Potsdam Integrationsgarten am Schlaatz bangt um Existenz wegen Sportforum Schlaatz

Nach zwanzig Jahren liegt die womöglich letzte Saison vor dem Integrationsgarten im Schlaatz. Am Ende des Sommers muss die etwa 3500 Quadratmeter große Fläche hinter der Weidenhof-Grundschule und der Gesamtschule Am Schilfhof geräumt werden. Eine Ersatzfläche soll es geben, doch jene, die das preisgekrönte Projekt ehrenamtlichen stemmen, sind im Unklaren. Wo wird es hingehen? Und: Wird die Ersatzfläche auch rechtzeitig zur Verfügung stehen? Im Herbst soll der Trägerverein die Gartenfläche abgeben: „Es gibt wohlwollende Signale, aber wir sind seit fast einem Jahr ohne Perspektive. Es gibt nur diffuse Aussagen, nichts Schriftliches“, sagt Frauke Havekost. Sie ist im Vorstand des Brandenburgischen Kulturbunds, der Träger des Gartenprojekts ist. Schriftlich bestätigt ist hinsichtlich der Zukunft des Gartens nur, dass man bis zum Herbst 2021 noch bleiben darf, wo man ist. Dann soll der Bau des Sportforums im Schlaatz beginnen. Bis 2024 entstehen zwischen den zwei Schulen und der Nuthe eine große Sporthalle und mehrere Sportplätze im Außenbereich. Drei Vereine und der Schulsport bekommen eine moderne neue Heimat. Die Stadt investiert knapp zwölf Millionen Euro. Es soll ein Vorzeigeprojekt werden, das auch die Landschaft ringsum aufwerten soll. Sportforum Schlaatz bekommt öffentlichen Dachgarten Doch wo derzeit noch Beete, Obstbäume, Sträucher, Bauwagen und Schuppen sowie ein Häuschen mit Küche auf den Frühling warten, wird dann ein Kunstrasenplatz liegen. Dabei hieß es ursprünglich sogar, dass man bei der Umsetzung des Sportforums am Standort verbleiben könne. Die Gartenoase ist ein Treffpunkt mit vielen Funktionen: Die Gartenoase ist ein Treffpunkt. Hier finden Koch- und Kunstkurse statt, es gibt eine Fahrradwerkstatt. Die Schlaatzer können den Garten samt Lehmofen und Grillplatz für kleine Feiern mieten. 16 Familien aus acht Nationen gärtnern hier, auch die Schüler von nebenan. „Die Politik und Verwaltung sagen uns, „wir wollen euch unbedingt haben“, aber wir wissen nicht wohin“, sagt Frauke Havekost. In Gesprächen mit dem Kommunalen Immobilienservice (Kis), der das Sportforum umsetzt, und den Landschaftsplanern des Wettbewerbssiegers wurde ihr deutlich, dass man keine konkrete Ersatzfläche weiß. Sogar von Flächen an einer renaturierten Nuthe sei ihr Gegenüber die Rede gewesen – dabei ist diese Renaturierung ein Projekt für die kommenden Jahrzehnte. Idee des Wettbewerbssiegers für das Sportforum: Garten zieht ans Bürgerhaus: Die Stadt verweist auf die laufenden Planungen für das Sportforum. Der Wettbewerbssieger, das Architekturbüro Huber Staudt aus Berlin, hat in seinem Entwurf zwar eine Ersatzfläche nahe des Bürgerhauses am Schlaatz vorgesehen. Es ist aber völlig offen, ob diese Fläche generell und auch rechtzeitig zur Verfügung steht. „Diese Idee befindet sich aktuell in der Präzisierung in Abstimmung mit den Standortbeteiligten. Im Ergebnis dieser Abstimmungen kann es nicht nur zu einer Präzisierung des bisherigen Planungsansatzes kommen, sondern es ist auch ein neuer Standortvorschlag denkbar“, schreibt die Verwaltung auf Anfrage. „Möglichst bis Ende März 2021“ soll die Planung abgeschlossen sein. Ab wann eine neue Fläche auch genutzt werden könne, weiß die Stadt „voraussichtlich Ende des Sommers 2021“. „Wenn wir am Ende des Sommers nur den Schlüssel abgeben und der Bagger kommt, dann ist unser Projekt tot“: Soviel Zeit hat der Kulturbund mit seinen Ehrenämtlern aber nicht. „Wenn man uns jetzt ein Grundstück benennt, ist es noch vorstellbar, es mit dem Landschaftsgärtner und dem Kis zu entwickeln. Wenn wir aber am Ende des Sommers nur den Schlüssel abgeben und der Bagger kommt, dann ist unser Projekt tot“, sagt Havekost. „Es muss einen fließenden Übergang geben und dafür brauchen wir Unterstützung der Stadt. Das muss ab jetzt geplant werden“, sagt sie. Im Rathaus will man sich nicht festlegen: Es sei das Ziel, die eine Nutzung des Integrationsgartens „möglichst durchgängig zu ermöglichen.“ Wo auch immer es hingeht, der Kis will „dem Träger im Falle eines Umzuges oder einer Umgestaltung alle Unterstützung gewähren, die benötigt wird.“ Das Rathaus weist auch darauf hin, dass die Neuanlage des Gartens Teil des Stadtentwicklungskonzepts für den Schlaatz ist und Mittel aus dem Programm Soziale Stadt für „die Einbindung des Sportforums in den Landschaftsraum“ vorgesehen sind. Schlaatz: Bürgerhaus und Alte Zauche werden aufgewertet „Der Schlaatz ist als Stadtteil unterschätzt“ Weidenhof-Grundschule ist auf den Schulgarten angewiesen: Der Garten hat nicht nur für die direkt beteiligten Familien mit Migrationshintergrund Bedeutung – er ist auch essenziell für die Weidenhof-Grundschule direkt daneben. „Wir sind Umweltschule und haben unseren Schulgarten im Integrationsgarten“, sagt Schulleiterin Ute Goldberg. Zahlreiche naturpädagogische Projekte und auch ein Teil des naturwissenschaftlichen Unterrichts findet im Garten statt. „Einen eigenen Schulgarten können wir nicht leisten, wir sind auf die Kooperation mit dem Verein angewiesen. Dort kümmert man sich auch in den Ferien, stellt uns die Beete bereit. Für uns geht es nicht ohne so einen Garten und so eine professionelle Unterstützung“, sagt Goldberg. Sie könne nachvollziehen, dass es aufgrund der Größe und Lage des geplanten Sportforums schwer sei, die Bedarfe für die umliegenden Betroffenen zu realisieren. Aber: „Der Erhalt des Integrationsgartens ist unheimlich wichtig für den Schlaatz.“ Von Peter Degener