Kita-Öffnung in Potsdam: So funktioniert die Corona-Ampel für die Maßnahmen

Kitas auf oder zu, Maskenpflicht beim Stadtspaziergang oder nicht? Wann und wie die Potsdam-spezifischen Corona-Regeln gelten, hängt seit neuestem vor allem von der Corona-Ampel ab. Diese wurde von der Stadtverwaltung erdacht. Künftig soll immer mittwochs im Verwaltungsstab der aktuelle Ampelstand besprochen und entsprechend gehandelt werden – vor allem die Schließungen der Kitas und Schulhorte wird so für betroffene Familien berechenbar. Das sagt die Ampel aus: Wenn die Ampel insgesamt auf Grün springt, können die Maßnahmen gelockert werden, die Potsdam selbst verfügt hat. Zurzeit sind das die Maskenpflicht an besonders belebten Orten und die Schließung der Kindertagesstätten – in der Vergangenheit hatte Potsdam aber auch schon mit anderen Regelungen weitergehende Einschränkungen als das Land Brandenburg beschlossen. Bei einer gelben Ampel „sollten die aktuellen Maßnahmen fortgeführt werden“, heißt es in einem Erklärpapier der Verwaltung. Auf den ersten Blick wirkt die umfangreiche Betrachtung von Inzidenzzahlen und Relationen komplex, doch fast alle genutzten Zahlen sind für jeden im Internet abrufbar. Der jeweils aktuelle Ampelstand kann also auch zu Hause nachvollzogen oder zur besseren Planung recht genau vorhergesagt werden. Potsdams Kriterien: Insgesamt sind es vier Indikatoren, die die Ampel beeinflussen: 1. die aktuelle Inzidenz für die Stadt und ihr Verhältnis zum Wert der Vorwoche, 2. die Inzidenzen der umliegenden Landkreise und Berlins, 3. die Bettenkapazität in den Kliniken im Land und 4. die Kapazität im Klinik-Versorgungscluster West. Alle zusammen ergeben dann das Lagebild, anhand dessen der Verwaltungsstab eine Entscheidung trifft. Lesen Sie auch: > Das tägliche Corona-Update – so sind die Zahlen in Potsdam heute > Potsdamer Erstklässler im Distanzunterricht: Wissen lässt sich nachholen, aber das Miteinander fehlt > Bus und Bahn: In Potsdam sind Stoffmasken jetzt verboten Die Inzidenz für Potsdam: Das erste und zugleich simpelste Kriterium ist die Sieben-Tages-Inzidenz für Potsdam, also der Wert, der angibt, wie viele von 100.000 Bürgern sich binnen einer Woche nachweislich neu mit dem Sars-CoV2-Erreger angesteckt haben. Die Zahl wird täglich veröffentlicht, sie ist auf einen Blick auf der Homepage der Potsdamer Lokalredaktion der MAZ zu finden. Wer lieber selbst den Rechenschieber auspacken und die Inzidenz von vorn bis hinten allein ausrechnen will, kann das mit Hilfe des klassischen Dreisatzes tun: Die Neuinfektionen von sieben aufeinanderfolgenden Tagen, also beispielsweise von vorigen Donnerstag bis diesen Mittwoch aus dem Corona-Update ziehen, addieren, die Summe durch 180.334 teilen – dies ist die für die Rechnung angenommene Einwohnerzahl Potsdams – und anschließend mit 100.000 multiplizieren. Die so errechnete Inzidenz liegt an diesem Donnerstag nach 251 Infektionen in einer Woche bei 139,2. Was bedeutet das? Ganz einfach: Alles unter 50 ist gut und ergibt eine grüne Inzidenz-Lampe, die Werte zwischen 50 und 199 sorgen für gelbes Licht, ein Wert ab 200 lässt die Inzidenz-Ampel auf rot springen. Die relative Inzidenz: Ein bisschen mehr Mathematik ist für die Betrachtung der relativen Entwicklung der Potsdamer Inzidenzwerte notwendig, die ebenfalls in die Inzidenz-Bewertung fließt. Dabei wird untersucht, wie sich die Infektionszahl in der Stadt prozentual im Vergleich zur Vorwoche entwickelt – und zwar drei Tage nacheinander, damit Ausreißer in der Statistik diese nicht übermäßig verfälschen können. „Dieser Indikator ist eine Alternative zum R-Wert und steht für die Beschleunigung des Infektionsgeschehens“, erklärt die Stadtverwaltung dazu. Zur Berechnung nutzt die Stadt zunächst den tagesaktuellen Inzidenzwert und außerdem den von sechs Tagen vor dem aktuellen Tag, also beispielsweise den Donnerstag dieser und den Freitag der vergangenen Woche. So wird die Dynamik in der Entwicklung binnen