Mit dem Shakespeare-Spektakel „The Queen’s Men“ wird am 1. Juni am Fuße des Hans-Otto-Theaters (HOT) die erste Potsdamer Seebühne eröffnet. Die Plattform dafür wurde schon mit dem Theaterneubau 2006 fertiggestellt. Doch die ursprünglich geplante Einweihung im Juni 2007 zum Finale der Eröffnungssaison mit Shakespeares „Sommernachtstraum“ fiel aus. Gespielt wurde im großen Saal, die Seebühne blieb mangels Kraft und fehlender Finanzen ein Torso.
Die nun von HOT-Ausstattungsleiter Juan León (53) entworfene Bühne bringt das vom Pritzker-Preisträger Gottfried Böhm designte Theater und die Welterbe-Landschaft des Parks Babelsberg am anderen Ufer des Tiefen Sees in Einklang. Die Bühne selbst besteht aus drei jeweils zwei Meter tiefen und 14,5 Meter breiten Stegen, die sich als Wellen in bis zu 1,70 Meter Höhe aufwerfen. Mit den in gedecktem Bordeauxrot gehaltenen Stegen zitiert Pellegrin Form und Farbe der geschwungenen Betonsegel des Theaterhauses.
„Wichtig war es für uns, den Blick auf den See, auf die Landschaft offen zu halten und nicht zuzubauen“, sagt der Bühnenkünstler. Deshalb lässt er die Rückseite offen. Eingefasst wird das Bauwerk zu beiden Seiten von Pavillons, die den Schauspielern während der Aufführung als schnelle Umkleidemöglichkeit dienen.
In der Shakespeare-Komödie von Peter Jordan kommen elf Schauspieler – eine Frau und zehn Männer – in zumeist mehreren Rollen und teils opulenter Kostümierung auf die Bühne. Publikumsliebling Moritz von Treuenfels verabschiedet sich von Potsdam in der Rolle des Shaunessy Williams, Katja Zinsmeister ist Königin Elisabeth I.
Auf den Terrassen des Theaters und eigens aufgebauten Podesten finden pro Vorstellung 300 Zuschauer Platz, etwas mehr als im Gasometerhof, der bisherigen Sommerspielstätte des Hans-Otto-Theaters. Ein Teil der Bühnen-Wellen ist derzeit in der Theater-Tischlerei aufgebaut, die Wände der Seitenpavillons liegen ausgebreitet im Malsaal. Am 20. Mai soll laut León mit dem Aufbau begonnen werden, die erste Probe sei noch am Abend, spätestens aber am Tag darauf geplant.
Die als zentraler Bestandteil des Theaterneubaus am Wasser geplante Seebühne hatte in den Jahren seit der Eröffnung des neuen Hauses immer wieder für politische Diskussionen und Streit gesorgt.
Nach der Eröffnungssaison in Vergessenheit geraten, kam das Thema 2010 durch eine Privatinitiative wieder auf den Tisch: Schauspielerin Katharina Thalbach und Kulturunternehmer Peter Schwenkow wollten vor Hermannswerder eine Seeoper mit mehreren 1000 Zuschauerplätzen etablieren. Die Premiere war ein Jahr später mit Mozarts „Zauberflöte“ am Wannsee, doch mit der Debatte um dieses Projekt tauchte auch die Plattform am Tiefen See quasi aus der Versenkung auf.
Sommernachtstraum im Gasometerhof
Sorge um das Kulturquartier am Wasser
Das Hans-Otto-Theater präsentierte schließlich ein Modell mit 350 bis 500 Zuschauerplätzen, dessen Realisierung 350.000 bis 400.000 Euro kosten sollte. Dieses Geld kam nie zusammen. Ersatzweise begründete der damalige Theaterintendant Tobas Wellemeyer 2012 mit Moliéres „Die Schule der Ehemänner“ eine Sommertheatertradition im sonst als Wirtschaftshof genutzten Gasometer des Hans-Otto-Theaters.
Der Gasometer sei ein „sehr schöner Raum“, sagt León: „Er hat sogar die Form des elisabethanischen Theaters.“ Doch Wellemeyers Nachfolgerin Bettina Jahnke folgte dem Ruf ans Wasser.
Die Sommerbühne am Tiefen See sei längst nicht so aufwendig und teuer wie das frühere Modell, für das unter anderem eine separate Zuschauertribühne errichtet werden sollte, sagt HOT-Sprecherin Elena Iris Fichtner: „Unsere Sommerbühne hat viel mehr Charme und deutlich geringere Investitionskosten“, versichert sie auf Anfrage, ohne schon genauere Zahlen nennen zu können.
Nach den insgesamt zwölf Vorstellungen vom 1. bis zum 15. Juni sollen die Bühnenelemente wieder demontiert und eingelagert werden. Zwei Termine sind bereits ausverkauft.
Von Volker Oelschläger