Baumfällung Potsdam: Demo blockiert Rodung des Nuthewäldchens

Rund 30 Menschen haben sich am Montag versammelt, um gegen die Abholzung des Nuthewäldchens am Humboldtring zu protestieren. Die Demonstranten drangen gegen 8.30 Uhr auf das abgezäunte Gelände vor und blockierten Bagger und Forstmaschinen. „Lebensräume statt Wohnalbträume“ stand auf einem der vielen Transparente, das an einer der Fällmaschinen angebracht wurde. Die Demonstrierenden forderten den sofortigen Stopp der Abholzung. Zunächst schien es, als wäre über Nacht auch einer der Bäume besetzt worden – auf einem Podest in etwa drei Meter war eine Gestalt in dicker Winterkleidung zu erkennen. Doch der Baumbesetzer stellte sich schnell als eine mit Stroh ausgestopfte Puppe heraus. Eine Polizistin kletterte auf den Baum und holte die Attrappe vom Baum. Unangemeldete Versammlung am Nuthewäldchen: Die Polizeibeamten waren angesichts der Blockade der Fällarbeiten nach etwa einer Stunde erschienen. Rund 20 Beamte sowie Mitarbeiter des Ordnungsamtes waren im Einsatz. Die Polizei beobachtete zunächst das Geschehen und besprach sich mit einem Vertreter des Unternehmens, das die Fällungen durchführt. Die Demonstranten berieten sich, ob sie spontan eine Demo anmelden – denn der Protest war nach Auskunft der Polizei keine angemeldete Versammlung. Zu dem Protest hatten mehrere Gruppen aufgerufen, darunter „Fridays for Future“ und „Extinction Rebellion“, die Bürgerinitiative Nutheschlange und die Wählergruppe Die Andere. Sie kritisieren, dass das Wäldchen ohne gültigen Bebauungsplan gerodet werde und dass im aktuellen Planungsentwurf die ursprünglich vorgesehenen Sozialwohnungen nicht mehr vorgesehen seien. Die Landesforstbehörde hatte die Rodung des Wäldchens in der vergangene Woche genehmigt. Der Berliner Investor BMP will auf der rund anderthalb Hektar großen Fläche etwa 270 Wohnungen errichten. Mit der Fällung des Nuthewäldchens werden Tatsachen geschaffen: Julia Laabs von der Bürgerinitiative Nutheschlange steht am Montag vor dem Bauzaun am Humboldtring. „Ein Baum fällt schneller, als er wächst“, steht in blauen Buchstaben auf dem Transparent in ihrer Hand. „Wir sind alle erschüttert über das Vorgehen hier“, sagt die ehemalige Stadtverordnete (Die Andere), die nur ein paar Häuser entfernt wohnt. „Es kann nicht sein, dass hier ohne gültigen Bebauungsplan Tatsachen geschaffen werden“, sagt sie. Würden die Stadtverordneten bei ihrer Abstimmung über das Bauvorhaben im Mai dagegen stimmen, sei das Wäldchen unwiederbringlich verloren. Sie kritisiert zudem, dass die Bewohner des Zentrum-Ost bei der Bauplanung nicht beteiligt würden. „Wir fordern ein Gesamtkonzept für den Stadtteil unter Einbeziehung der Einwohner.“ Strafanzeigen gegen 17 Personen: Holger Zschoge ist überzeugt, dass das Nuthewäldchen für das Spekulationsobjekt eines Immobilieninvestors weichen muss. Statt sozialer Belange würden im aktuellen Bebauungsplanentwurf vor allem die wirtschaftlichen Interessen des Eigentümers im Vordergrund stehen. Sobald die Wohnungen gebaut seien, würden diese als Kapitelanlage weiterverkauft werden, befürchtet er. Nach rund anderthalb Stunden riegelten die eingesetzten Polizisten das Gelände ab, um die Personalien der verbliebenen 17 Personen aufzunehmen. Gegen sie wird nun wegen des Verdachts auf Hausfriedensbruch und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz ermittelt, wie die Sprecherin der Polizeidirektion West, Juliane Mutschischk, mitteilt. Gegen 11 Uhr konnten die Demonstrierenden das Baugrundstück verlassen. Von Feliks Todtmann