Exklusive Mietwohnungen in Potsdam: Matrosenhäuser an der Schwanenallee im Sommer fertig

Im Frühsommer sollen die drei „Matrosenhäuser“ der norwegischen Kongsnæs-Siedlung am Jungfernsee bezugsfertig sein: das Kapitänshaus, das Bootshaus und die Matrosenkaserne. Das hat Investor Michael Linckersdorff der Märkischen Allgemeinen Zeitung gesagt. Noch laufen Restarbeiten, vor allem im Innenausbau, und der hat es in sich. Dann werden die Außenanlagen gestaltet. Man musste und wollte die originale Bausubstanz möglichst vollständig erhalten, die über die Jahrzehnte der Mieternutzung zu DDR-Zeiten weitgehend entstellt worden war. „Hier lebten zwölf Familien. Die hatten Wände eingezogen und neue Räume geschaffen, die hölzerne Wandvertäfelung übertapeziert, die mit farbigen Ornamenten und Symbolen bemalten Voutenbretter der Deckenanschlüsse und alle Türen übermalt“, erinnert sich der Berliner Investor Michael Linckersdorff an den katastrophalen Anfangseindruck. Es ist wieder so geworden, wie es zur Fertigstellung 1895 gewesen ist, allerdings mit Modernisierungen im Inneren. Neue Heizung, alte Öfen: So wurde die Loggia im Obergeschoss des Kapitänshauses, das links im vierteiligen Ensemble steht, voll thermoverglast; sie war vorher mit Brettern und einer Tür darin nach außen abgeschlossen. In alle Innenwände hat man eine Dämmung eingezogen, was die Vertäfelung nur unmerklich ins Rauminnere rückte. Es gibt im Kapitänshaus nun historische, original norwegische Kachelöfen. Weil man keine Heizkörper an die Wände stellen wollte, verlegte man in allen Wohnungen eine Fußbodenheizung. Die Bäder sind modern ausgerüstet, aber mit zeitgemäßen Repliken gefliest. Alles Holz ist original: Säulen, der Schmuck der Dächer und Fassaden und im Inneren die Treppengeländer und die Türen sind aus nordischem Nadelholz, die Handläufe an den Treppen sogar aus Mahagoni-Hartholz, wie man es auf Schiffen verwendete. Immerhin war es eine Matrosenstation zum Betrieb der kaiserlichen Miniatur-Fregatte „Royal Louise“ und mehrerer kleinerer Boote, für die es im Bootshaus eine Werkstatt und ein Winterlager gab. Alle Gebäude der Station sind zu exklusiven Mietwohnungen umgebaut worden – in jedem Haus gibt es drei. Im Dachgeschoss der alten Matrosenkaserne und in der früheren Halle des Bootshauses erstrecken sich die Wohnungen über die gesamte Fläche. Die Matrosenstation Kongsnæs (norwegisch: konge „König“, næs „Landzunge“) ist eine Anlegestation für die Wasserfahrzeuge des preußischen Königshauses, die für Lustfahrten auf der Havel genutzt wurden. Im Auftrag Wilhelms II. entstand 1891 bis 1895 nach Plänen des Architekten Holm Hansen Munthe ein Gebäudeensemble im norwegischen Drachenstil, mit einem Empfangspavillon, der sogenannten Ventehalle, Bootsschuppen und drei Wohnhäusern für das Bedienungspersonal. Nach dem Ersten Weltkrieg blieb Kongsnæs im Besitz des Hauses Hohenzollern und wurde an den „Kaiserlichen Yacht-Club“ (KYC) in Kiel verpachtet. Ende des Zweiten Weltkriegs brannten die Empfangshalle, der Langschuppen für die kaiserliche Dampfyacht „Alexandria“ und ein Torbogen ab. Der Mauerbau teilte das Grundstück in zwei Hälften. Die Häuser wurden aber weiter bewohnt. Nach der politischen Wendevon 1989/90 setzte sich der „Förderverein Kongsnæs e. V.“ für den Wiederaufbau und die Sanierung der vorhandenen Gebäude ein. Anfang 2009 erwarb der Berliner Schmuckhändler Michael Linckersdorff das Anwesen von der Stadt Potsdam. Seit Eröffnung der wiedererrichteten Ventehalle wird darin ein Restaurant betrieben. Derzeit ist es wegen der Corona-Pandemie aber geschlossen. Das Kapitänshaus entstand 1891-95. Daran grenzte auf der Rückseite im Südwesten ein Anbau, der die Toilette, Waschküche und eine Rollkammer aufnahm. Das Dienstzimmer blickte zum See. Im Untergeschoss lagen die Privaträume und die Hausküche sowie die Hofküche und die Speisekammer zur Versorgung der Matrosen. Die Schlafzimmer, Kammern und das Badezimmer im Dachgeschoss waren über eine Treppe erreichbar. An den Giebeln zur Hof- und Straßenseite standen den Bewohnern Loggien zur Verfügung. Die Häuser waren frühe Fertigteilbauten. Die Holzteile der eingeschossigen Wohnhäuser wurden im etwa 20 Kilometer östlich von Oslo liegenden Strømmen vorgefertigt und in Potsdam von norwegischen Zimmerleuten auf Feldsteinsockeln aufgebaut. Vorne wie früher, hinten wie heute: Während man auf der Seeseite alle Fenster originalgetreu nachbauen musste, konnte man auf der Landseite Dachfenster einbauen. An das Bootshaus schließt sich blickabgewandt sogar ein großer Wintergarten als künftige Wohnküche an. Die Mietpreise werden