Creative Village in Potsdam: Stadtverordnete können RAW-Genehmigung nicht bremsen

Eine vorzeitige Erteilung der Baugenehmigung für das Digitalprojekt „Creative Village“ am früheren Reichsbahnausbesserungswerk (RAW) kann von den Stadtverordneten kaum verhindert werden. Dem Grünen-Vorstoß, dass die Genehmigung erst nach Ende des Bebauungsplansverfahren erteilt werden darf, erteilte die Verwaltung eine deutliche Absage. Stadtverordnete können nicht bestimmtes Verfahren vorschreiben: „Es gibt keinen Ermessensspielraum. Wenn die Voraussetzungen für eine vorzeitige Genehmigung gegeben sind, muss sie erteilt werden Alles andere ist rechtswidrig. Selbstverständlich muss geprüft werden, ob die Voraussetzungen bestehen, etwa die Zustimmung der Stadtverordneten zum Durchführungsvertrag“, erklärte Stadtplanungschef Andreas Goetzmann am Dienstagabend im Bauausschuss. Ein bestimmtes gesetzliches Verfahren vorzuschreiben, wie es der Grünen-Antrag suggeriert, sei nicht möglich. Dort wurden der Auslegungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 36 „Neue Halle / östliches RAW-Gelände“ und auch die ersten Erkenntnisse für eine Milieuschutz-Satzung im Umfeld diskutiert. Eine Entscheidung traf das Gremium nicht – die Vorlagen wurden nur in erster Lesung behandelt. Erneute Debatte um die Größe des Neubaus: Eine Stunde lang wurde erneut vor allem über die baulichen Diskussionen der Neubauten an der denkmalgeschützten Neuen Halle debattiert. „Es ist eine große Chance, dass dieses ruinöse Feld saniert wird. Aber die RAW-Halle ist relativ filigran, die Neubauten wirken zugespitzt gesagt, als würde ein Eisbrecher auf uns zukommen“, erklärte der Ausschussvorsitzende Wieland Niekisch (CDU). Auch Saskia Hüneke (Grüne) hat immer noch Probleme mit den Dimensionen des Baukörpers. „Ich bin der Auffassung, dass es den Maßstab dieser Stadt sprengt. Das ist selbst neben dem Potsdam-Center ein Zacken zuviel“, sagte sie. Die Bauverwaltung widersprach: „Das ist die Mitte der Stadt. Wir sind hier nicht auf dem Land. Hier gibt es mit der Neuen Halle eine enorme Großteiligkeit, die ist von ihrer Grundfläche ein echtes Trumm. Da kann man mit großen Formen arbeiten“, erklärte Goetzmann. Auch Pete Heuer warb für das Vorhaben: Bei den Semmelhaack-Bauten Richtung Hauptbahnhof oder dem großen Callcenter auf der anderen Seite der Bahntrasse habe sich niemand beschwert, „jetzt kommt hier eine erstaunliche Komposition und es wird zerredet. Wir machen es schlechter umso länger das Verfahren vor sich her getrieben wird“, sagte er. Rubelt: „Strukturwandel fällt nicht vom Himmel“: Der Baubeigeordnete Bernd Rubelt (parteilos) betonte die wirtschaftlichen Aspekte des Projekts. „Der Strukturwandel fällt nicht vom Himmel, insbesondere am RAW-Gelände. Da haben wir 20 Jahre auf die sozusagen „richtige“ Entwicklung gewartet“, sagt er. Es handle sich um ein Schlüsselprojekt für die Wissenschaftsstadt Potsdam. Er erinnerte auch daran, dass der Investor schon jetzt erhebliche Summen in den Schutz der Neuen Halle und die Freimachung und Sanierung des Geländes investiert habe. „Das ist auch ein Vertrauensvorschuss an Sie“, erklärte er den Stadtverordneten. Noch vor der nächsten Stadtverordnetenversammlung Mitte September tagt der Bauausschuss erneut und wird sein Votum abgeben. Das Stadtparlament soll dann die Auslegung des Bebauungsplanentwurfs beschließen und dem Durchführungsvertrag mit der The RAW Potsdam GmbH zustimmen. Damit wären vermutlich die Bedingungen für die vorzeitige Baugenehmigung gegeben, so Goetzmann. Investor will bis Ende 2022 fertig sein: Die Gestaltung des Bauvorhabens ist im Vertrag nicht enthalten, um noch Details ändern zu können. Die Architektur sei aber schon umfangreich mit den Behörden abgestimmt. „Man kann sich darauf verlassen, dass es auf dieser Strecke weitergeht. Da steckt vom Vorhabenträger schon viel Geld drin“, erklärte der Stadtplanungschef Der Investor steht nach eigenen Aussagen unter Zeitdruck – er will bis Ende 2022 das Projekt vollenden. Zwei bislang nicht bekannte Ankermieter aus der Hightech-Branche würden seiner Aussage nach abspringen, wenn sich das Projekt weiter verzögert. Analyse bestätigt: RAW-Investition kann Mieter im Umfeld verdrängen Bauamt hält städtische Belange am RAW für „gesichert“ RAW-Anwohner fordern Sicherstellung der Versprechen des Investors Eile beim RAW-Projekt „Creative Village“ Von Peter Degener