Potsdams Rathaus offline: So funktioniert derzeit die Kommunikation

Wie lange ist das Rathaus noch vom Netz? Auch am fünften Tag nach der Abschaltung des Internetzugangs der Potsdamer Verwaltung als Reaktion auf einen Cyberangriff kann die Stadt kein grünes Licht geben. „20 Kollegen von der IT waren das ganze Wochenende über im Einsatz“, sagte Stadtsprecherin Christine Homann der MAZ am Montagmittag. Dazu seien auch Spezialisten wie IT-Forensiker herangezogen worden. Bislang allerdings erfolglos – das Computersystem der Verwaltung ist immer noch abgeschaltet. Dadurch ergibt sich, dass einige Dienstleistungen der Stadtverwaltung nach wie vor eingeschränkt sind – unter anderem kann die Kfz-Behörde derzeit keine Leistungen anbieten, das Ausstellen von Reisepässen oder Personalausweisen ist nur eingeschränkt möglich, das Ausstellen von Führungszeugnissen derzeit gar nicht. Zeitreise in die Kommunikation des 20. Jahrhunderts: Bedeutet das die Rückkehr von Fax und Briefpost? Erlebt das Rathaus derzeit eine Zeitreise, in der Kommunikation des 21. Jahrhunderts mit den Mitteln des vorherigen Jahrhunderts ausgeführt werden muss? Ganz so drastisch ist es laut Stadtsprecherin Juliane Güldner nicht. „Wir gehen derzeit keine alten, sondern einfach andere Wege.“ Mittlerweile habe man Alternativen zu den gängigen Kommunikationswegen gefunden. Etwa könne man über einen externen Rechner auf das System zugreifen und somit auch Dokumente online stellen. Christine Homann ergänzt: „Wir haben ja nicht nur das Netzwerk im Rathaus, sondern auch anderes W-Lan.“ Dadurch könne man Dokumente wie das Amtsblatt auf die Internetseite der Stadt hochladen. „Das muss schließlich zu einem bestimmten Zeitpunkt veröffentlicht werden, da es dort beispielsweise um Ladungsfristen für die Stadtverordnetenversammlung geht“, erklärt Christine Homann. Zugriff für Stadtverordnete gewährleistet: Dadurch sei zudem gewährleistet, dass die Stadtverordneten bei der kommenden SVV auf die relevanten Dokumente zugegriffen haben, erklärt auch Juliane Güldner. Außerdem habe man sich um eine andere E-Mail-Adresse über einen externen Server bemüht. Dadurch könne man beispielsweise Presseanfragen beantworten. Und dann gebe es auch noch Bereiche, die sowieso nicht allzu sehr von der Abschaltung betroffen sind. „Bewerbungen werden beispielsweise sowieso schriftlich eingereicht und auch bearbeitet.“ Auch andere Bereiche wie etwa die Buchhaltung seien nicht in dem Maße betroffen, da es dort nicht eine so rege Kommunikation nach außen gebe wie in anderen Bereichen. Volkshochschule: Anmeldung nur persönlich: Die Volkshochschule im Bildungsforum (VHS) ist derzeit offline, wie die Stadt gestern mitteilte. Anmeldungen für Kurse können nur persönlich oder telefonisch entgegengenommen werden. Auch die Bezahlung der Kursgebühren ist derzeit nur bar möglich. Das Unterrichtsgeschehen läuft unterdessen weiter – analog und digital. „Es ist eine andere Art der Organisation“, beschreibt Christine Homann die Situation. Und: „Die Telefone klingeln derzeit ein bisschen öfter.“ Intern sei die Kommunikation allerdings gewährleistet, das hauseigene Intranet sei beispielsweise nach wie vor abrufbar. „Nur die Kommunikation nach außen und von außen ist betroffen“, fasst Christine Homann die derzeitige IT-Problematik zusammen. >>>Lesen Sie dazu auch: Nach dem Cyberangriff: Was geht noch und was nicht? IT-Angriff: Welche Einrichtungen in Potsdam nutzen Citrix? Cyber-Attacke: Hat das Rathaus früh genug reagiert? Und damit können viele Dienstleistungen derzeit nach wie vor nicht angeboten werden. Wie Juliane Güldner erklärt, lässt sich das auf den fehlenden Datenaustausch mit anderen Behörden zurückführen. „Geht es beispielsweise um Kfz-Zulassungen, müsste man mit Flensburg in Kontakt treten. Bei Passausstellungen wiederum mit der Bundesdruckerei.“ Die entsprechenden Daten könne man allerdings derzeit nicht übermitteln. Aus diesem Grunde würden sich die Prozesse derzeit verzögern. Austausch mit anderen Behörden ist nicht möglich: Zwar könne man entsprechende Anträge weiterhin stellen, nur müsse man sich auf etwas längere Wartezeiten einstellen, da „der Austausch fehlt“, so Juliane Güldner. Lange Wartezeiten muss auch die junge Frau in Kauf nehmen, die gerade aus dem Büro des Bürgerservice kommt. „Ich wollte ein Führungszeugnis beantragen, dann wurde mir gesagt, dass das momentan nicht möglich sei. Jetzt werde ich in ein paar Tagen noch mal anrufen und mich wieder erkundigen.“ Obwohl die Anzeige vor dem Bürgerservice auf die Cyberattacke und die daraus resultierenden Verzögerungen hinweist, ist die Lage im Eingangsbereich des Rathauses entspannt. Mehrere Wartende berichten, dass sie von dem eingeschränkten Service, geschweige denn von dem Cyberangriff, gar nichts mitbekommen hätten. Livestream der Stadtverordneten-Sitzung soll möglich werden: Obwohl sehr vieles – wenn auch über Umwege – funktioniert, gibt es noch ein Sorgenkind: „Wir suchen derzeit noch nach einer technischen Lösung für den Livestream der SVV“, sagt Christine Homann. Zwar sei gesichert, dass es eine Aufzeichnung gebe – aber bezüglich einer Live-Übertragung gebe es derzeit noch „keine endgültige Lösung“. Die Stadtverordnetenversammlung wird am Mittwochabend zusammenkommen. Am vorigen Dienstag hatte der IT-Chef Thomas Morgenstern-Jehia eine Cyberattacke auf die Computersysteme der Verwaltung festgestellt. Als Reaktion darauf schaltete das Rathaus am Mittwoch vorsichtshalber die Systeme ab. Nach wie vor wird nach eine Lösung gesucht. Von Johanna Apel

Tag 5 nach IT-Attacke auf Potsdamer Verwaltung - Potsdams Rathaus offline: So funktioniert derzeit die Kommunikation