Pro & Contra: Soll Potsdam die Kitas wieder öffnen?

Ende letzter Woche verkündete die Stadt Potsdam, die Kitas wegen der angespannten Corona-Lage weiter geschlossen zu halten. Ergibt das Sinn? Pro: Das überleben wir nicht: Von Rainer Schüler Ach, zwei Seelen schlagen in meiner Brust: Einerseits schicke ich als „systemrelevanter“ Journalist zwei Kinder zur Notbetreuung in Schule und Kita, andererseits weiß ich, dass das Ansteckungsrisiko mit jedem weiteren Notbetreuungskind in der Einrichtung steigt, während es fast null wäre zu Hause. Doch gäbe es die fortgesetzte Betreuung im Kindergarten nicht, wäre vernünftiges Arbeiten im Homeoffice gar nicht machbar, weil Kinder immer etwas wollen oder brauchen. Und Termine draußen in der Stadt wahrzunehmen, ist kaum möglich, weil man Kinder nicht allein zu Hause lassen sollte. So vieles kann passieren, wenn die Eltern nicht da sind! So wie mir geht es sehr vielen Menschen, die nicht mit den Kindern zu Hause bleiben und trotzdem arbeiten können: Sie können nur dann arbeiten und damit den Wirtschaftskreislauf am Leben halten, wenn sie nicht 24 Stunden am Tag für den Nachwuchs da sein müssen. Also wünsche ich die neue Kita-Öffnung, sonst arbeiten irgendwann nur noch die kinderlosen Menschen. Das überlebt die Wirtschaft nicht; das überleben wir dann auch nicht. Die Kitas trotz der unterbotenen Inzidenz-Zahlen weiter geschlossen zu halten, ist ja auch deshalb unverständlich, weil noch im Frühjahrs-Lockdown die Experten schworen, Kinder seien eigentlich keine Überträger und durch Corona faktisch nicht gefährdet. Contra: Eine Öffnung ist unverantwortlich: Von Sarah Kugler Mit Blick auf die steigenden Corona-Infektionszahlen in Potsdam wäre es unverantwortlich, die Kitas frühzeitig wieder zu öffnen. Um die Pandemie unter Kontrolle zu bringen, ist es wichtig, alle Kontaktketten so kurz wie möglich zu halten und Ansteckungen zu vermeiden. Dazu zählt auch, den Kontakt unter Kindern und somit das Risiko einer Weitergabe des Virus’ zu verringern. Um das gewährleisten zu können, sind nicht nur die Eltern gefragt, die in vielen Fällen einer enorme Mehrfachbelastung durch Homeoffice, Homeschooling und Kleinkindbetreuung ausgesetzt sind. Auch Arbeitgeber müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein und Eltern, die keinen Anspruch auf Notbetreuung haben, entgegenkommen. Die Regeln für die Notbetreuung weiter zu lockern, ergibt kaum Sinn, da die Gruppenstärken in den Kitas sich dann bald wieder der Normalstärke annähern würden. Verkürzungen der Arbeitsstunden oder verlängerter Urlaub ohne Reduzierung des Gehalts wäre für betroffene Eltern hingegen eine enorme Hilfe. Organisierte Homeoffice-Regeln für alle Arbeitnehmer – auch für Berufspendler – könnten insgesamt dazu beitragen, das Infektionsgeschehen einzudämmen. Zusammenhalt muss in Zeiten wie diesen fett und großgeschrieben werden, auch um psychische Zusammenbrüche zu vermeiden. Von Rainer Schüler und Sarah Kugler

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