einer ganzen Woche betrachtet. Im Rechenbeispiel beträgt die aktuelle Inzidenz 139,2, die vom Anfang des Betrachtungszeitraums 258,4. Gerechnet wird in zwei Schritten: 100 geteilt durch den Wert von vor sechs Tagen mal den aktuellen Wert, also im Beispiel 100 durch 258,4 mal 139,2. Das erhaltene Produkt, in unserem Fall 53,9 wird im zweiten Schritt im Vergleich zu 100 betrachtet: Er ist 46,1 Prozentpunkte kleiner als 100, – das Wachstum liegt also an diesem Tag bei rund -46 Prozentpunkten. Diese Rechnung muss nun für drei aufeinanderfolgende Tagen durchgeführt werden, um sie interpretieren zu können. Dieser Indikator ist grün, wenn das Wachstum an drei Tagen nacheinander negativ ist, also unter null liegt. Gelb wird er über null, rot bei einem starken Anstieg der Infektionen um 40 oder mehr Prozentpunkte. Aktuell ist alles im grünen Bereich: Donnerstag wie errechnet -46,1, Mittwoch -41,2 und Dienstag -38,5 Prozentpunkte. Die Inzidenz der anderen: Potsdam ist keine Insel, viele Menschen pendeln zur Arbeit entweder rein oder raus. Deshalb spielt auch die Infektionslage in den Kreisen Potsdam-Mittelmark und Havelland sowie in Berlin eine Rolle für die Bewertung der Lage in Potsdam. Die Inzidenzwerte veröffentlichen die jeweiligen Kreise und Berlin sowie die Gesundheitsministerien auf ihren Homepages. Der Stand der Bundeshauptstadt ist dabei besonders wichtig. Einordnen kann man die Inzidenzen nach demselben Modell, das auch für Potsdam angewandt wird: Unter 50 ist grün, 50 bis 199 gelb, über 200 rot. Die Kreise werden jeweils einzeln betrachtet. Am Donnerstag ergibt sich dabei ein gemischtes Bild. Potsdam-Mittelmark liegt mit einem Inzidenzwert von 334,8 am Donnerstag im tiefroten Bereich, während Berlin mit 136,6 und das Havelland mit 130 knapp unter Potsdams Wert und damit im gelben Ampelbereich rangieren. Insgesamt machen zwei gelbe Licher, eines davon aus Berlin, und ein rotes hier aktuell eine gelbe Ampel aus. Freie Betten: Zuletzt spielt die Belegung der Intensivstationen im Land Brandenburg und im Versorgungscluster West, zu dem die Stadt gehört, eine Rolle für die Potsdamer Corona-Ampel. Das online verfügbare Intensivregister der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) bildet wöchentlich die Gesamtzahl gemeldeter und verfügbarer Intensivbetten fürs Land ab: Aktuell sind 120 der 716 Intensivbetten frei, 316 weitere bilden eine Notreserve und sind daher gar nicht am Netz; damit sind mehr als 83 Prozent der Intensivbetten im Land Brandenburg belegt. Nicht öffentlich einsehbar hingegen ist die Versorgungslage im Klinik-Cluster, dieses steht nur dem Verwaltungsstab zur Verfügung. Mit Stand Donnerstag waren nach MAZ-Informationen 72 Prozent der Intensiv- und 76 Prozent der Normalbetten im Versorgungscluster genutzt. Wenn weniger als 70 Prozent der Intensivbetten belegt sind, springt der Indikator auf Grün, über 70 Prozent – wie es aktuell sowohl im land als auch in der Klinik-Region der Fall ist – auf Gelb und bei einer vollen Auslastung auf Rot – in diesem Fall muss die Notfallreserve freigegeben werden, weitere Aufstockungen sind dann sehr schwierig. Das Fazit: Insgesamt ergeben sich viele gelbe Ampeln, lediglich die Entwicklung der Potsdamer Inzidenz ist im grünen Bereich, der einzige rote Indikator ist die hohe Inzidenz in Potsdam-Mittelmark – der Kreis ist mittlerweile ein Infektions-Brennpunkt. Die Gesamtbetrachtung des Verwaltungsstabs hat daher bei der ersten Betrachtung in dieser Woche einen gelben Ampelstand für Potsdam ergeben – die geltenden Maßnahmen sollen fortgeführt, aber nicht weiter verschärft werden. Ob die Kitas denn nun wirklich ab Montag öffnen? „Das Land lässt eigene Regelungen unterhalb der 300er Grenze nach Aussage der Landesregierung zu, wenn es aufgrund des regionalen Infektionsgeschehens notwendig ist.“ sagt Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) auf Anfrage. „Die Stadt Potsdam wird am Freitag abschließend entscheiden.“ Von Saskia Kirf