Krampnitz-Tram: Halbzeit beim Online-Dialog

Um die Verlängerung der Straßenbahn ins neue Wohnviertel Krampnitz wird seit Jahren gestritten. Die Route, der Zeitplan und nicht zuletzt Kosten und Nutzen für die Krampnitzer und die übrigen Potsdamer im Norden haben für zahlreiche Schlagzeilen gesorgt. Seit einem Monat wird der Streit auf der Internetseite www.tram96.de geführt, die Stadt und Verkehrsbetrieb (ViP) dazu aufgelegt haben. Jetzt ist „Halbzeit“ beim Online-Bürgerdialog, der noch bis 20. September läuft. Das erste Fazit: Hitzige Debatten gibt es dort nicht – der Streit wurde versachlicht. 53 Beiträge seit Mitte Juli haben Potsdamer verfasst: 53 teils sehr umfassende Beiträge und Hinweise sind mittlerweile von Bürgern verfasst worden. Von den fünf Themenbereichen sind die Kategorien „Streckenverlauf“ mit 17 Beiträgen und die Kategorie „Verkehr, Querungen und Sicherheit“ mit 15 Beiträgen am meisten nachgefragt – hier spiegeln sich die jahrelangen Debatten um die künftige Verkehrsbelastung durch 10.000 Einwohner in Krampnitz und die Engstelle der geplanten Trasse über die Insel Neu Fahrland wider. Die Service-Kategorien zum Bauverlauf, zur Ausstattung der künftigen Haltestellen und dem ÖPNV-Angebot, sowie das Thema „Natur & Umwelt“ erzeugen deutlich weniger Interesse bei den Teilnehmern, wobei Lärm und Eingriffe in die Natur als Kritikpunkte benannt werden. Straßenbahn wird insgesamt infrage gestellt: Die Vorzugsvariante der Trasse entlang der Bundesstraße 2 wird auf der Webseite detailliert dargestellt – und größtenteils infrage gestellt. Stattdessen werden alternative Routen über den Lerchensteig, den Weißen See und die Birnenplantage in Fahrland diskutiert, außerdem diverse Tunnel- und Brückenlösungen. Eine weitere Frage, die sich wiederholt wiederfindet: Muss es überhaupt eine Straßenbahn sein? „Wer glaubt, die Verkehrsprobleme Potsdams mit einer Straßenbahnlinie zu lösen, der glaubt auch an den Klapperstorch“, läutet ein Fan von Elektro-Bussen seinen Beitrag ein. Auch der bereits diskutierte Einsatz von Oberleitungsbussen und die von der Politikerin Saskia Ludwig (CDU) ins Spiel gebrachte Seilbahn tauchen regelmäßig in den Beiträgen und Kommentaren auf. Neue Ideen gibt es auch: Etwa eine „Expressfähre“ vom Krampnitzsee bis zum Hauptbahnhof. Der Autor des Beitrags fragt sich, ob das nicht umweltfreundlicher und vor allem kostengünstiger sein könnte Denn: „Die zu nutzenden zehn Kilometer Wasserweg sind bereits vorhanden.“ Auch ein On-Demand-Bussystem wird vorgeschlagen, das flexibel Anwohner abholt – vielleicht sogar als fahrerloses Pilotprojekt. Ein Nutzer träumt von einer U-Bahn von Krampnitz bis Rehbrücke samt Anbindung an das Berliner Netz. Auch Anregungen im Kleinen werden gemacht, etwa zur Benennung von Haltestellen („Krampnitzsee“, „Spandauer Chaussee“) und deren Ausstattung mit Toiletten oder Kiosken. Vier Beiträge wurden durch Moderation nicht freigegeben: Nicht alle Fragen und Kommentare, die von Bürgern geschrieben wurden, sind auch veröffentlicht worden, wie der ViP auf Nachfrage erklärt. Vier Beiträge wurden demnach bisher nicht veröffentlicht, „weil der thematische Bezug zu weit weg war von den Erweiterungsplanungen der Tram 96“. Den Nutzern wurden in diesen Fällen jedoch Möglichkeiten aufgezeigt, wohin sie sich mit ihrem Thema wenden können, sofern sie bei der Teilnahme am Dialog auch zugestimmt hatten, dass sie kontaktiert werden dürfen. Auch einige Kommentare wurden nicht veröffentlicht, „weil sie stark ironisch, doppeldeutig und damit nicht eindeutig zuordenbar waren und auch keinen neuen Gedanken mehr beinhaltet haben“, erklärt der Verkehrsbetrieb. Heftige Kritik an den Ideen wurde dagegen veröffentlicht. Vom Projekt, das bereits jetzt „zum Scheitern verurteilt“ sei, von „Utopien“ und „verpassten Chancen“, ist zu lesen. Eine Anwohnerin des Lerchensteigs fasst das Dilemma zusammen: „So Ihr lieben Planer, ich möchte nicht in Eurer Haut stecken. Es ist echt schwer eine Lösung zu finden die finanzierbar ist und den Politikern und dem ViP gefällt. Ich drücke Euch die Daumen“, schreibt sie. Bei aller Kritik am Projekt selbst hält man den Online-Dialog beim Verkehrsbetrieb für sinnvoll: „Wir freuen uns über die rege Beteiligung. Mit dem Dialog erfahren wir, zu welchen Fragen die Potsdamerinnen Antworten erwarten und bei welchen Details Informationsbedarf besteht”, teilt die ViP-Geschäftsführerin Claudia Wiest auf Anfrage hin mit. Bis 20. September kann man sich beteiligen: In knapp vier Wochen – am Sonntag, den 20. September – endet der Onlinedialog. Anschließend werten die Planer alle Hinweise und Anregungen aus und überprüfen eine Machbarkeit. Bei der Vorstellung des Online-Dialogs im Juli versprach man seitens des ViP, auch zu begründen, wenn Anregungen nicht berücksichtigt werden können. Im Spätherbst sollen die Ergebnisse auf der Webseite www.tram96.de veröffentlicht werden. Tram nach Krampnitz: Jetzt sind die Bürger gefragt Die drei Streitpunkte von Krampnitz – ein Update Studie: Ohne Straßenbahn nach Krampnitz kommt der Verkehrskollaps für Potsdam Von Peter Degener