Doreen Brocke Kundenservice MAZ Druckerei

Schnell bewegt sich die sportliche Frau durch das Papierlager. „Das hier“, sagt Doreen Brocke und klopft auf einen papiernen Koloss, „sind unsere größten und schwersten Rollen“. 1,6 Meter breit. 1,6 Tonnen schwer. Papier, das auf eine riesige Rolle gebannt ist und das für den Druck der Frankfurter Allgemeinen Zeitung FAZ genutzt wird. Über der Monsterrolle stapeln sich gleich die Nächsten. Und daneben – noch mehr Papierrollen. 35 Zentimeter breit, 40 Zentimeter, 70, 80, 105, 140… 950 Tonnen Papier pro Monat: Das Angebot richtet sich strikt nach den Kundenwünschen. Wie viele Seiten soll eine Zeitung haben? Welches Format? Welche Papierqualität? Auf welcher Maschine wird sie gedruckt? Doreen Brocke ist diejenige, die all das einkalkuliert. Sie ist für den Kundenservice bei der Pressedruck Potsdam GmbH verantwortlich, der Druckerei, die Tag für Tag die MAZ produziert – und noch vieles mehr. Zum Beispiel Teilauflagen der schon erwähnten FAZ und des Handelsblatts. Wirtschaftszeitungen für Hannover, Leipzig und Göttingen. Die Deutschlandauflage des Mallorca Magazins. Eine russische Wochenzeitung. Anzeigenblätter wie den Wochenspiegel, die Brawo oder den Märker. Insgesamt werden pro Monat rund 950 Tonnen Papier für die Produktion gebraucht. Gute Planung gefragt: „Wir haben immer so viel Papier auf Lager, wie wir für die Produktion innerhalb von zwei bis drei Wochen brauchen“, sagt die gebürtige Potsdamerin. Na ja, ein kleiner Puffer ist immer mit dabei. „Schließlich bekommen wir teilweise Papier aus Finnland“, erklärt die Koordinatorin. Auf dem langen Transportweg kann einiges passieren. Was aber auf keinen Fall passieren darf, ist der Stillstand der Produktion wegen Papiermangels. So lautet dann auch das Credo von Doreen Brocke: „Ich muss heute entscheiden, was übernächste Woche auf Lager sein muss.“ Einmal pro Woche bestellt sie Papier entsprechend der Druckpläne für zwei Wochen im Voraus. Sonderwünsche wie stärkeres oder besonders weißes Papier müssen noch eher auf den Weg gebracht werden. Was auf einen Lkw passt: In ihrem Büro, nicht weit entfernt vom Papierlager, hat die 40-jährige Doreen Brocke den perfekten digitalen Überblick über die künftigen Druckaufträge und die nötigen Papiervorräte. Die Excel-Tabellen, die auf einen Klick den Papierbedarf für ein bestimmtes Produkt auswerfen, hat sie sich selbst zusammengestellt. „Ich rechne alles in Tonnage um“, sagt sie. Denn sie muss letztlich Lkw bestellen, die das Gewünschte liefern. 25 Tonnen passen auf einen Lkw. Jeden Tag fahren im Schnitt zwei Lkw die Druckerei auf dem MAZ-Gelände an. Die Lieferscheine landen im Kundenservice. Hier wird geprüft, ob alles korrekt ist. Druckerin bei der MAZ gelernt: Sie kennt das Druck-Geschäft in- und auswendig. Schließlich hat sie nach ihrem Abitur Druckerin gelernt. Dieser Berufswunsch kündigte sich schon bei einem Ferienjob als Schülerin in der Weiterverarbeitung der Druckerei an. Als 17-Jährige wusste Doreen Brocke: „Wenn ich volljährig bin, komme ich nachts zur Arbeit in der Druckerei wieder.“ Sie erinnert sich noch ganz genau an ihre Bewerbung als Azubi: „Zwei Lehrstellen waren damals ausgeschrieben, 152 Bewerbungen gab es.“ Und die Potsdamerin wurde genommen. Sie hat sich in der Männerwelt der Druckerei behauptet. Versteht etwas von ihrem Handwerk. Das „Druckerauge“, wie sie es nennt, hilft ihr noch heute – bei der Beratung der Kunden und der Einschätzung der Druckqualität. Von jedem Erzeugnis lässt sich Doreen Brocke ein Belegexemplar von ihren Drucker-Kollegen geben. Was sie an der Zeitungsproduktion fasziniert, ist „die tägliche Herausforderung der vielen Prozesse, die ineinandergreifen müssen, damit am Ende des Tages die Zeitung pünktlich beim Leser ankommt“. Angebot auf einen Bürojob: Ende 2010 – zwei Jahre nach der Geburt ihrer Tochter – wurde die Druckerin gefragt, ob sie es sich vorstellen könnte, in den Kundenservice zu wechseln. Eigentlich habe sie ja nie ins Büro gewollt, sagt sie. Aber heute möchte sie ihren Job mit geregelter Arbeitszeit und der großen Eigenverantwortung nicht mehr hergeben. Neben dem Papier bestellt sie auch Druckfarbe, Druckplatten, Bänder und Folien sowie Chemikalien. Eigentlich alles, was für die Produktion gebraucht wird. Sie muss kalkulieren, dass auch genug Platz in der begrenzten Lagerhalle ist. Ansonsten gibt’s Beschwerden von ihren Kollegen: „Zu viel Farbe, zu viele Platten – wir wissen nicht, wohin damit.“ Länger darüber zu grübeln, wie viel Verantwortung sie Tag für Tag trägt, verbietet sich Doreen Brocke. Das könnte sie in nötigen Entscheidungen hemmen, sagt sie. Spätestens am Montag muss sie stehen – die nächste Papierbestellung für die Pressedruck Potsdam GmbH. Von Ute Sommer