der Lage wegen deutlich höher liegen als ortsüblich. „Für acht Euro kalt den Meter ist das nicht zu machen“, sagte Linckersdorff der MAZ. Es gebe Wartelisten, obwohl noch niemand eine Wohnung gesehen hat. „Es ist, bedingt durch die derzeitige Nachfrage, auch nicht notwendig, Exposés in Umlauf zu bringen“, sagt Linckersdorff. Carl Velten wurde am 28. Januar 1849 im Rheinland geboren und trat 1863 in die damalige preußische Marine ein. Er fuhr auf allen Meeren und nahm an den Kriegen von 1864 gegen Dänemark und 1870 gegen Frankreich teil. Nach seinem Ausscheiden aus dem Marinedienst wurde ihm als Kapitän die Führung der vor Kongsnæs liegenden kaiserlichen Dampfjacht „Alexandria“ und der kleinen Fregatte „Royal Louise“ anvertraut. Er heiratete die Tochter Clara des damaligen Leiters der Matrosenstation und folgte ihm im Jahr 1876 als Leiter der Matrosenstation nach. Auf beiden Schiffen fuhr Velten die kaiserliche und königliche Familie und zahlreiche hohe und höchste Fürstlichkeiten und Herrschaften, die als Gäste des Kaisers und Königs in Potsdam waren, über die Havelseen und übernahm auch die Ruderausbildung der kaiserlichen und königlichen Prinzen, der Söhne des Kaiser und Königs Wilhelm II. sowie der Kaiserin und Königin Auguste Viktoria. Mit der Erweiterung der Marinestation Potsdam wurde ihm der Titel „Kaiserlicher Yacht-Kapitän“ verliehen. Jahrzehntelang leitete der markige Kapitän die Sonderausbildung der von den Städten Wilhelmshaven und Kiel nach Potsdam kommandierten Matrosen. Nach dem Ende des Deutschen Kaiserreichs konnte Velten seine Wohnung behalten und die Matrosenstation bewahren. Er starb am 25. Oktober 1925 in seinem Haus auf der Station. Die Beisetzung fand am 29. Oktober auf dem Neuen Friedhof zu Potsdam unter lebhafter Beteiligung der Bevölkerung statt. Sanierung teurer als Neubau: Er hat viel investiert in das Ensemble, beziffert das aber nicht. „Wegen der Denkmalschutzauflagen ist es viel teurer geworden als gedacht“, sagt er: „Aber das ist richtig so. Wir fühlen uns nicht geknebelt. Das war eher eine positive Nötigung. Für das Geld hätte man aber die drei Matrosenhäuser dreieinhalb Mal völlig neu errichten können.“ Für den ersten Stationsvorsteher, von dem nur der Familienname Zwanziger bekannt ist, und für dessen Schwiegersohn und Nachfolger Carl Velten (1849 –1925) scheute der seefahrtbegeisterte und reisefreudige Kaiser Wilhelm II. (1859 –1941) keine Mühen und Kosten; immerhin hatte Velten ihm einst das Schwimmen beigebracht. Er ließ 1891 bis 1896 nach Plänen des Architekten Holm Hansen Munthe die Station im norwegischen Drachenstil errichten, mit einem Empfangspavillon, der so genannten Ventehalle, Bootsschuppen und drei Wohnhäusern für das Bedienungspersonal. Es wurden nur hochwertige Hölzer verwendet, die bis heute gut erhalten sind. Schiefer statt Dachpappe: Anders als beim Original sind die Dächer nicht mehr mit Dachpappe gedeckt, die damals der modernste und ein immens beliebter Werkstoff war. Heute liegen Schieferschindeln auf den Dächern der Matrosenhäuser, und der Dachfirst wird durch Kronen und Drachen geschmückt. Die Mieter werden in der vielleicht besten Wohnlage der Stadt leben, blicken aus dem historischen Ensemble heraus über den Jungfernsee bis zur Sacrower Heilandskirche. Im kleinen Hafen neben der Ventehalle können sie sogar ein eigenes Boot festmachen. Der Hafen ist zwar verpachtet, doch hat Linckersdorff für seine Mieter Liegeplätze reserviert. Lesen Sie auch Ärger um Unfall an Kongsnæ: Gutachter behaupten, das Tor sei von allein umgestürzt Matrosenstation „Kongsnæs“ öffnet sofort und ist schon ausgebucht Müll-Laster zerstört Tor der „Matrosenstation“ Kongsnæs Streit um Kongsnaes geht in nächste Runde Potsdam bekommt eine neue Touristen-Attraktion Grünanlage mit Spielplatz: Um mit dem Auto auf das u-förmig bebaute Gelände und zu den rückwärtigen Garagen zu kommen, fährt man künftig über einen gepflasterten Weg, der sich von der Schwanenallee in großem Bogen an den Häusern vorbei zieht. In der Wegekrümmung wird es eine Grünanlage mit einem Kinderspielplatz geben. Linckersdorff hat das Ensemble 2009 gekauft. Die Mieter – einige Flüchtlinge wohnten schon seit 1945 da – zogen ab 2010 aus. Keiner wird zurückkehren, aus Altersgründen und weil es für sie viel zu teuer wäre. Die Bewohner waren nach Einschätzung von Linckersdorff entweder als Geringverdiener in die Häuser eingewiesen worden, weil man ihnen keine Republikfluchtideen unterstellte, oder sie waren in der einen oder anderen Weise an den Staatsapparat der DDR gebunden und galten als systemtreu. Von Rainer Schüler