Margarete Mehlmann lacht viel. Sie spricht über ihr Leben, geht in Gedanken manchmal Jahrzehnte zurück. „Ich hatte immer Glück“, sagt sie. Die Potsdamerin ist 104 Jahre alt, feierte ihren Geburtstag am Wochenende. Ihr Geheimnis? „Man braucht Lebensmut und Lebenswille.“ Sich selbst aufgeben, selbst wenn Freunde und ihr Mann schon verstorben sind, kommt nicht infrage. Die 104-Jährige, die früher „Gretl“ genannt wurde, ist ein optimistischer und freundlicher Mensch.
Die Natur, ein ständiger Begleiter
„Eigentlich“, sagt sie, „sind wir doch noch jung.“ Manchmal fühlt sie sich durch ihre Altersdemenz zurückgesetzt in einen anderen Lebensabschnitt. Sie blüht auf, wenn sie darüber spricht. Dann blickt sie nach vorn, greift zu einem von vielen bunten Blumensträußen, riecht an den Pfingstrosen, die in voller Pracht ihren Wohnzimmertisch in ein Blumenmeer verwandelt haben. Ihre Augen strahlen. Sie liebt die Natur, die nun in ihr Zimmer gezogen ist.
Früher verbrachte sie jede freie Minute ihrer Zeit inmitten von Wäldern, Gebirgen und auf dem Wasser. Rund um Potsdam erkundete sie Gewässer mit einem Segelboot.
104-Jährige wollte Potsdam nie den Rücken kehren
Mit 104 Jahren ist Margarete Mehlmann eine der ältesten Potsdamerinnen. Potsdam, das ist ihre Heimat. Sie hat nie darüber nachgedacht, wegzugehen. 1914 wurde sie in der Stadt geboren – zur Zeit des Ersten Weltkrieges.
Die 104-Jährige blickt auf eine schöne Jugend mit ihren beiden Geschwistern inmitten einer schweren Zeit zurück. Sie brachte gute Noten nach Hause, fuhr in den Ferien immer wieder nach Buckow. Und manchmal, wenn ihr Bruder sie ärgerte, bekam sie den Klaps auf den Po. Aber das Leben ging weiter, Streitigkeiten wurden beigelegt, Kriege durchgestanden.
Ihren Ehemann, Ernst Mehlmann, lernte sie bei der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) in Nowawes (heute Babelsberg) kennen, der sie sich als junges Mädchen anschloss. Die SAJ wurde mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 verboten, ihre politische Einstellung und ihre Liebe überdauerten.
Familienzusammenhalt ist alles für die Potsdamerin
Das junge Paar heiratete 1938 und zog noch im gleichen Jahr in die Paul-Neumann-Straße und nie wieder weg, bekam 1939 den ersten Sohn und kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs ein Zwillingspaar – Ernst-Jürgen und Ulrich. Beide kümmern sich um ihre Mutter, besuchen sie im Seniorenstift DSG in der Paul-Neumann-Straße, wo sie kurz nach dem Tode ihres Mannes einzog.
Mit ihren Söhnen, Enkeln und Urenkeln hat Margarete Mehlmann einen Halt im Leben, der ihr wichtiger ist, als alles andere: eine Familie, die zusammenhält.
Von Christin Iffert