angebot von Parkplätzen an Stationen und Bahnhöfen am häufigsten kritisieren. Die Stadt hat ein Fußverkehrskonzept erarbeitet, das seit dem 16. Dezember online einsehbar ist. Noch bis Sonntag können Bürger Hinweise abgegeben. Bei der Erarbeitung des Fußverkehrskonzeptes wurden Mängel in der Fußverkehrsinfrastruktur analysiert und Maßnahmen zur Behebung vorgeschlagen. In einer Tabelle sind mehr als 1900 Maßnahmen erfasst, die im weiteren detaillierter zu planen oder zu prüfen sind. Davon sind 233 Sofortmaßnahmen enthalten, wie zum Beispiel die Verbesserungen der Sichtbeziehungen an Kreuzungen und Querungsstellen, Bordsteinabsenkungen oder die Verlagerung von Sondernutzungen wie Werbeaufsteller oder Gastronomieflächen im Gehwegbereich. www.potsdam.de/auslegung-des-fussverkehrskonzepts-fuer-potsdam vkl Lesen Sie auch: Drohender Verkehrsinfarkt: Golmer Ortsvorsteherin will Drahtseilbahnen Der ADAC Monitor zeigt aber auch, dass ÖPNV-Nutzer, ebenso wie Radfahrer und Fußgänger, die Stadt Potsdam insgesamt überdurchschnittlich gut bewerten. Einen Kritikpunkt greift Verkehrsvorstand Volker Krane aber dennoch auf: „Es zeigte sich, dass Radfahrer das Verhalten von anderen Radfahrern und Fußgängern kritisierten; Fußgänger wiederum das Verhalten der Radfahrer. Wir appellieren an jeden Verkehrsteilnehmer: Nehmt gegenseitig Rücksicht und hinterfragt auch das eigene Verhalten.“ Verkehrsplaner Niehoff: Baustellen haben Bewertung beeinflusst: Norman Niehoff, Leiter der Verkehrsplanung im Potsdamer Rathaus, zeigt sich überrascht von den schlechten Bewertungen der Autofahrer. In der Corona-Pandemie habe der Autoverkehr deutlich abgenommen, man sei besser durchgekommen als sonst, sagt er. Er geht davon aus, das insbesondere die Großbaustellen an der Nuthestraße und am Leipziger Dreieck die Bewertung negativ beeinflusst haben: „Das spiegelt sich eins zu eins wieder und dann ist die Bewertung auch plausibel.“ Das Verkehrsnetz sei auf das Zentrum ausgerichtet, so Niehoff, die Insellage biete bei diesen Baustellen kaum Ausweichmöglichkeiten. Positiv hob der Verkehrsplaner der Landeshauptstadt hervor, dass Potsdam bei Rad- und Fußverkehr sowie beim ÖPNV gut dastehe. „Das sind die Themen, die wir befördern und die ADAC-Befragung zeigt, dass das nicht nur in unseren Statistiken ankommt, sondern auch subjektiv von den Menschen so empfunden wird.“ IHK: Wachsende Stadt muss Infrastruktur für Autos schaffen: Für Daniel Hönow, Leiter des IHK-RegionalCenters Potsdam/Potsdam-Mittelmark ist genau das das Problem an der Potsdamer Verkehrspolitik: „Nur den Fuß- und Radverkehr in den Blickwinkel zu nehmen und fördern zu wollen, reicht nicht aus.“ Der ADAC-Monitor bestätigte die Einschätzung der IHK: „Potsdam kümmert sich zu wenig um den Individualverkehr und schaut zu wenig in die Landkreise.“ Ein Oberzentrum wie Potsdam müsse auch für Kunden, Arbeitnehmer und Unternehmen aus dem Umland erreichbar sein. Der Ausbau der Straßeninfrastruktur an das rasante Wachstum der Landeshauptstadt und seines hochdynamischen Umlandes sei dafür unverzichtbar. „Dogmatisch den Autoverkehr auszugrenzen, ist keine nachhaltige Lösung“, sagt Hönow. Von Peter Degener und Feliks Todtmann