Baustelle in Potsdams Speicherstadt: Corona verzögert Neubau von Wohnungen

Vom Lustgarten, der Langen Brücke und dem Hauptbahnhof aus ist die nördliche Speicherstadt zum Blickfang geworden. Innerhalb eines Jahres sind aus der tiefen Baugrube am Leipziger Dreieck drei Rohbauten mit bis zu fünf Obergeschossen emporgewachsen. Der prominenteste Teil des künftigen „Havel Quartier Potsdam“ auf dem mehr als 250 Meter langen Baufeld ist der große Hotel- und Gewerbebau direkt am Leipziger Dreieck. 2021 wollen die Bauherren hier „möglichst den Ausbau fertiggestellt“ haben. Auch die zwei als Wohnblöcke konzipierten Gebäude dahinter sollen im neuen Jahr „nahezu fertiggestellt“ werden. 2022 sollen dann private und gewerbliche Mieter einziehen. 154 Wohnungen und 270 Hotelzimmer sind in diesen drei ersten von insgesamt acht Gebäuden geplant. Zeitverzug und Kostensteigerung durch Lockdown: Die Corona-Pandemie ist dennoch nicht spurlos an der riesigen Baustelle vorübergegangen, wie die Bauherren der Projektentwicklungsgesellschaften Reggeborgh aus Berlin und Asenticon aus Potsdam auf MAZ-Anfrage erklären. „Personal- und Materialengpässe haben zu Verzögerungen und Kostensteigerungen geführt.“ Die Corona-konforme Organisation der Baustelle und die Hygienemaßnahmen bedeuteten einen erhöhten Aufwand. Vor allem ist noch nicht absehbar, wer den Gewerbeblock gegenüber des Hauptbahnhofs künftig nutzen wird. „Interessenten für die im Bau befindlichen Gewerbeeinheiten, besonders aus den Bereichen Hotellerie, Gastronomie und Kreativwirtschaft, werden wohl länger brauchen, um sich für das Anmieten von neuen Räumen zu entscheiden. Aber auch der Bedarf an Büroflächen ändert sich durch Corona“, erklären die Bauherren. Ein wichtiges Ziel für das begonnene Jahr sei es deshalb, den ersten Gewerbemieter zu finden. Gefahr von Bombenfunden: Ein besonderes Problem der Baustelle ist die latente Gefahr, auf Bomben-Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg zu stoßen. Schon während des ersten Lockdowns war mehrere Wochen lang jegliche Munitionssuche untersagt, wodurch sich Baumaßnahmen verzögerten. „Die Suche nach Munition ist seit November wieder bis auf weiteres untersagt. Verzögerungen sind vorprogrammiert“, erklärt Asenticon-Geschäftsführer Klaas Vollbrecht. Besonders betroffen ist der Uferbereich zur Havel, weil in fließenden Gewässern besondere Bestimmungen für die Kampfmittelsuche gelten. „Mit etwas Glück könnte in diesem Jahr ein Teil der alten Spundwand entfernt und durch eine neue ersetzt werden“, je nachdem, wann die planmäßige Munitionssuche wieder erlaubt sein wird. Das hat auch Auswirkungen auf die Potsdamer. Denn von der Erneuerung der Böschung hängt auch die Freigabe des öffentlichen Uferwegs ab, der seit drei Jahren gesperrt ist, was vor allem für die Bewohner der mittleren und südlichen Speicherstadt größere Umwege bedeutet. „Erst nach Fertigstellung der neuen Spundwand und der Steinschüttungen wird mit dem Uferweg begonnen werden“, erklären die Bauherren. Wann der Uferweg nach der Erneuerung des Ufers aber tatsächlich durch die Öffentlichkeit genutzt werden könne, hinge von der weiteren Baulogistik ab. Noch nicht begonnen sind nämlich insgesamt fünf weitere Gebäude, von denen zwei ebenfalls am Ufer stehen werden. Das bedeutet: „Liefer- und Baufahrzeuge müssen die Flächen des künftigen Uferwegs noch weiterhin als Rangier-, Fahr- und Zwischenlagerflächen nutzen.“ Bislang sieht es so aus, als wären die Baumaßnahmen frühestens 2025 beendet. Am Rande der Großbaustelle und im Schatten der drei Rohbauten steht direkt neben den Bahngleisen noch das alte Heizhaus der früheren Speicherstadt mit ihren größtenteils abgerissenen Magazingebäuden. Ob dieses kleine Relikt sich zwischen den Neubauten behaupten wird, soll ebenfalls 2021 entschieden werden. Es sind Untersuchungen zur Standsicherheit und Nutzbarkeit des Heizhauses geplant. Von Peter Degener