Corona in Potsdam: Schwere Corona-Folgen für Potsdamer Wirtschaft

Die Wirtschaftsförderung der Stadt Potsdam hat am Dienstag eine erste Bilanz der Corona-Krise aus wirtschaftlicher Sicht gezogen. Das einzig Positive darin: Es gebe „starke Kooperationsbereitschaft der Potsdamer Wirtschaft“ und eine hohe Nachfrage nach Informationen, die von der Stadt zusammen mit den Wirtschaftsverbänden bereitgestellt werden. 90 Prozent der Betriebe haben nur geringe Rücklagen: Doch die Perspektive zahlreicher Potsdamer Unternehmen ist düster. „Potsdam hat etwa 90 Prozent Betriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern und damit eine damit sehr kleinteilige Struktur. Die kleinen und mittleren Unternehmen verfügen in der Regel nur über geringe Rücklagen“, heißt es in der Mitteilung der städtischen Wirtschaftsförderung. „Eigentlich ist das eine sehr gute, agile Struktur, aber in so einer Krise ist das sehr sensibel“, sagte der Potsdamer Wirtschaftsbeigeordnete Bernd Rubelt (parteilos) der MAZ. Noch gravierender sei die Situation für Gründungen. „Hier fehlen neben der Rücklage auch die Stammkunden, die nach der Corona-Krise wieder Aufträge erteilen werden“, erklärte der städtische Wirtschaftsförderer Stefan Frerichs. Potsdam sei außerdem als Standort ohne viel produzierendes Gewerbe stark betroffen – insbesondere in den Bereichen Dienstleistungen, Einzelhandel und Gastronomie. „Die wesentlichen Gründe für die schwierige Wirtschaftslage sind ausbleibende Kunden sowie Stornierungen beziehungsweise fehlende Aufträge. Insbesondere saisonbedingte Ausfälle im Ostergeschäft, zum Saisonstart und bei gutem Wetter sind nicht zu kompensieren. Das betrifft insbesondere den touristischen Sektor“, so die Wirtschaftsförderung. Saisonauftakt und Ostern für Tourismusgeschäft besonders relevant: Die Dauer der Eindämmungsverordnung des Landes werde „entscheidend für das Überleben vieler Betriebe sein“, denn Kompensationsmöglichkeiten wie sie im Online-Handel begrenzt für Einzelhandel und Gastronomie bestünden – solche Umsätze sind für Dienstleistungen oder Hotels aber kaum möglich. „Die Tasse Kaffee, die Übernachtung im Hotel oder die Schiffsfahrt auf der Havel werden nach der Corona-Krise nicht doppelt geordert. Mit dem Saisonauftakt erwirtschaften die Beherbergungsbetriebe, die gastronomischen Einrichtungen und die vielen touristischen Dienstleister einen nicht unerheblichen Anteil ihres Jahresumsatzes,“ sagt Rubelt. „Sollte die Schließung der Betriebe noch den ganzen Sommer bestehen bleiben müssen, werden sehr viele Betriebe in starke existenzielle Schieflagen geraten. Ich befürchte, dass wir da einen Einbruch erleiden werden. Da brauchen wir weitergehende Unterstützung vom Bund und vom Land“, so Rubelt weiter. IHK misst niedrigsten Konjunkturwert bei Umfrage: Die Industrie- und Handelskammer hat unterdessen in einer aktuellen Umfrage den niedrigsten Wert zur konjunkturellen Lage ermittelt, der je gemessen wurde. Noch in der letzten Märzwoche habe man rund 650 Unternehmen befragt. Der Konjunkturindikator liegt demnach bei 57,4 Punkten – normal wären 100 Punkte. „Das bedeutet, dass wir auch für Brandenburg in diesem Jahr mit einer erheblichen Rezession rechnen müssen“, erklärte IHK-Sprecher Detlef Gottschling auf MAZ-Anfrage. Alle Branchen sind betroffen: „Davon sind alle Branchen betroffen. Auch in der Baubranche, die derzeit noch von einer vergleichsweise guten Lage berichtet, geht man mittelfristig von Nachfragerückgängen aus. Besonders leidet allerdings der für unsere Region sehr wichtige Tourismus und das Gaststättengewerbe“, so Gottschling weiter. Im Einzelhandel sei man „natürlich erleichtert, dass man unter Auflagen größtenteils wieder öffnen darf. Aber auch hier muss von einer Konsumzurückhaltung der Verbraucherinnen und Verbraucher ausgegangen werden, sodass man die Verluste des vergangenen Monats nicht sofort wieder wettmachen wird.“ Die IHK geht davon aus, dass IT-Unternehmen, die Softwarelösungen zum mobilen Arbeiten oder Videokonferenzen anbieten oder Hersteller von medizinischen Produkten derzeit eine höhere Nachfrage verzeichnen und der Trend eines wachsenden Dienstleistungssektors, sowie der Bedarf an hochqualifiziertem Personal sich „daher voraussichtlich auch nach der Krise weiter verstetigen“ werde. Trotz Coronakrise: Baustellen in Potsdam laufen weiter nach Plan Arbeitslosenzahlen werden am Donnerstag veröffentlicht: Mit Spannung werden die Arbeitsmarktdaten und Arbeitslosenzahlen erwartet, die am Donnerstag von der Agentur für Arbeit veröffentlicht werden – es sind die ersten belastbaren Zahlen, seit den umfangreichen Kontaktsperren und gewerblichen Einschränkungen. Laut IHK hat jedes dritte brandenburgische Unternehmen Entlassungen angekündigt. Auch hier sei vor allem der Tourismus betroffen,. Dort fällt die Hauptsaison aus – zugleich seien dort laut IHK viele Arbeitnehmer „über befristete Zeitverträge angestellt, die flexibler aufgelöst werden können.“ Für Bernd Rubelt ist schon heute klar: „Wir waren auf einem sehr hohen, positiven Steigflug am Arbeitsmarkt. Das bricht nun ab.“ Das tägliche MAZ Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Brandenburg täglich gegen 17 Uhr im E-Mail-Postfach Von Peter Degener

IHK erwartet Rezession - Schwere Corona-Folgen für Potsdams Wirtschaft