Postboten, Marktfrauen oder Gärtner haben keine Wahl – sie arbeiten in der Regel draußen. Um warm zu bleiben, darf man bei eisigen Temperaturen nicht still stehen. Weit unter Null sind die Temperaturen seit dem Wochenende in Potsdam.
Bewegung hält die Gärtner in Sanssouci warm
„Wir bewegen uns die ganze Zeit. Nach einer halben Stunde ist uns warm“, sagt Dennis Scheel. Der 30-Jährige ist Gärtner im Park von Sanssouci Um 7.15 Uhr ging die Arbeit los. „Heute Morgen hatten wir um die Zeit -13 Grad“, sagt Kollege Josef Plitt. „Es kommt darauf an, wo im Park wir sind. Im sizilianischen Garten ist es oft kälter als in anderen Ecken des Park. Das ist ein richtiges Frostloch“, sagt Plitt. „Er lieg etwas tiefer und ist eingekesselt.“
Gerade stapeln sie das Holz gefällter Bäume. Das sei eine Tätigkeit, bei der ihnen schnell warm werde, so Plitt. „Die Frauen müssen heute Sträucher schneiden. Da arbeiten sie viel am Boden und bewegen sich kaum. Das ist sicher unangenehm kalt.“
Abbau der Eisbahn im Hafen trotz der andauernden Kälte
Janusz Piekos demontiert die Eisbahn im Potsdamer Hafen. Gerade hat der 58-Jährige lang die Aggregate, die die Eisfläche kalt halten, für den Abtransport vorbereitet. „Heute geht es. Gestern war es schlimmer“, sagt er. „Wenn die Sonne scheint, ist es wirklich schön, draußen zu arbeiten, selbst bei den niedrigen Temperaturen.“
Die Eisbahn wird ausgerechnet jetzt abgebaut, da ab Samstag die Schiffe der „Weißen Flotte“ wieder fahren. „Im November, als wie die ganze Sache geplant hatten, konnten wir ja nicht ahnen, dass es jetzt so kalt ist“, sagt Geschäftsführer Jan Lehmann.
Hunderte Mal kam der ADAC wegen Starthilfe
24 statt 12 Fahrer hat die Pannenhilfe des ADAC in diesen Tagen in Potsdam und der Umgebung im Einsatz. Auch die Zahl der Einsätze ist doppelt so hoch, wie an üblichen Tagen. „Wir sind am Montag in der Region Potsdam, Potsdam-Mittelmark und Teltow-Fläming 306 mal zur Hilfe gekommen und haben dabei 278 Mal Starthilfe gegeben“, sagt ADAC-Sprecher Holger Beiersdorf.
Am Dienstag waren es bis halb sechs noch einmal 275 Einsätze, der überwiegende Teil betraf Autobatterien. In manchen Fällen half man die zugefrorene Autotür zu öffnen. Bis Samstag wird man weiterhin 24 Fahrer im Dienst haben. „Das fällt uns leicht. Unsere Fahrer freuen sich zu helfen und melden sich freiwillig zu diesen Diensten“, sagt Beiersdorf.
Heizungen? Laufen!
„Die Heizungen haben wir im Griff“, sagt Wolfgang Kostoj. Der Geschäftsführer der Haustechnik Potsdam GmbH ist auch für die Heizungsanlagen in der Staatskanzlei und im alten Landtag verantwortlich. In dem zur Flüchtlingsunterkunft umfunktionierten Gebäude auf dem Brauhausberg läuft noch eine Dampfheizung. „Wenn es kalt ist und die Heizung läuft, passiert aber weniger, als in der Übergangszeit“, sagt Kostoj. Der Ministerpräsident muss dank Fernwärme ebenfalls keine kalten Füße fürchten.
Weit entfernt vom Heizrekord
Die Versorgung mit Fernwärme ist nicht nur für Dietmar Woidke, sondern für alle Potsdamer gesichert, wie die Stadtwerke versichern. 191 Megawatt betrug die Spitzenlast am Dienstagmorgen im Fernwärmenetz – deutlich mehr als der Tagesdurchschnitt im Winter von 140 bis 170 Megawatt. Da die zwei Heizkraftwerke der Stadt auf 308 Megawatt Leistung ausgelegt sind und der Rekord vom 22. Januar 2013 bei 227 Megawatt liegt, sieht Stefan Klotz, Sprecher bei den Stadtwerken, „ausreichend Puffer“.
Tram hat beheizte Weichen
Seit Dienstag ist auch die Fähre des Potsdamer Verkehrsbetriebs nach Hermannswerder eingestellt. „Der Grund ist eine zu starke Eisbildung auf der Havel“, sagt Stefan Klotz. Busse und Straßenbahnen fahren dagegen bislang ohne Kälte-Einschränkungen. „Unsere Weichen sind beheizt. Die trockene Kälte bereitet uns bei weitem nicht so viel Probleme, wie wenn Schnee fällt oder wenn es kurz vor der Frostperiode stark geregnet hat“, sagt Klotz. Die Gleise werden beim Einbau so verspannt, dass sie Temperaturen von – 20 bis + 60 Grad Celsius standhalten.
Keine Feuerwehr-Einsätze
„Wir hatten bislang keine kältebedingten Einsätze. Die Gefahr, auf Eisflächen einzubrechen, ist aber weiterhin groß und wir appellieren an die Vernunft der Menschen“, sagt Brandamtmann Christian Schulz. Bürger alarmierten aber, dass Schwäne in der Havelbucht festgefroren seien. „Wir beruhigen die Menschen dann, dass das den Tieren nicht passieren kann und sie sich nicht sorgen müssen“, sagt Schulz. Die Feuerwehr setzt den Fokus in der Einsatzvorbereitung derzeit auf Personen, die in Fällen von Autounfällen in der Kälte zusätzlich gefährdet sind. Im Falle von Bränden sind die Löschfahrzeuge zuedm mit einem Auftau-Gerät bestückt. „Wenn die Deckel von Hydranten festgefroren sind, können wir sie damit wie mit einem kleinen Flammenwerfer antauen“, sagt Schulz.
Perfekter Tag zum Spazieren
Nicht arbeiten mussten Monika Schäfer (78) und Anne Herzog (72), die sich freiwillig für einen Spaziergang in die Kälte gewagt haben. Zwei Stunden lang ging es vom Neuen markt über die Open-Air-Ausstellung an der Fachhochschule zur Freundschaftsinsel. „Die Kälte beeindruckt uns nicht. Wenn es windig wäre, würde es uns eher stören, aber es ist ein herrlicher Tag, um eine Runde zu gehen“, sagt Schäfer.
Von Annika Jensen und Peter Degener