Corona-Impfungen: Zweite Dosis in Potsdamer Impfzentrum Metropolishalle

Fast wäre es nichts geworden mit der zweiten Impfung für Werner Boestfleisch. Als der 86-Jährige am Dienstag kurz vor 10 Uhr zu seinem Impftermin in der Potsdamer Metropolishalle kommt, können ihn die Mitarbeiter des Impfzentrums auf keiner Liste finden. „Das hat mich ehrlich gesagt etwas überrascht“, sagt der 86 Jahre alte Rentner aus Babelsberg. Boestfleisch war der erste Potsdamer, der beim offiziellen Impfstart am 5. Januar gegen das Coronavirus geimpft wurde. Seinen Termin für die zweiten Spritze hatte er über die Impfhotline 116 117 der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin-Brandenburg (KVBB) vereinbart – beim ersten Anruf: „Ich hatte Glück und bin direkt durchgekommen“, sagt er. Sogar eine schriftliche Bestätigung des Termins hat er am Dienstag dabei. Boestfleisch bleibt stur: Er will heute geimpft werden: Dass er trotz eines bestätigten Termins doch nicht geimpft werden soll, will Werner Boestfleisch nicht akzeptieren. „Da können Sie machen, was sie wollen, ich gehe hier nicht mehr weg“, sagt Boestfleisch zu den Mitarbeitern und setzt sich auf einen Stuhl im Eingangsbereich. Das Team des Impfzentrums telefoniert aufgeregt herum, berichtet Boestfleisch später, währenddessen gehen die Impfungen weiter. Unter denjenigen, die zum zweiten Mal geimpft werden, sind auch Renate Fabianski und Erhard Rönspieß (beide 83) aus Falkensee. Bei ihrem Besuch im Potsdamer Impfzentrum heute habe es keine Komplikationen gegeben, sagen sie. „Das hat alles hervorragend geklappt“, sagt Fabianski. Das größte Problem sei gewesen, überhaupt an einen Impftermin zu kommen. Rönspieß Tochter habe sich für die beiden stundenlang ans Telefon gesetzt, bis sie zur Terminvergabe durchgekommen ist. „Wir werden auch weiterhin vorsichtig sein“: Die beiden Rentner aus dem Havelland sind erleichtert, dass sie nun zu den ersten vollständig Geimpften in Brandenburg gehören. Große Pläne für die Zeit, wenn die Impfung wirkt und sie vollständig immun sind, haben sie jedoch nicht. „Wir werden auch weiterhin vorsichtig sein“, sagt Renate Fabianski. Es gebe noch zu viele Ungewissheiten in Bezug auf die Impfung. „Es würde ja jetzt auch gar keinen Spaß machen, irgendwo hinzufahren“, ergänzt ihr Begleiter. Lesen Sie auch: So viele Menschen wurden bisher in Brandenburg geimpft Auch in den Potsdamer Alten- und Pflegeheimen gehen die Impfungen durch die mobilen Impfteams weiter. Bislang wurden 1370 Menschen geimpft, darunter sowohl Bewohner als auch Mitarbeiter, teilt die Sprecherin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Marie-Christin Lux auf Anfrage mit. Bis auf zwei hätten bereits alle Einrichtungen, die das DRK mit seinen mobilen Impfteams versorgen kann, Impftermine angeboten bekommen. „Es gibt jedoch auch Wohnformen, etwa Senioren-WGs, die wir derzeit noch nicht anfahren können“, sagt Marie-Christin Lux. Die Impfbereitschaft in den Heimen erlebt die DRK-Sprecherin als hoch. „Da muss man wirklich auch die Einrichtungen loben, die tolle Arbeit bei der Aufklärung leisten und sich um die vielen Papiere kümmern, die für die Einwilligung nötig sind.“ Klinik-Mitarbeiter werden zu Nebenwirkungen befragt: Auch im Potsdamer Ernst-von-Bergmann-Klinikum hat die zweite Runde der Impfungen unter den Mitarbeitern begonnen. 568 Mitarbeiter haben die zweite Dosis erhalten, mehr als zwei Drittel sind insgesamt geimpft. „Ich hatte nach der ersten Impfung leichte Schmerzen an der Einstichstelle und an der Schulter. Nach der zweiten Impfung habe ich rein gar nichts gemerkt“, berichtet Petra Degenhardt (59) Chefärztin der Klinik für Kinderchirurgie. Lesen Sie auch Überlebenskampf auf der Covid-Station: Wie Mitarbeiter des Potsdamer Bergmann-Klinikums Corona erleben Corona-Mutationen Potsdam: Labor liefert neue Ergebnisse zur Suche nach veränderten Viren Impfstoff-Mangel in Brandenburg: 9000 Impftermine abgesagt - Umbuchungen geplant Physiotherapeutin Stephanie Herrschuh (29) berichtet von „Kopfschmerzen, Schüttelfrost und erhöhter Temperatur“ nach der zweiten Impfung. Bereut hat sie es aber nicht: „Ich fühle mich deutlich sicherer.“ Alle Mitarbeiter werden zu Nebenwirkungen der ersten Impfung befragt. „So bekommen wir einen recht guten Überblick, welche Nebenwirkungen zu erwarten sind und wie häufig sie auftreten“, erklärt Degenhardt. Boestfleisch wartet auf die Impfung seiner Frau: Nach rund anderthalb Stunden kommt auch Werner Boestfleisch aus dem Hinterausgang der Metropolishalle. Seine zweite Impfung hat er nach einigem Hin und Her doch noch bekommen. Die Organisation der Corona-Impfungen hält er für „eine einzige Katastrophe“. Die Terminvergabe sei viel zu kompliziert, meint er. Viele Menschen in seinem Alter würden da nicht durchsteigen. Sieben bis zehn Tagen nach der zweiten Impfung soll sich der vollständige Impfschutz gegen eine Covid-19-Erkrankung entfalten. Die Aussicht auf Immunität beruhige ihn schon ein wenig, sagt Boestfleisch. Doch das Thema Impfung ist für ihn nicht abgeschlossen. Sobald es wieder Impftermine gibt, will er zum Hörer greifen und versuchen einen Termin für seine Frau zu bekommen. Boestfleischs 88 Jahre alte Ehefrau wurde erst vor Kurzem an der Schulter operiert und konnte daher nicht zusammen mit ihrem Mann geimpft werden. Erst wenn sie beide Spritzen bekommen hat, könne er mit etwas mehr Gelassenheit auf die Corona-Pandemie blicken, sagt er. Von Saskia Kirf und Feliks Todtmann