Potsdam: Deal ermöglicht Bau neuer Schulen an Pappelallee und Waldstadt

Um ein knapp dreizehn Hektar großes Waldstück am Bahnhof Rehbrücke für den Schulcampus Waldstadt Süd haben die Stadt Potsdam und das Land Brandenburg lange und zäh verhandelt. Die kürzliche erzielte Einigung kommt die Stadt überraschend günstig. Die Forstfläche in der Waldstadt soll für nur rund eine Million Euro an die Stadt verkauft werden, wie die MAZ jetzt erfuhr. Stadt Potsdam bietet Flächen für Gerichte im Zentrum an: Zugleich haben sich Stadt und Land nun auch beim geplanten Schulneubau an der Pappelallee geeinigt, sodass die dringend benötigte weiterführende Schule in Bornstedt gebaut werden kann. Dieser Deal hat allerdings auch Auswirkungen auf das Stadtzentrum. Im Gegenzug für den Schulstandort soll die Stadt einen Teil des Verwaltungscampus zur Erweiterung des Justizzentrums I an der Jägerallee abtreten, wie Justiz- und Rathauskreise übereinstimmend der MAZ bestätigten. Die städtische Fläche soll zum Verkehrswert an das Land verkauft werden. Zwei Flächen wurden dem Land demnach angeboten: das Grundstück des DDR-Plattenbaus „Haus 2“ an der Jägerallee – oder die Häuserzeile der Hegelallee neben dem Amtsgericht, in dem die Fachbereiche Sport und Kultur sowie das Ordnungsamt und die IT-Abteilung untergebracht sind. Bedarf der Justiz beträgt rund 3600 Quadratmeter: Die im Stadtzentrum ansässigen Gerichte benötigen dringend Erweiterungsflächen vor Ort. Insgesamt beziffert das Justizministerium auf Anfrage der MAZ die Bedarfe von Amts-, Land- und Verwaltungsgericht sowie der Staatsanwaltschaft Potsdam auf über 3600 Quadratmeter Nutzfläche. „Bei diesem Bedarf benötigen wir schnellstens Räumlichkeiten. Wir suchen mit dem Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen zusammen eine tragfähige Lösung“, erklärt Horst Fischer, Leiter des Ministerbüros im Justizministerium. Das zweite Justizzentrum an der Pappelallee, das für mehrere Sozial- und Arbeitsgerichte sowie den IT-Dienstleister der Justiz geplant worden ist, sei keine Option für die nötige Erweiterung. „Das Justizzentrum II muss dringend gebaut werden. Das hilft enorm, aber damit werden nicht alle Bedarfe gedeckt“, sagt Fischer. Stadt war wegen Pappelallee unter Zugzwang: Ganz freiwillig hat die Stadt die Flächen im Zentrum dem Land nicht angeboten. Hinter vorgehaltener Hand ärgert man sich im Rathaus, dass das Land beim lange geplanten Schulstandort Pappelallee plötzlich einen Rückzieher machte und die Flächen gänzlich allein für die Justiz verwenden wollte. Doch die „Schule am Schloss“ war von der Stadt schon gegründet worden, sie wartet seit 2019 im Interims-Standort auf dem Da-Vinci-Campus auf den Umzug an die Pappelallee. Die Stadt Potsdam hatte auf die Zusage des Landes zur Mitnutzung der Pappelallee vertraut, geriet in Zugzwang und bot die Zentrumsflächen an. Immerhin ist der Zeitpunkt für den Deal günstig: Der Campus der Potsdamer Stadtverwaltung zwischen Jägerallee und Friedrich-Ebert-Straße steht in den kommenden Jahren vor einer großen Neuordnung. Im Frühjahr soll eine Machbarkeitsstudie vorgestellt werden, die zeigt, wie die Verwaltung dort ein völlig neues Rathaus realisieren könnte. Dazu würden Altbauten aus der DDR-Zeit wie das acht Stockwerke hohe Bauamt oder der Plattenbau des früheren Sozialamts („Haus 2“) und zahlreiche andere Provisorien und Containerbauten abgerissen werden. Offen ist noch, ob die Stadt den Großteil der Verwaltung sogar außerhalb der Innenstadt ansiedelt und nur noch das Stadthaus als Verwaltungsgebäude übrig bleibt. Unabhängig von der Standortfrage des Rathauses darf sich nun das Justizministerium bei dieser Neuordnung des Areal für die Bedarfe der Gerichte an der Jäger- oder Hegelallee vergrößern. Waldstück geht unerwartet günstig an die Stadt: In davon unabhängigen Verhandlungen einigten sich Stadt und Land fast zeitgleich über den Preis für das Waldstück am Bahnhof Rehbrücke für den Schulcampus Waldstadt Süd. Offiziell schweigen sich beide Seiten mit Verweis auf Interessen Dritter und den Vorbehalt der Zustimmung von Gremien wie dem Finanzausschusses des Landtags aus. Gut eine Million Euro soll das Areal nach MAZ-Informationen kosten. Im Vorfeld der Einigung hatte es deutlich kostspieligere Aussagen zum möglichen Kaufpreis seitens des Umweltministeriums gegeben, die eine Einigung unmöglich erscheinen ließen: Eine vergünstigte Abgabe der Grundstücke aus dem Vermögen des Landesbetriebs widerspräche den Regelungen des Haushaltsrechts, auch wenn dort soziale Infrastruktur in Form von zwei Schulen und mehreren wettbewerbstauglichen Sportflächen entstehen soll, hieß es. Sogar von Preisen für Bauerwartungsland war die Rede. Dann hätte der Wald mehrere Dutzend Millionen Euro teuer werden können – der Schulcampus wäre unfinanzierbar geworden. BUND will klagen, Stadt startet Architekturwettbewerb: Rund die Hälfte des Waldes soll mit einer Gesamtschule, einer Förderschule und den Sportflächen bebaut werden. Ein Teil des Eingriffs geschieht zudem in einem Landschaftsschutzgebiet. Nach MAZ-Informationen hat sich die Stadt gegenüber dem Land zu umfassenden Ausgleichsmaßnahmen verpflichtet, die auch größtenteils in unmittelbarer Umgebung des Schulcampus umgesetzt werden sollen. Naturschutzverbände haben Klagen gegen die Baupläne angekündigt. Ungeachtet möglicher Prozesse sieht der wegen der Bebauungsplanverfahren äußerst enge Zeitplan einen Baubeginn im Frühjahr 2023 vor. Am Dienstag teilte der Kommunale Immobilienservice (Kis) mit, dass „gleich zu Beginn des Jahres zwei große Architekturwettbewerbe“ für die Schulstandorte Pappelallee und Waldstadt Süd starten. Dabei werde Nachhaltigkeit eine Rolle spielen. Der Kis strebe für beide Projekte eine Zertifizierung durch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen an. Durchbruch für Schulcampus Waldstadt: Potsdam kann 13 Hektar Wald vom Land kaufen Exklusiv: Großprojekte in Potsdamer Waldstadt und Pirschheide vor dem Aus – Forst zu teuer BUND will gegen Waldstadt-Campus klagen Von Peter Degener