Potsdam reißt Signalwert und wendet ab sofort strengere Corona-Regeln an

Die Landeshauptstadt hat den ersten kritischen Grenzwert bei den Infektionen mit dem Coronavirus gerissen: Die Sieben-Tage-Inzidenz lag in Potsdam am Montag bei 38,3. Der offizielle Grenzwert, ab dem strengere Regeln als bisher gelten, liegt bei 35. Erreicht die Inzidenz 50 – das entspricht in Potsdam 90 Neuinfektionen pro Woche – gilt eine Region als Risikogebiet, dann treten weitere Verschärfungen in Kraft. Die Stadt will entscheiden: Weihnachtsmarkt ja oder nein? Darüber hinaus haben sich die schweren Krankheitsfälle seit dem Wochenende mehr als verdoppelt, die Zahl der stationären Covid-Patienten stieg auf zehn (Stand Montag). Die gute Nachricht: Bisher muss niemand intensivmedizinisch behandelt werden, alle zehn Patienten lagen am Montag auf der Normalstation des Klinikums „Ernst von Bergmann“. Welche Konsequenzen die Stadt aus dem Erreichen des ersten Grenzwertes zieht, ist am Dienstagmorgen im Verwaltungsstab diskutiert worden. Ein Thema war laut Stadtsprecher Jan Brunzlow der Umgang mit Großveranstaltungen sein – konkret die Frage: Wird es in Potsdam in diesem Jahr einen Weihnachtsmarkt geben? Die bisherigen Planungen für den „Blauen Lichterglanz“ beinhalten zwar ein Corona-Hygiene-Konzept, „doch ob das ausreichen wird, um den Markt stattfinden zu lassen, muss mit Blick auf die aktuelle Infektionslage neu bewertet werden“, so Brunzlow. Grenzwert überschritten – diese Regeln gelten aktuell: Der Stadt Potsdam steht es frei, eigene Regeln zu erlassen. Am Dienstagnachmittag hat die Landesregierung erneut Verschärfungen der Corona-Umgangsverordnung bekanntgegeben. In Potsdam gelten diese Regeln zunächst zehn Tage lang – Stichtag ist die Grenzwert-Überschreitung am Montag. Bleibt die Zahl der Neuinfektionen bei einer Inzidenz von mindestens 35, gelten die Regeln weiterhin – oder werden bei einer Inzidenz von 50 noch einmal verschärft. Folgendes gilt in der Landeshauptstadt aktuell (Stand Dienstagnachmittag, 20. Oktober). Alkoholverbot ab 23 Uhr: Gaststätten und Bars dürfen zwischen 23 und 6 Uhr keinen Alkohol ausschenken, sobald die Sieben-Tage-Inzidenz in einer Stadt oder einem Kreis über 35 steigt. Die Reaktionen in den Potsdamer Bars sind verhalten – was genau die Wirte kritisieren, lesen Sie hier. Kellner müssen Maske tragen: Gaststätten-Mitarbeiter mit Kontakt zu Besuchern sowie Gäste, die gerade nicht an ihrem festen Platz sitzen, müssen künftig eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen – dies gilt auch bei geschlossenen Gesellschaften in Gaststätten oder sonstigen für Feierlichkeiten angemieteten Räumlichkeiten. Feiern in kleinem Rahmen: Auch die Regeln für private Feier ändern sich: Mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 35 sind private Feiern mit mehr als 15 zeitgleich Anwesenden verboten. Dasselbe gilt für private Feiern in öffentlichen oder angemieteten Räumen mit mehr als 35 Gästen. Ab einer Sieben-Tage-Inzidenz über 50 sind private Feiern auf maximal zehn Personen beschränkt, das gilt in öffentlichen und angemieteten Räumen ebenso wie im eigenen Haus oder Garten. Sollte die 7-Tage-Inzidenz die 50er-Marke zehn Tage lang ununterbrochen überschreiten, dürfen sich maximal fünf Personen oder ein Haushalt treffen. Diese Maßnahme müsste die Stadt Potsdam per Allgemeinverfügung anordnen. Großveranstaltungen: Für Großveranstaltungen draußen gilt ein Teilnehmerlimit von 250, drinnen liegt die Grenze bei 150. Steigt die Inzidenz auf mehr als 50 greift eine Teilnehmer-Obergrenze von 150 Personen draußen und 100 drinnen. Maskenpflicht in Fahrstühlen: Was ab sofort außerdem gilt: Auch in Büro- und Verwaltungsgebäuden sind die Beschäftigten sowie Besucher verpflichtet, Maske zu tragen, wenn sie sich nicht auf einem festen Platz aufhalten und der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht sicher eingehalten werden kann. Die Maskenpflicht gilt zudem überall in der Stadt in Fahrstühlen. Ist ein lokaler Ausbruch – beispielsweise in einer Schule oder einem Altenheim – für das Erreichen des Grenzwertes von 35 verantwortlich, kann die Stadt entscheiden, die Maßnahmen nur auf das festgelegte Gebiet zu beschränken. Das gilt nicht, wenn eine Sieben-Tage-Inzidenz von 50 erreicht ist. Maskenpflicht auf öffentlichen Plätzen: Überall dort, wo Menschen auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen dichter oder länger zusammenkommen (etwa in Fußgängerzonen), dürfen die Landkreise und kreisfreien Städte eine Maskenpflicht anordnen. Der Fünf-Punkte-Plan der Stadt: Die Stadt Potsdam hat bereits Anfang September einen eigenen Fünf-Punkte-Plan zum Umgang mit der Pandemie vorgelegt. Aktuell ist mit 9 bis 90 Neuinfektionen pro Woche Stufe drei erreicht – mögliche Maßnahmen wären laut Stadt Besuchsverbote und die Vermeidung von Ansammlungen. „Wir haben aber bisher keine Maßnahmen ergriffen, die über die Landesverordnung hinausgehen“, erklärt Brunzlow. Steigen die Zahlen auf 90 bis 900 Neuinfektionen pro Woche greift Stufe vier und die Stadt könnte Gastronomiebetriebe schließen. Bei mehr als 900 Neuinfektionen gilt Stufe fünf – ein zweiter Lockdown. Lesen Sie dazu auch: Infiziert oder nicht? Wo man sich in Potsdam auf Corona testen lassen kann Amtsärztin im Interview: Dürfen Potsdamer noch ausgehen, Frau Böhm? Immer mehr Corona-Infizierte: Hygiene-Experte sagt, worauf Sie jetzt achten müssen Von Nadine Fabian und Anna Sprockhoff