Potsdamer Schlossparks verlieren ihre schönsten Bäume

Die Schlösserstiftung kämpft um prägende Bäume in der Potsdamer Kulturlandschaft. Das Erscheinungsbild des Welterbes könnte sich verändern, denn der Klimawandel schädigt nicht nur zahllose ausgewachsene Bäume, er sorgt auch dafür, dass sie vor allem auf den sandigen Hügeln der Potsdamer Höhen rund um die Schlossparks zu verschwinden drohen. Dort habe sich die Situation „dramatisch“ entwickelt, teilt die Gartendirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) auf MAZ-Anfrage mit. „Derzeit ist davon auszugehen, dass auf den Hügeln, welche die Stadt Potsdam umgeben, die Rotbuche in circa zehn Jahren stark reduziert ist, da sich die Standortbedingungen so gravierend verändert haben.“ Besonders rasant schreite diese Entwicklung auf den südlichen und westlichen Hängen dieser Hügel voran. „Auf Spaziergängen über den Ruinenberg, Klausberg, Pfingstberg, Babelsberg oder Brauhausberg kann man sich von dieser Prognose überzeugen“, erklären die Gartendenkmalpfleger. „Es wird deutlicher, dass die Altbäume immer größere Absterbeerscheinungen erkennen lassen und der Verlust an raum- und bildprägenden Bäumen sichtbarer wird“, heißt es aus der Gartendirektion. Seit 2018 bis zu 100 große Bäume je Hektar verloren: In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Zahl der Fällungen großer Bäume verzehnfacht. Seit 2018 müssen pro 100 Hektar „bis zu 100 abgängige Großbäume nebst abgängigen Sträuchern entnommen werden.“, einige Jahre zuvor seien es noch zehn Altbäume auf der gleichen Fläche gewesen. Als Gründe werden langanhaltende Trockenheit, Wassermangel, Hitze und vermehrt auftretende Schädlinge genannt, aber auch große Verluste aufgrund von Sturmschäden. Dabei stehen im rund 300 Hektar großen Park Sanssouci über 20.000 große Altbäume, im rund 140 Hektar großen Park Babelsberg sind es über 10.000, im 100 Hektar großen Neuen Garten etwa 7000 große Bäume. Rund 2000 Bäume sind allein im Jahr 2019 in diesen drei großen Parks „stark geschädigt worden oder sogar abgestorben“. Im Park Sanssouci müssen in der laufenden Fällperiode rund 280 Bäume vollständig gefällt werden. 47 Bäume werden „hochgestubbt“, sodass der kahle Stamm weiterhin der Besiedelung mit anderen Lebewesen dient, bis auch er nicht mehr standsicher ist und „entnommen“ wird. Aufwand der Gärtner verzehnfacht sich: Auch der Aufwand der Gärtner bei der Bearbeitung der Baumschäden sei in wenigen Jahren auf das Zehnfache angewachsen. „Von der Erfassung der Schäden, über die Baumkontrolle im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht, Ausschreibung der Leistungen, Überwachung der Arbeiten, Vorbereitung der Ersatzpflanzung, Bodenaustausch, Vorbereitung des Baumstandortes, von der Verbesserung der Bodenqualität bis hin zur Ausschreibung von Gehölzen und der Koordinierung von Neupflanzungen“, zählen die Gärtner die gewachsene Aufgabenlast auf. Am Ende benötige man mehr Personal und Geld, damit „mittelfristig ein Rückstau an notwendigen Nachpflanzungen aufgefangen und grüne Raumbilder wieder aufgebaut werden“ können. Um das Erscheinungsbild der Kulturlandschaft langfristig zu erhalten, setzen die Gärtner der SPSG auch auf die Wissenschaft. Die Gartenabteilung nutze „ihr großes Erfahrungswissen ebenso wie Expertenwissen durch angewandte Forschungen“ mit mehreren Universitäten und Forschungsverbünden. Weil vor allem der sandige Boden der Hügel ein Problem darstellt – dort hält sich der wenige Niederschlag nicht - setzt man auf Bodenverbesserungen und gezieltes Wassermanagement. Eine ausgewachsene Rotbuche verdunstet an einem einzigen Tag rund 400 Liter Wasser. In der Gärtnerei des Neuen Gartens werden seit 2016 auf einer Versuchsfläche mit Jungbäumen dazu Substratversuche durchgeführt. Auch eine gänzlich neue Methode wird ausprobiert: Statt größere Bäume neu zu pflanzen, wird auch verstärkt auf „natürlichen Aufwuchs“ gesetzt. So hofft man auf ausgesäte Stiel- und Traubeneichen, die als einheimische Art auch extreme Standorte vertragen können. Wo immer möglich, soll zudem Totholz in den Parks verbleiben, damit der Boden besser beschattet und damit vor dem Austrocknen geschützt ist. Das betrifft vor allem die waldartigen Partien, weniger die lichten Hänge und Wiesen mit den großen Solitärbäumen. So wurde beispielsweise auf dem Areal des Ruinenbergs eine mehrere Hektar große Fläche eingezäunt, in der Totholz verbleibt und natürlicher Aufwuchs gefördert wird. Von Peter Degener