Das Personal im Potsdamer Schloss Charlottenhof und in den Römischen Bädern sorgt sich um Blei im Trinkwasser am Arbeitsplatz. Dort werden Mitarbeiter der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) sowie der Servicegesellschaft Fridericus seit Mitte September mit Mineralwasser versorgt, weil die Grenzwerte für das Schwermetall überschritten werden.
Darüber informierte Heiko Neubecker, Leiter der für die Kontrollen verantwortlichen Abteilung Baudenkmalpflege der SPSG, vor einigen Tagen in einem Schreiben an alle Mitarbeiter.
Mehr als 60 Liegenschaften der Stiftung wurden geprüft
Seit Dezember 2018 hat die SPSG das Trinkwasser in mehr als 60 Liegenschaften auf gesundheitsgefährdende Stoffe untersuchen lassen.
Auch die Schlossorangerie und die Museumswerkstatt in der Gregor-Mendel-Straße, das Schweizerhaus auf der Berliner Pfaueninsel und der Saalbau von Paretz wiesen ursprünglich erhöhte Blei-Werte auf, die sich bei erneuten Proben aber nicht bestätigt haben.
Labor-Ergebnisse blieben monatelang unbeachtet liegen
Verärgert ist das Personal allerdings trotzdem, weil der Baudenkmalpflege die erhöhten Werte zwar monatelang bekannt waren, die Mitarbeiter jedoch nicht informiert wurden. Dabei ist Heiko Neubecker nicht nur kommissarischer Leiter der Baudenkmalpflege, sondern auch langjähriger Vorsitzender des Personalrats der Stiftung und damit Vertreter der Mitarbeiterinteressen.
So konsumierten Kassierer, Schlossführer und Sicherheitspersonal über den gesamten heißen Sommer im Schloss Charlottenhof bleihaltiges Wasser. „Wir haben in dieser Zeit das Wasser getrunken“, bestätigt eine Mitarbeiterin, die regelmäßig in diesem Parkbereich arbeitet, aber anonym bleiben möchte.
77 Mikrogramm Blei im Schlosswasser – Grenzwert liegt bei 10 Mikrogramm
Dabei wurden bereits im Dezember 2018 Proben genommen, in denen deutlich erhöhte Bleiwerte von 77 Mikrogramm pro Liter Wasser festgestellt wurden, wie die Stiftung auf MAZ-Nachfrage am Dienstag bestätigte.
Der Grenzwert beträgt zehn Mikrogramm pro Liter. Trotz des Ergebnisses geschah nach der ersten Probe allerdings über Monate nichts. Nach MAZ-Informationen lagen die Briefe mit den Prüfergebnissen und einem Warnhinweis zur Blei-Belastung stattdessen unbeachtet in der Baudenkmalpflege.
Wie giftig ist Blei?
Selbst in geringen Mengen ist das Schwermetall Blei stark gesundheitsgefährdend. Der Grenzwert wurde immer wieder gesenkt, zuletzt 2013 von 25 auf zehn Mikrogramm pro Liter Wasser. Gerade Schwangere und Kleinkinder sind von einer schleichenden Vergiftung durch tägliche Aufnahme von Blei durch Nahrung, Luft und Wasser gefährdet.
Das Metall wirkt sich auf das Nerven- und Blutbildungssystem aus. Bei Kindern spielen außerdem Beeinträchtigungen der Aufmerksamkeits- und Reaktionsleistungen eine Rolle.
Stiftungssprecher bestätigt monatelange Verzögerung
Stiftungssprecher Frank Kallensee bestätigt: „Der Grund für die Verzögerung war in der Tat, dass der zuständige Mitarbeiter seit einem Jahr erkrankt ist und die Informationen mithin erst verspätet bearbeitet werden konnten. Dies bedauern wir ausdrücklich. Hinzu kamen fehlende personelle Ressourcen, zum Beispiel durch das Ausscheiden des verantwortlichen Bauleiters. Gleichwohl sind dann im Spätsommer die entsprechenden Wiederholungsproben veranlasst worden.“
Mitarbeiter bekommen Wasserflaschen gestellt
Nachdem sich die Werte für das Schloss Charlottenhof bestätigten, wurden innerhalb weniger Tage die Mitarbeiter informiert sowie Hinweisschilder aufgestellt. Dort und auch in den Römischen Bädern wird das Personal bis auf weiteres mit Wasserflaschen versorgt.
Jetzt werden auch die Wohnungen in den Römischen Bädern überprüft
Was nun mit den Bleileitungen geschieht, ist noch offen. Regelmäßige Spülungen sollen durch die Hausmeister erfolgen, was den Empfehlungen des Umweltbundesamtes entspricht. „Möglicherweise ist eine Erneuerung des Hausnetzes erforderlich“, teilt die Stiftung mit.
Auch bei den Römischen Bädern, wo zuerst 58 Mikrogramm Blei pro Liter gemessen wurden, bei der Nachmessung aber mit acht Mikrogramm der Grenzwert eingehalten wurde, gibt es offene Fragen. Dort gibt es drei Wohnungen von denen zwei vermietet sind.
Nachdem zuerst nur die Wasserhähne in den Mitarbeiterbereichen überprüft wurden, hat man Ende Oktober auch „für die Wohnungen vorsorglich eine Beprobung beauftragt, die in diesen Tagen erfolgt.“
- Lesen Sie auch den Kommentar: Blei im Wasser ist nicht das wirkliche Problem der Schlösserstiftung
Von Peter Degener