Potsdams dienstältester Schulleiter: Gerald Schneider geht in Rente

Die vielen Berufsjahre, man sieht sie Gerald Schneiders Büro an: Die Fotos aus dem Schulalltag und aus den Ferien, die Urkunden und Medaillen von Sportwettbewerben, die Kinderbasteleien, sie stammen aus Jahrzehnten. Am Freitag, nach 44 Jahren als Lehrer, davon 39 als Direktor, wird Gerald Schneider die Tür der Grundschule am Pappelhain zum letzten Mal hinter sich schließen – Potsdams dienstältester Schulleiter geht in Rente. Zum letzten Mal in die Ferien: Doch auch wenn Schüler und Kollegium schon tief in den Vorbereitungen für den Ausstand stecken, merkt der Chef vom nahenden Abschied noch nicht viel. „Ich bin im Stress“, sagt Gerald Schneider, „Elterngespräche, Dienstberatungen, bisher ist alles wie immer.“ Er sagt aber auch: „Ich habe keine Zeit, darüber nachzudenken.“ Vielleicht will der kräftige, groß gewachsene Mann mit den markanten Lachfältchen um die Augen auch nicht darüber nachdenken, dass er zum letzten Mal in die Ferien geht. Als Kind wollte Gerald Schneider noch nicht Lehrer werden. „Ein Bauer wollte ich sein“, sagt er, „weil unser Nachbar in der Oberlausitz einer war und dessen Kuhgespann mich so beeindruckt hat.“ Doch die Sehnsucht nach der Landwirtschaft wich schnell dem Wunsch nach dem Lehrberuf, nach dem Studium in Halle zog es Schneider nach Potsdam: Seine Frau stammt von hier. Bereut hat er den Umzug in die Mark keinen Tag. „Ich hatte Glück“, sagt er selbst. Viel Glück gehabt: Glück, nach zwei Jahren als Lehrer an der POS zum stellvertretenden Direktor, dann zum Schulleiter zu werden. Glück, sich nach der Wende neu auf den Posten bewerben zu dürfen – mit Eignungsprüfungen und Leistungsnachweisen, keine Selbstverständlichkeit für diejenigen, die schon im Osten eine Schule leiteten. Mit Anfang 40 fing Gerald Schneider noch ein neues Studium an, um auch Geografie unterrichten zu können. „Das war eine interessante Erfahrung, als Schulleiter auf einmal wieder Prüfungen ablegen zu müssen“, sagt er. „Schließlich wusste ich ja, dass ich nicht mehr zur Arbeit gehen muss, wenn ich in der Uni versage.“ „Alle Kinder haben Recht auf Bildung“: Veränderungen hat Schneider viele gesehen in den Jahrzehnten an der Schule. „Die hängen natürlich mit den gesamtgesellschaftlichen Prozessen zusammen“, sagt er, „die Schüler stehen heute vor ganz anderen Herausforderungen und müssen sich immer mehr Einflüssen stellen.“ Insgesamt habe die Lernbereitschaft abgenommen, so der erfahrene Pädagoge. „Dadurch werden auch die Herausforderungen für die Lehrer immer größer“, sagt er, „aber wir haben uns Inklusion, Integration und gemeinsames Lernen auf die Fahnen geschrieben, weil alle Kinder ein Recht auf Bildung haben.“ Zugleich warnt er davor, alle Aufmerksamkeit nur auf die Schwierigkeiten zu legen. „Wenn man nur über die wenigen problematischen Kinder oder Elternhäuser spricht, fallen die vielen verantwortungsbewussten, ordentlichen, fleißigen Kinder aus dem Blickfeld“, sagt Schneider, „und das finde ich wirklich schade.“ Lesen Sie auch: Das sind die weiterführenden Schulen im Potsdamer Umland Angst, mit der Rente in ein Loch zu fallen, hat Gerald Schneider nicht. Zwei Hobbys warten auf ihn, die Bücher und der große Garten mit zehn Hühnern. Ein wenig habe er sich dort vielleicht den Traum vom Bauernleben bewahrt, sagt Schneider. Lehrer aber würde er immer wieder werden. Von Saskia Kirf

Potsdamer Direktor - Potsdams dienstältester Schulleiter: Schulschluss nach 44 Jahren