"Konrad Wolf"-Student dreht Abschlussfilm: Potsdamer Plattenbau als Kulisse

Hugo hat Sehnsucht. Sehnsucht nach Nähe. Der Protagonist des Abschlussfilms von Pascal Schuh fühlt etwas, was in diesen Tagen sicherlich viele Menschen nachvollziehen können. Allerdings hat Hugos Sehnsucht nach Nähe nichts mit der Corona-Pandemie zu tun: Er lebt zurückgezogen in einem Plattenbau, hat sein Haus seit 20 Jahren nicht verlassen. Hier beginnt der Film, den der 24-jährige Pascal Schuh gerade zum Abschluss seines Regie-Studiums an der Filmuniversität Konrad Wolf dreht. Läuft alles wie geplant, wird der 30-minütige Film im November 2021 auf 3sat zu sehen sein. „Auf Platte“, so der Arbeitstitel wird ein Film über die Sehnsucht nach Nähe – und über die Suche nach Identität. Filmuniversität im Coronamodus: Wie Pascal Schuh der MAZ berichtet, soll es darin sowohl um Gentrifizierung als auch um Rassismus gehen. Denn neben dem menschenscheuen Hugo gibt es mit Johanna eine weitere Protagonistin. Während Hugo darunter leidet, wie sein Wohnviertel sich stetig verändert, hat Johanna mit Alltagsrassismus zu kämpfen. Bei einer Wohnungsbesichtigung treffen die beiden aufeinander. Derzeit dreht das Team rund um Pascal Schuh die letzten Szenen. Keine leichte Aufgabe: Die Corona-Pandemie hat auch die Lehre an der Babelsberger Filmschule verändert. „Wir haben noch den Vorteil, dass unser Film von der Sehnsucht nach Nähe handelt“, sagt Pascal Schuh. Andere Studenten hätten ihre Abschlussprojekte bereits absagen müssen. Regie-Student kam früh zum Filmemachen: Dennoch musste das Team um Pascal Schuh improvisieren: Die Castings fanden unter Corona-Bedingungen statt und auch die Drehs müssen entsprechend abgestimmt sein. „Es gibt strenge Corona-Hygienemaßnahmen“, sagt er. Er selbst kam bereits mit etwa 15 Jahren zum Film. Eigentlich wollte er Wissenschaftler werden, die „absolute Wahrheit“ hinter den Dingen erforschen. Enttäuscht davon, dass es die nicht immer gab und Wissenschaftler mitunter Ergebnisse fälschten, sei er auf den Film gekommen. „Hier geht es um eigene Welten, eigene Wahrheiten“, sagt der 24-Jährige. „Das Filmemachen hat ein bisschen was Religiöses.“ Für sein Studium an der Babelsberger Filmuniversität zog er von Bonn nach Potsdam, seit mittlerweile drei Jahren lebt er in der Stadt. Volker Schlöndorff betreut den Film: Wie bei vielen anderen Absolventen der „Konrad Wolf“ steht am Ende seines Studiums nun ein Abschlussfilm. Durch die Kooperation mit 3sat landete Pascal Schuh bereits einen ersten Coup: Der Film wird in einem Jahr über die Bildschirme flimmern. Außerdem ist der Betreuer des Projekts kein geringerer als Volker Schlöndorff. „Er liest die neuen Fassungen und gibt sein Feedback“, erzählt der Student. Derzeit werden die letzten Szenen des Abschlussfilms gedreht. Für Samstag, den 5. Dezember sucht das Team rund um Pascal Schuh noch nach Komparsen. Der Dreh soll „unter strikter Einhaltung“ der Corona-Hygienevorschriften ablaufen, so Schuh. Wer zwischen 18 und 75 Jahre ist, kann unter AufPlatteKomparse@gmail.com Kontakt zum Filmteam aufnehmen. Mittlerweile ist das Abschlusswerk an der Babelsberger Hochschule eine Art Institution: Nicht selten sahnten die dort entstandenen Filme namhafte Preise ab oder markierten den Beginn einer Filmkarriere. So wurde erst im vergangenen Jahr beispielsweise Hristiana Raykovas Film „Die Grube“ auf der Berlinale gezeigt. Auch der unter anderem durch den „Tatort“ bekannte Regisseur Dror Zahavi konnte sich durch seinen Abschlussfilm beweisen: „Alexander Penn – ich will sein in allem“ war damals für den Studenten-Oscar nominiert. Was Victor Hugo damit zu tun hat: „Auf Platte“, erzählt Pascal Schuh, sei „das Aufwändigste“, was er bisher gemacht habe. Im vergangenen Januar begannen die ersten Vorbereitungen. Angelehnt ist er übrigens an Victor Hugos „Der Glöckner von Notre-Dame“: So heißt der Protagonist nicht zufällig Hugo. Dass er zurückgezogen in seiner Wohnung lebt, dürfte nicht wenige an Quasimodo erinnern. Und mit Johanna gibt es auch eine Esmeralda. Wie der Film ausgeht, wird an dieser Stelle allerdings nicht verraten – Neugierige müssen sich noch bis zum kommenden November gedulden. Von Johanna Apel