Potsdams neues Kreativquartier: Lob und Ablehnung für Siegerentwurf

Das Kreativquartier an der Plantage bekommt ein Gesicht. Das Architekturbüro Michels aus Berlin ist am Dienstagabend zum Sieger eines Wettbewerbs für das Areal zwischen dem Langen Stall an der Plantage und der früheren Feuerwache mitten im Potsdamer Stadtzentrum gekürt worden. Sechs Architekturbüros waren zum Wettbewerb eingeladen worden, um auf Grundlage des „Villagekonzepts“ des Investors Glockenweiß konkrete Entwürfe zu schaffen. Sechs Gebäude für Ateliers, Ausstellungen, Werkstätten und Büros: Der Siegerentwurf weist sechs Neubauten auf, die teils die historische Stadtstruktur aufgreifen. So wird der Lange Stall in seiner äußeren Kubatur mit dem langgestreckten Satteldach wiedererstehen. Er wird Künstlerateliers beherbergen und dient als Foyer und westlicher Eingang zu einem neuen Stadtplatz. Um diesen Kern des Kreativquartiers gruppieren sich eine „Orangerie“, eine „Akademie“ und die „Laterne“, die für Weiß sinnbildlich für das neue Quartier ist. Der gläserne Bau soll Ausstellungsflächen beherbergen und eine museale Nutzung ermöglichen. In der Orangerie mit ihrem Arkadengang werden Werkstätten und Büros untergebracht. Im Dachgeschoss des Gebäudes wird eine Kita untergebracht. Der Freiraum für die Kinder wird mit einem Dachgarten sichergestellt. Die Akademie dient einerseits für Veranstaltungen, hat aber auch einen Bereich für spezielle musikalische Nutzungen, etwa Studios. Zum Brockesschen Haus hin an der Yorckstraße wird das „Rack“ gebaut, worin vorrangig Ateliers für Künstler entstehen. Den südlichen Abschluss bildet der „Townhouse“-Riegel entlang der Werner-Seelenbinder-Straße. Darin entstehen Mikroapartments. Die dortige Fassade weist als historische Zitate an den Barock Rundbögen auf. 8000 von 20.000 Quadratmeter Fläche werden günstiger vermietet: 8000 der rund 20.000 Quadratmeter Nutzfläche muss Glockenweiß zu besonders günstigen Mieten von neun Euro anbieten und durch anderweitige Mieter querfinanzieren. Das war eine Bedingung im Vergabeverfahren, um Ersatzflächen für die Mieter des Rechenzentrums zu schaffen, wenn dieses nach 2023 abgerissen werden sollte. Der Siegerentwurf biete diese Möglichkeit der Quersubventionierung, sagte Christopher Weiß, Geschäftsführer der Glockenweiß GmbH, am Mittwoch der MAZ. „Michels hat es sehr gut geschafft alt und neu zu verbinden. Die Wege ins Quartier führen wie selbstverständlich auf den Platz. Es gibt keine hinteren Ecken oder Resträume“, lobt Weiß den Entwurf. Das Architekturbüro war zusammen mit zwei weiteren Wettbewerbsteilnehmern von Glockenweiß eingeladen worden und hat bereits mit dem Investor zusammengearbeitet. „Das ist ein schlagkräftiges Büro, das alle Leistungsphasen vom Entwurf über die Ausschreibung bis zur Bauleitung abdecken kann“, so Weiß. Vertreter der Kreativwirtschaft lehnen Entwurf ab: Laut dem Sanierungsträger Potsdam habe das „städtebaulich und architektonisch ansprechende und wirtschaftlich tragfähige Konzept alle Mitglieder der Auswahlkommission – besetzt mit dem Bauherrn, externen Experten, Vertretern der Kultur- und Kreativwirtschaft sowie der Landeshauptstadt Potsdam und des Sanierungsträgers Potsdam – überzeugt.“ Die Stadtverordneten in der Auswahlkommission entschieden sich nach MAZ-Informationen auch einstimmig für den Michels-Entwurf. Die Vertreter der Kultur- und Kreativwirtschaft lehnten den Siegerentwurf allerdings ab. „Für uns standen die Flexibilität in der Gestaltung der Grundrisse und eine umfassende ökologische Bauweise im Vordergrund, das war auch klar als Teil der Aufgabenstellung definiert. Bei anderen Bewerbern gab es Lösungen, die unseren Vorstellungen diesbezüglich entsprochen hätten, aber in anderen Aspekten Schwächen aufwiesen“, teilten sie auf MAZ-Anfrage mit. Sie fordern Investor Glockenweiß dazu auf die Bedarfe der späteren Nutzer stärker zu berücksichtigen. Christopher Weiß verspricht: „Wir werden als nächstes mit den Nutzern noch mal an die Grundrisse herangehen, damit es auch beim Entwurf von Michels besser passt.“ Baustart ist für Mitte 2021 vorgesehen: Derzeit wird das Areal hinter der Werner-Seelenbinder-Straße noch vom Sanierungsträger beräumt. Anfang November soll die offizielle Übergabe an Glockenweiß erfolgen. Der will im März den Bauantrag stellen und im Sommer 2021 mit dem ersten Bauabschnitt beginnen. Voraussichtlich wird zuerst der Riegel des Langen Stalls an der Plantage und das „Rack“ im Norden des Quartiers errichtet, weil die Baustelle von Süden her beliefert werden soll. Diese ersten Flächen müssen bis Ende 2023 bezugsfertig sein, um einen Umzug von Nutzern des bislang nur begrenzt genehmigten Kreativhauses Rechenzentrum möglich zu machen. Alle sechs Entwürfe sind ab Dienstag im Foyer der Pro Potsdam in der Pappelallee 4 zu sehen. Die Ausstellung ist von Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Kreativquartier: Das ist der Siegerentwurf für den Neubau am Platz der alten Feuerwache Kritik am Verkauf der Fläche für Kreativquartier Update: Das sind die Pläne für Potsdams neues Kreativquartier Von Peter Degener