Lieferservice für Gans, Döner, Menü in Potsdam: Lockdown für Gastronomie

Nach dem Arbeitstag noch fix in den Lieblingsimbiss oder am Wochenende ins Restaurant um die Ecke – nichts da. Seit Montag hat der Lockdown die Gastronomie lahmgelegt, schon zum zweiten Mal in diesem Jahr sind die Türen der Gaststätten und Bistros, der Cafés und Bars zugesperrt. Vor Ort darf nichts verzehrt werden, selbst die Pizza darf es nicht vor der Tür des Stammitalieners aus dem Karton geben. Um zu überleben, setzen deshalb viele Potsdamer Gastronomen erneut auf Abhol- und Lieferdienste. Der große Gewinn für die hungrigen Potsdamer: Endlich gibt es nicht mehr nur Pizza und Thai Food bis an die Haustür geliefert, die Lieferungen bilden vielmehr die große Angebotsspanne der Stadt ab. Große Plattform, große Auswahl: Die größte lokale Plattform ist dabei „Potsdam liefert“. Die Homepage bietet allen Anbietern die Möglichkeit, mit wenig Aufwand auf einem digitalen Marktplatz zu erscheinen. In der ersten Phase der Schließungen hatte Marian Menzel „Potsdam liefert“ ins Leben gerufen – nicht seine erste Erfahrung mit gut laufendes Homepages, auch „Hello Potsdam“ und die Veranstaltungsseite „Potsdam Night“ sind Menzel-Produkte. Die Infrastruktur wird nun ein zweites Mal für die Gastronomen genutzt, die, so Menzels Eindruck, im Digitalgeschäft oft nicht gut aufgestellt sind. Die Abwicklung erfolgt ausschließlich online, Zahlung meist via Paypal oder Kreditkarte, praktisch für Kunden und Lieferanten gleichermaßen. Um die 15 haben sich bisher angemeldet, auf der Seite sind die Restaurants nach ihrer Küche sortiert: Sushi, Pasta, Salat, gutbürgerlich. Cevapcici aus dem Restaurant Adriatic, vietnamesische Straßenküche von Le’s Cyclo, Naturkost aus der Karlotte oder Martini von den Bar Fritz’n, frische Pasta aus der Genusswerkstatt – Potsdam Liefert liefert alles. Brandenburger mit eigenem Angebot: Neu auf dem Potsdamer Markt ist das Unternehmen Lieferfuchs aus Brandenburg an der Havel. Bislang ist das Angebot mit fünf Gastronomen, darunter das Babelsberger Gleis 6 und das indische Lokal Goraya Haus, überschaubar, wird aber sicher anwachsen. Der Brandenburger Gründer Benjamin Buchholz sagt: „Wir bieten Restaurants und Lieferdiensten mit unserem Bestellwebseiten-System eine kostengünstige, individuell gestaltbare und lokale Alternative.“ Er ist auch in Magdeburg und Braunschweig mit seinem Angebot gestartet. Wieder andere Gastronomen arbeiten bislang ohne die Plattformen. Einer davon ist Alexander Stüver, Chef des Restaurants Quendel in der Brandenburger Vorstadt. Er will ab kommender Woche wieder liefern, Zwei- oder Drei-Gang-Menüs, später dann auch Ente und Gans. Wie schon im ersten Lockdown setzt Stüver auf persönlichen Service und das gewisse Extra beim Servieren. „Ich richte alles auf Porzellan an, bei uns gibt es echtes Geschirr statt Einwegverpackungen.“ Vertrauen in die Gäste und Nachhaltigkeit – im Frühjahr hatte das Konzept gut funktioniert, sagt Stüve r. Ab Dezember will er sich „Potsdam liefert“ anschließen, bis dahin sind Bestellungen über die Homepage des Quendel möglich. Auch der Patron des Sterne-Restaurants Kochzimmer, Jörg Frankenhäuser, listet sein Restaurant nicht auf den Kollektiv-Märkten. Die exklusiven Kochboxen mit dem Edel-Menü für zu Hause gibt es nur direkt im Kochzimmer-Onlineshop. Das Angebot ist dabei streng limitiert, was ausverkauft ist, wird nicht nachproduziert, sondern mit einem anderen Menü ersetzt. Zurzeit steht bei Frankenhäuser alles im Zeichen der Martinsgans, das Vier-Gänge-Menü für zwei mit passender Weinbegleitung schlägt mit 110 Euro zu Buche – was zunächst hochpreisig klingt, ist angesichts der oftmals üblichen Preise in der Sterne-Gastronomie tatsächlich ein kaum zu schlagendes Angebot. Döner bis Gourmet-Food: Wem die gutbürgerliche Martinsgans zu wenig besonders ist, der wird vielleicht bei „A Slice of Britain“, einem englischen Spezialitätengeschäft in der Dortustraße fündig. Das Café mit angeschlossenem Mini-Supermarkt voller typisch britischer Produkte liefert nicht, bietet aber Scones und Törtchen zum Mitnehmen an. Auch Art Gourmet in der Sellostraße bietet geschmackliche Fluchten aus dem Alltag: Havelzander, Omas lauwarmer Käsekuchen, Salat mit Mango – Genuss auf hohem Niveau, für jeden einfach abzuholen. Die Versorgung klappt übrigens auch außerhalb des Stadtkerns, wie Le Pot in Fahrland beweist. Burger, Salate und Sandwiches stehen auf der Lieferkarte, wer online bestellt, kassiert einen Gutschein in Höhe von fünf Euro. Das Galerie-Café Matschke, Lena Mauers Mittagstisch aus dem Café Midi oder der Theaterklause, das Café und Flambee mit seinen Flammkuchen, der Babelsberger Italiener Fidele, Kades am Pfingstberg und so viele mehr: Die Potsdamer Gastronomen wollen und werden nicht einfach aufgeben. Von Saskia Kirf