DDR-Architektur: Kommt Mercure-Hotel Potsdam unter Denkmalschutz?

Das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege prüft die Eintragung des Mercure-Hotels in die Denkmalliste. Das hat die für Potsdam zuständige Dezernentin Christine Onnen auf MAZ-Anfrage mitgeteilt: „Wir befassen uns landesweit zunehmend mit Objekten aus der Zeit vor der Wiedervereinigung. Wir haben daher auch das Mercure auf dem Zettel, weil es Teil dieses Baubestandes ist.“ Das von 1966 bis 1969 für die Interhotel-Kette der DDR errichtete Hochhaus an der Langen Brücke sei „aber noch nicht konkret in der Prüfung“, so Onnen: „Bevor wir das machen, würden wir zuerst mit den Eigentümern in Kontakt treten.“ Mercure ist „eher früher als später“ dran: Der Bestand werde nach und nach abgearbeitet. Das Mercure werde „eher früher als später“ bewertet, begründet sei das mit der „relativ exponierten“ Lage: „Ich kann aber nicht sagen, ob wir das schon in diesem Jahr schaffen. Denn das hängt von unseren Kapazitäten ab.“ Parameter für eine Denkmalwürdigkeit sind laut Onnen die geschichtliche, städtebauliche, technische, wissenschaftliche, künstlerische oder volkskundliche Bedeutung. Laut Brandenburgischem Denkmalschutzgesetz müsse mindestens eines dieser Kriterien erfüllt sein. Soll das Mercure ein Denkmal werden? Das Pro und Contra Geprüft würden ebenso baukünstlerische Qualitäten, die Stellung des Objekts in der Architekturgeschichte und die Frage, wie viel Originalsubstanz noch erhalten ist. Das Mercure-Hotel mit seinem rund 60 Meter hoch aufragenden Bettenturm auf der Uferseite des früheren Lustgartens zählt zu den umstrittensten Gebäuden in der Potsdamer Innenstadt. Gescheitert: Kunsthalle anstelle des Mercure: 2012 präsentierte das Rathaus gemeinsam mit Potsdam-Mäzen Hasso Plattner den Plan, das Hochhaus zu erwerben, abzureißen und anschließend an seiner Stelle eine Kunsthalle zu errichten. Das Projekt sorgte für massiven Streit in der Stadtgesellschaft. Plattner, der sich davon unangenehm überrascht zeigte, stieg aus und realisierte seine Kunsthallen-Idee mit dem Wiederaufbau des Palastes Barberini am Alten Markt. Lesen Sie auch Kampf um Potsdams Mitte 2016 verabschiedeten die Stadtverordneten mit der Mehrheit der damaligen rot-grün-schwarzen Rathaus-Kooperation einen Masterplan für den Lustgarten, mit dem der Abriss des Hotels als langfristiges Ziel festgeschrieben wurde. Abriss für eine „Wiese des Volkes“: An Stelle des Plattenbaus soll demnach in der Sichtachse von Landtagsschloss und Neptunbecken eine „Wiese des Volkes“ angelegt werden. Der zuständige Sanierungsträger gab allerdings kurz darauf bekannt, dass die Stadt in absehbarer Zeit keinen Zugriff auf das Mercure haben werde. Lesen Sie auch Statusbericht: Stadt ohne Zugiff auf das Mercure Ein mit 14.700 Unterschriften zunächst erfolgreiches Bürgerbegehren für den Erhalt des Hotelhochhauses, des Wohnblocks am Staudenhof und der alten Fachhochschule scheiterte 2017 vor dem Verwaltungsgericht. 2019 wurde ein Antrag der Fraktion Die Andere abgelehnt, nach dem der Abriss des Mercures als Sanierungsziel aufgegeben werden sollte. „Das Thema ist nicht akut“: Konfliktpotenzial sehe sie nicht, sagt die Denkmalpflegerin: „Im Moment sehe ich da keinen Konflikt, zumal das Thema auch nicht akut ist. Städtebauliche Planungen können sich ja generell mit der Zeit ändern. Zu gegebener Zeit werden wir uns natürlich auch mit solchen Rahmenbedingungen befassen.“ Lesen Sie auch Pro & Contra: Soll das Mercure auf die Denkmalliste? Laut Denkmalschutzgesetz wären die Eigentümer nach Eintragung verpflichtet, das Gebäude „im Rahmen des Zumutbaren nach denkmalpflegerischen Grundsätzen zu erhalten, zu schützen und zu pflegen“. Denkmale sind demnach „so zu nutzen, dass ihre Erhaltung auf Dauer gewährleistet ist“. DDR-Architektur im Fokus: Ins Augenmerk der Denkmalpflege geraten Objekte aus der DDR mit zunehmendem zeitlichen Abstand: „Wir haben schon eine Reihe von Objekten dieser Zeit im Land Brandenburg unter Schutz gestellt“, sagt Onnen: „Es ist aber in der Tat so, dass die DDR nach und nach noch mehr in unseren Fokus rückt.“ In Potsdam gab es nach ihren Angaben Ende 2019 1657 eingetragene Denkmale, darunter 34 Objekte aus der DDR. Namhafte, noch vor dem Mauerfall eingetragene Denkmäler sind das Restaurant „Seerose“ an der Neustädter Havelbucht, die Sport- und Mehrzweckhalle in der Heinrich-Mann-Allee und das Mosaikband „Der Mensch bezwingt den Kosmos“ am Sockel des Rechenzentrums. „Minsk“ bleibt – auch ohne Denkmalschutz: Mit negativem Ergebnis geprüft wurden laut Onnen unter anderem das Gebäude des ehemaligen Terrassenrestaurants „Minsk“ am Brauhausberg, der aktuell als Kunsthaus genutzte Verwaltungstrakt des alten Rechenzentrums und - als Beispiel aus der Nachwendezeit - die umstrittene Nutheschlange. Eine erneute Prüfung des „Minsk“, das nach jahrelanger Abrissdebatte von der Hasso-Plattner-Stiftung zum DDR-Kunst-Museum ausgebaut wird, schloss die Denkmalpflegerin aus: „Es hat einfach zu viel Substanz verloren an Oberflächen, an Ausstattung und so weiter.“ Lesen Sie auch Hasso-Plattner-Stiftung eröffnet im „Minsk“ Museum für DDR-Kunst Gleichwohl sei es „schön“, dass „auch ohne Denkmalschutz identitätsstiftende Gebäude in Potsdam erhalten werden. Beim ,Minsk’ würde ich sogar sagen: Ich finde es wunderbar, dass es erhalten wird.“ Die anstehenden Prüfungen zum Mercure seien ein „ganz normaler, ergebnisoffener Vorgang“, so die Denkmalpflegerin: „Im übrigen können auch Gebäude erhalten werden, die nicht denkmalgeschützt sind.“ Von Volker Oelschläger