Sommerfeld: Anita Stein organisiert Demo gegen Kindesmissbrauch: „Die Gesellschaft muss sensibler werden“

Anita Stein (35), dreifache Mutter aus Sommerfeld, organisiert mit CDU-Parteifreunden am kommenden Freitag, 28. August, um 12 Uhr eine Demonstration gegen sexuellen Missbrauch von Kindern vor dem Potsdamer Landtag. Frau Stein, in der vergangenen Woche wurde ein 29-Jähriger Oranienburger zu 30 Monaten Haft verurteilt, weil er wiederholt Kinder unter 14 Jahren sexuell missbraucht hatte (MAZ berichtete). Ist unser Rechtsstaat in solchen Fällen hart genug? Anita Stein: Der Mann hat wenigstens eine Haftstrafe bekommen. Man hört allerdings selten, dass in solchen Fällen auch mal die Höchststrafe verhängt wird. Ich finde aber, dass die Gesellschaft generell sensibler werden muss, was das Thema sexueller Missbrauch von Kindern angeht. Für viele ist das noch ein absolutes Tabuthema. Dabei sind unsere Kinder das Wichtigste überhaupt. Sie sind unsere Zukunft und wir müssen sie beschützen. Bei Wiederholungstätern sollte man über anschließende Sicherheitsverwahrung nachdenken, das Motto dabei wäre Opferschutz vor Täterschutz! Nun veranstalten Sie ja erstmals eine Demonstration vor dem Potsdamer Landtag, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Ja. Ich finde, die Leute müssen einfach genauer hinsehen. Dann könnte man Kindern auch besser helfen. Ich habe eine Freundin, der sexueller Missbrauch im Kindesalter widerfahren ist. Sie hat heute noch damit zu kämpfen. Es geht uns unter anderem um die Jugendämter, die weiter gestärkt werden müssen, um zur Prävention beizutragen. Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass von der Straftat bis zum Gerichtstermin oft Jahre vergehen. Das ist einfach zu lange. Die Kinderseelen nehmen dadurch Schaden. Jedes Kind, dem so etwas zustößt, sollte das Recht auf psychologische Hilfe bekommen. Gibt es in Ihren Augen etwas, das jeder Einzelne von uns tun kann? Ich habe über das Thema mit der Opferhilfe gesprochen. Ein großes Problem ist, dass viele Erwachsene den Kindern nicht glauben, wenn sie so etwas schildern. Da fängt die Sensibilisierung schon an. Kein Kind saugt sich ja so etwas aus den Fingern. Missbrauch kann überall passieren – vom Training im Fußballverein bis zum Onkel, der zu Besuch kommt. Mit wie vielen Teilnehmern rechnen Sie bei der Demo vor dem Landtag? Wir haben erstmal 50 Leute angemeldet, aber die Veranstaltung ist grundsätzlich für alle offen. Ich hoffe auch, dass viele zu uns finden, um uns zu unterstützen. Immerhin haben ja auch so viele Menschen bei den Demonstrationen für und gegen die Hygieneregeln in Corona-Pandemie zuletzt in Berlin mitgemacht. Der Platz ist groß genug, und wir haben Ordner, die aufpassen, dass die Abstände eingehalten werden. Es könnten auch gerne 1000 Menschen kommen, jede Stimme zählt! Es dürfen auch gerne selbstgebastelte Plakate mitgebracht werden. Neben Ihnen organisieren auch Veltens CDU-Chef Marcel Ruffert und Parteifreundin Doreen Gutsche-Becker aus dem Havelland die Demonstration. Ja, wir teilen die Arbeit auf. Ich habe die Organisation übernommen und kontaktiere Vereine wie den Weißen Ring oder die Opferhilfe. Da habe ich am Wochenende nochmals einige Mails rausgeschickt. Wir haben genügend Tische, an denen die Vereine für ihre Arbeit um Unterstützung werben können. Marcel Ruffert hat ein Promo-Video für die Demo und die Einladungen gestaltet, er übernimmt quasi den kreativen Part. Und Doreen Gutsche-Becker mobilisiert die Leute. Rechtsextreme Parteien wie die NPD sind seit Jahren mit der Forderung nach der Todesstrafe bei Kindesmissbrauch unterwegs. Wie wollen Sie verhindern, dass die Demo von diesen Menschen gekapert wird? Grundsätzlich sage ich: wer friedlich ist und die Demonstration nicht stört, der ist herzlich willkommen. Aber gegen Forderungen wie die Todesstrafe verweigere ich mich strikt, so etwas will ich auf der Demo nicht hören. Wir sind ja hier nicht in Amerika. Die Bundesregierung bewegt sich bei dem Thema offenbar: Sexualisierte Gewalt und der Besitz von Kinderpornografie sollen härter bestraft, beide Delikte als Verbrechen eingestuft werden – mit einer Haftstrafe von mindestens einem Jahr. Reicht Ihnen das? Das geht mir nicht weit genug. Es ist schonmal schön, dass eine Bewährungsstrafe dann nicht mehr in Frage kommt und es keine ganz milden Strafen mehr gibt. Ich hoffe, dass die CDU nochmals Druck macht, denn die Pläne von Justizministerin Lambrecht reichen hier noch nicht aus. Wie hoch ein Strafmaß aber sein sollte – da bin ich nicht in der Position, darüber zu bestimmen. Wenn sich aber jemand an Kindern vergreift, dann muss die Strafe schon richtig wehtun. Frau Stein, es ist die erste Demonstration, die Sie organisieren. Wie soll es danach weitergehen? Es soll nicht bei der einen Demonstration bleiben. Wir wollen weitermachen, weil wir ja für eine gute Sache kämpfen. Noch in diesem Jahr wollen wir einen Verein gründen, der sich neben dem Thema sexueller Missbrauch an Kindern auch mit Misshandlungen beschäftigt – auch an Erwachsenen. Wir wollen uns damit für die Schwachen stark machen. Auch einen Namen haben wir schon: Opferlicht e.V. Von Marco Paetzel