Potsdam: Neues Touristenzentrum für Sanssouci

Der Park Sanssouci bekommt ein neues Besucherzentrum, samt Selbstbedienungsrestaurant und „Flagship“-Store an der Historischen Mühle. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) hat die rund ein Jahrzehnt alten Planungen wieder aufgenommen und angepasst, um bis 2027 das denkmalgeschützte Ensemble rund um die Mühle hinter Schloss Sanssouci zu sanieren. Insgesamt zwölf Millionen Euro Baukosten sind vorgesehen. Sie stammen aus dem Sonderinvestitionsprogramm II des Bundes. In dem Projekt soll das Mühlenhaus, das sich mit einer bis zu acht Meter hohen Stützmauer von der Maulbeerallee unterhalb der Mühle erstreckt ebenso saniert werden, wie eine Wagenremise hinter der Mühle und der Marstall, der bereits seit 1994 als Besucherzentrum dient. Schon 2011 gewann Peter Kulka den Architekturwettbewerb: Im Kern des Konzepts steht das sogenannte Schweizerhaus, das in einer modernen Interpretation auf seinem früheren Standort wiedererrichtet werden soll. Dazu dient ein Entwurf des Dresdner Architekten Peter Kulka, der schon den Landtag in Form des Stadtschlosses gebaut hat. Sein Entwurf für das Schweizerhaus war 2011 Sieger eines Architekturwettbewerbs der Stiftung. Eigentlich sollte das neue Schweizerhaus schon 2013 errichtet sein, später war von 2017 die Rede. Doch kurz nach dem Wettbewerb kam das Projekt ins Stocken Die SPSG wollte das Projekt im Rahmen einer Öffentlich-Privaten-Partnerschaft (ÖPP) umsetzen und führte eine europaweite Markterkundung durch. „Im Jahr 2013 hat der Stiftungsrat der SPSG mangels Bieter die Aufhebung des Verfahrens beschlossen“, erklärte Stiftungssprecher Frank Kallensee am Montag auf MAZ-Anfrage. Aus eigenen Kräften war eine Sanierung damals jedoch ausgeschlossen – das Projekt wurde verschoben. Erst mit den Mitteln des Sonderinvestitionsprogramms der Bundesregierung wurden die Planungen wieder aufgenommen. Jüngst wurden erste Aufträge ausgeschrieben. Bis 2027 soll das gesamte Ensemble saniert sein: Der neue Zeitplan sieht vor, dass nach Planung, Vergabe und Baugenehmigungsverfahren im Frühjahr 2023 der eigentliche Bau beginnt. Drei Bauabschnitte sind geplant, wobei der Neubau des Schweizerhauses als erstes umgesetzt wird. Anschließend werden die denkmalgeschützten Gebäude rund um die Mühle saniert und als letztes der Marstall gegenüber des Schweizerhauses. Es sind schrittweise Eröffnungen geplant, bis im Sommer 2027 alles fertig sein soll. Großer Museumsshop statt Kinosaal für Besucher: Die fast ein Jahrzehnt währende Verzögerung des Projekts hat nicht bloß Nachteile – wie die mittlerweile um rund drei Millionen Euro gestiegenen Baukosten. Das Nutzungskonzept konnte dadurch an den sich verändernden Tourismus im digitalen Zeitalter angepasst werden. Vor zehn Jahren wurde beispielsweise noch ein analoger Kino- und Vortragssaal vorgesehen und als bauliche Grundidee auch die räumliche Trennung von Gruppen- und Individualtouristen. Das sei nicht mehr nötig und zeitgemäß, heißt es im Konzept: „Der Gruppentourismus ist seit dieser Zeit rückläufig und viele Besucher kaufen ihre Tickets im Internet, zuhause am Computer oder vor Ort vom Smartphone aus. Dort finden sie auch umfangreiches Informationsmaterial.“ Bei der Gastronomie vor Ort, die derzeit „ein hochpreisiges Restaurant, einen Imbiss und ein Café“ umfasst, will die Stiftung eine wichtige Lücke schließen: In der Wagenremise und soll ein Selbstbedienungsrestaurant samt Innen- und Außenbereich mit je 80 Plätzen entstehen, das „Angebote für ein gutes, und dennoch schnelles, preiswertes Essen für Familien und Gruppen“ bereithält. Der bisherige „Museumsshop“, der saisonal in einem kleinen Container neben der Mühle geöffnet ist, soll durch einen umfangreichen Flagship-Store im Schweizerhaus ersetzt werden. „Der Verkauf in Museumsshops ist für die SPSG bereits eine wesentliche Einnahmequelle, hat aber bei entsprechendem Angebot noch Steigerungspotenzial“, heißt es im Konzept. Vorgesehen ist eine Verkaufsfläche von 280 Quadratmetern. Tickets- und Informationen sollen nach dem veränderten Konzept weiterhin im Marstall erhältlich sein. Im Mühlenhaus existieren Wohnungen, ein Büro des Mühlenvereins und ein Café, die auch nach der Sanierung dort wieder Platz finden sollen. Das Schweizerhaus wurde 1945 zerstört: Das einstige Schweizerhaus wurde 1841 als Stallgebäude in alpenländischer Fachwerkarchitektur errichtet und verdeckte den gesamten Sockel der Mühle. An der Giebelseite zum Schloss öffnete sich eine Loggia, die auf historischen Fotos mit Blumen dekoriert ist. Es wurde im April 1945 vermutlich bei der Einnahme Potsdams durch sowjetische Truppen zerstört, wobei in den Unterlagen einerseits von einem Bombentreffer die Rede ist, andererseits heißt es im denkmalpflegerischen Konzept: „Nach Kampfhandlungen, bei denen ein sowjetischer Panzer von deutschen Soldaten vom Mühlenplateau beschossen worden war, werden die berühmte Historische Mühle und das darunter befindliche Schweizerhaus zerstört.“ 1952 wurden die verbliebenen einsturzgefährdeten Außenmauern bis auf die Hangmauer aus Sicherheitsgründen abgetragen. Von Peter Degener