Kulturministerin Schüle: Startschuss für Bau einer Synagoge in Potsdam

Durchbruch nach fast zehnjährigem Stillstand beim Synagogen-Projekt: Wie Kulturministerin Manja Schüle (SPD) am Freitag in der Staatskanzlei erklärte, soll nun endlich mit der Errichtung der Synagoge in der Schlossstraße 1 begonnen werden. Gebaut wird nach dem Vorentwurf des Architekten Jost Haberland. „Ich freue mich, dass ich heute den Startschuss für den Bau geben kann“, sagte Schüle. „Wichtig ist: Wir bauen diese Synagoge nicht, um die Stadtmitte in der Landeshauptstadt schöner zu gestalten, und wir bauen sie auch nicht für eine einzelne Gemeinde, sondern wir bauen sie für alle Jüdinnen und Juden in Potsdam.“ Schüle hat dem Vorentwurf des Architekten zugestimmt und dem Brandenburgischen Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen (BLB) grünes Licht für den Bau gegeben. Damit können die bauvorbereitenden Planungen und Maßnahmen beginnen. Grundsteinlegung soll noch in diesem Jahr sein. Im Boot ist nun auch die Synagogengemeinde, deren Vorsitzender Ud Joffe über Jahre ein prononcierter Kritiker des Haberland-Entwurfs war – im Gegensatz zur Jüdischen Gemeinde rund um Evgeni Kutikow, die den Entwurf befürwortet. „Wir gehen auf den Wunsch ein, das Bauprojekt in die nächste Phase zu bringen“, sagte Joffe in der Pressekonferenz. Baustart für 2021 angestrebt: Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) erklärte in demselben Rahmen, er hoffe auf einen schnellen Planungsprozess. Architekt Haberland setzt den Baubeginn für 2021 an. Seiner Einschätzung nach könnte die Synagoge, für die etwa acht Millionen Euro vom Land Brandenburg zur Verfügung gestellt werden, im Jahr 2023 fertig werden. Großes Augenmerk will man – nach den antisemitischen Anschlägen der letzten Monate – auf die Sicherheitsaspekte legen. Die Synagoge soll nach der Fertigstellung von den jüdischen Gemeinden gemeinsam als Israelitischer Kultusgemeindebund Potsdam betrieben werden, so Schüle. Der Entwurf der Synagoge ist zwar noch nicht ganz fertig, aber Architekt Jost Haberland verrät, dass in Absprache mit den jüdischen Gemeinden und in Einklang mit Sicherheitsaspekten die Synagoge ein offenes Haus wird. So wird im Erdgeschoss ein öffentliches Café eingerichtet. Das religiöse Zentrum wird in der ersten Etage liegen. Dort erstreckt sich der Synagogenraum über drei Etagen auf neun Meter Höhe mit Oberlicht. Der Raum wird sich von der Fassade mit sieben Rundbogenfenstern und Balkonen absetzen. Weil die Fenster geöffnet werden können, werden auch vor der Synagoge religiöse Gesänge zu hören sein. Auf einer Dachterrasse wird man das Laubhüttenfest feiern können, das traditionell unter freiem Himmel zelebriert wird. Offener Punkt: Nun gilt es, einen gemeinsamen Synagogenbeauftragten der jüdischen Gemeinden zu finden, der Ansprechpartner des Landes sein soll. Bis vor kurzem hatte der Synagogengemeinde-Vorsitzende Joffe diese Funktion inne. Wie berichtet, entzog die Jüdische Gemeinde Potsdam jedoch kürzlich Joffe ihr Vertrauen, da sie sich nicht mehr von ihm mit ihren Wünschen repräsentiert fühlte. Bis zuletzt hatte Joffe immer wieder Kritikpunkte an dem Entwurf gefunden. Dafür erntete er auch in den Reihen seiner eigenen Gemeinde Kritik, so dass es vor einigen Monaten sogar zur Abspaltung einer neuen Gemeinde – Adass Israel zu Potsdam – von der Synagogengemeinde kam. Hängepartie bis zum Schluss: Nach MAZ-Informationen stand Joffes Mitwirkung am Projekt bis zuletzt auf der Kippe. Ein Gespräch zwischen der Ministerin, Joffe und Kutikow zu Anfang dieser Woche war ohne Einigung ausgegangen. Daraufhin räumte man Joffe offenbar bis Freitagvormittag Bedenkzeit ein. Dem Vernehmen nach lenkte dieser erst in letzter Sekunde ein. Doch auch beim Pressetermin am Freitag wurde deutlich, dass es in Zukunft Konfliktlinien geben könnte. So beklagte Joffe wiederholt die juristische Rechtlosigkeit der jüdischen Gemeinden bei Fragen wie der Innenraumgestaltung: „Wir sind komplett auf den guten Willen des Architekten und vom Land angewiesen. Rechtlich sieht es für uns nicht gut aus.“ Große Freude bei Platzeck: Mit dem verkündeten Durchbruch geht nicht nur eine jahrelange Hängepartie um das Bauprojekt zu Ende, sondern auch das Moratorium, das seit dem Frühjahr 2011 besteht. Damals wurde ein zunächst zweimonatiges Moratorium beschlossen, um den Streit zwischen der Jüdischen Gemeinde und der Synagogengemeinde abkühlen zu lassen. Bei dem Dissens ging es um das Aussehen des Gebäudes – es sollte nach dem 2010 vorgestellten Siegerentwurf von Haberland gebaut werden, der bis heute mehrfach überarbeitet worden ist. Das Land verhängte 2011 wegen der Uneinigkeit zwischen den Gemeinden den Baustopp. Die befristete Auszeit wurde zum Dauerzustand. Bis heute ist Potsdam die einzige Landeshauptstadt ohne Synagoge. Reaktionen zur Synagoge: „Eine Sternstunde wiedererwachten jüdischen Lebens“ Umso größer war nun die Freude über den erreichten Durchbruch. Als einer der ersten brachte Brandenburgs früherer Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) seine Freunde darüber zum Ausdruck. „Das ist für mich eine der schönsten Nachrichten der letzten Jahre“, sagte er am Freitag zur MAZ. Und: „Das ist eine Sternstunde des wiedererwachten jüdischen Lebens und ein klares Signal gegen aufkeimenden Antisemitismus.“ Es stelle zudem ein Signal dar, „dass Antisemitismus in Brandenburg und Potsdam nichts zu suchen hat und keine Zukunft haben wird“. Platzeck hatte den Potsdamer Synagogenbau einst maßgeblich mit initiiert und eine Landesfinanzierung zugesagt. Von Ildiko Röd und Jan Russezki

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