Bürgschaftsbank Brandenburg

„Wissen Sie eigentlich, dass das Bundesland Brandenburg die Nr. 1 ist, wenn es um Anbieter kreativer Holzspielplätze geht?“, fragt Miloš Stefanovic und berichtet mit großer Freude über die wunderbaren Ideen der SIK-Holzgestaltungs GmbH in Langenlipsdorf (Teltow-Fläming) oder der Zimmer.Obst GmbH in Spreenhagen (Oder-Spree). Und dann springt er in Gedanken nach Wandlitz. Zur Schnorrenberg Chirurgiemechanik GmbH. Ein Unternehmen, das hochtechnologische medizinische Instrumente repariert. Miloš Stefanovic lebt für unternehmerische Ideen. Die dürfen gern auch ungewöhnlich sein. Stefanovic ist Geschäftsführer der Bürgschaftsbank Brandenburg. Sie steht Gründern und Unternehmern zur Seite, denen für einen Kredit bei ihrer Hausbank die nötigen Sicherheiten fehlen. Bis zu 80 Prozent der Kreditsumme sichert die Bürgschaftsbank ab – auch dank der Unterstützung von Bund und Land, die als Rückbürgen fungieren. Wilder Start 1990: Die Bürgschaftsbank mit Sitz in Potsdam ging 1990 an den Start. Obwohl sie erst im Mai 1991 ins Handelsregister eingetragen wurde. Es war ein wilder Start. Fast so wild wie so manche Gründeridee, die die Bank begleitet hat. Im April 1990 gab es die ersten Überlegungen für Bürgschaftseinrichtungen im Osten. Im August stand der Plan: eine Bürgschaftsbank je Bundesland. Im Oktober konnten die Brandenburger schon die ersten rechtsgültigen Bürgschaftsurkunden ausgeben. Aus 14 Tagen wurden 14 Jahre: Geburtshelfer war dabei die Bürgschaftsbank Nordrhein-Westfalen mit ihrem Geschäftsführer Rainer Langmaack. Eigentlich sollte er nur für ein paar Monate in den Osten gehen. Ein halbes Jahr vielleicht, maximal anderthalb Jahre seien geplant gewesen, erklärt Miloš Stefanovic. Langmaack selbst gab gern folgende Erinnerung zum Besten: „Meiner Sekretärin habe ich damals gesagt, sie müsse mal für 14 Tage mit nach Potsdam kommen.“ Das erzählte er zu seiner Verabschiedung vom Brandenburger Chefposten. Im November 2004. Langmaack leitete sage und schreibe 14 Jahre lang die Geschicke der Bürgschaftsbank in Potsdam. Eine Gartenlaube als Büro: Deren erster Standort war übrigens eine winterfeste Gartenlaube in Babelsberg – nicht weit entfernt vom heutigen Sitz der Bank. An der Eingangstür hing damals ein schlichtes Schild, das auf die Bürgschaftsbank verwies. Jeden Abend wurde das Schild abgeschraubt. Schließlich sollte niemand auf die Idee kommen, dass es in dieser Gartenlaube das große Geld gibt. Hier gibt es „nur“ Urkunden, die kreativen Firmengründern und etablierten Unternehmen Sicherheit für ihr Vorhaben geben. Bürgschaftsbanken „immer gebraucht“: Bis heute hat die Bürgschaftsbank Brandenburg über 8300 Gründungs- und Investitionsvorhaben begleitet. Sie hat Kredite und Beteiligungen im Wert von insgesamt 2,3 Milliarden Euro verbürgt und hat zur Schaffung von mehr als 34000 neuen Arbeitsplätzen beigetragen. Auch wenn sich die Liquidität der Unternehmen im Osten in den vergangenen Jahren deutlich verbessert hat, „braucht man Bürgschaftsbanken nach meinem Dafürhalten immer – aber nicht für jedermann“, sagt Miloš Stefanovic und führt ein Beispiel für die Tätigkeit der Bürgschaftsbank auf: Rund 70 000 bis 80 000 Unternehmer habe das Land Brandenburg. Sie haben irgendwann gegründet und werden nach einem durchschnittlich 30-jährigen Unternehmerleben Nachfolger brauchen. Die neuen Gründer „haben in der Regel nicht viel Geld“, so der Banker Stefanovic. Genau an dieser Stelle kommt die Bürgschaftsbank ins Spiel. „Jede Geschichte ist wie ein Krimi“: Stefanovic übernahm 2004 von Langmaack den Posten des Geschäftsführers der Bank. Aber schon in den 90er Jahren war er – damals noch bei der Deutschen Bank – im Bürgschaftsausschuss vertreten. Dieser vereint bis zu 20 Vertreter von Wirtschaftsverbänden, Kammern, Banken und auch von Landesministerien. Alle drei Wochen entscheidet das Gremium, welche Projekte verbürgt werden. Da sei viel Psychologie dabei, sagt Stefanovic – etwa in der Bewertung der Unternehmerpersönlichkeit. Und Marktkenntnis für die Bewertung der Erfolgsaussichten einer Idee. „Jede Geschichte ist wie ein Krimi“, beschreibt es der studierte Betriebswirt. „Ist das Projekt sinnvoll? Tun wir dem Unternehmer einen Gefallen mit der Unterstützung?“ „Pionierarbeit“ geleistet: Stefanovic erinnert sich noch gut daran, wie die Bank mitunter belächelt wurde, als sie die ersten Kletterparks im Land unterstützte. Oder als die ersten Biogasanlagen hochgezogen wurden. „Das war schon Pionierarbeit“, erinnert er sich. Pionierarbeit, die sich für Unternehmer und Bank ausgezahlt hat. Neun von zehn Projekten haben Erfolg: Natürlich kann nicht alles glattgehen. Neun von zehn Projekten funktionieren. Aber zehn Prozent eben nicht. So hoch ist die Ausfallquote der Bürgschaftsbank. Bisher jedenfalls. Der Geschäftsführer fürchtet, dass durch die Corona-Krise im vierten Quartal dieses Jahres die Anzahl der Insolvenzen steigen wird. Das würde dann auch die Bank zu spüren bekommen. Derzeit versuche man gemeinsam mit den Hausbanken der Kreditnehmer, die Tilgungsraten für eine gewisse Zeit auszusetzen, um den Unternehmern finanziellen Spielraum zu verschaffen. Mehr als 250 Anträge auf Tilgungsaussetzung sind schon bei der Bank eingegangen. „Die Angst muss nachlassen, damit die Geschäfte wieder besser laufen“, sagt Stefanovic. Dafür müsse auch die Gefahr, die von Corona ausgeht, nachlassen. 226 Bürgschaften im Jahr 2019: Im vergangenen Jahr hatte die Bank 226 Bürgschaften ausgereicht. Zumindest im ersten Halbjahr 2020 lag man noch auf diesem Kurs. Die heutigen Unternehmer sind im Vergleich zum Start in den 1990er Jahren jünger geworden, sagt Stefanovic. Die Gründerszene sei inzwischen etablierter. Nicht mehr die Goldschürfer auf der grünen Wiese. Aber es gebe immer noch das Besondere. Diese exotischen Vorhaben, die das Geschäft so reizvoll machen. Von Ute Sommer