Verdacht auf Afrikanische Schweinepest Groß Glienicke in Potsdam: Was nun passiert

Verdacht auf Afrikanische Schweinepest in Groß Glienicke: Nach Angaben des zuständigen Ministeriumssprechers ist am Ufer des kleinen Sees in einem Waldstück zwischen Waldsiedlung und Ritterfelddamm in Groß Glienicke am Donnerstag ein totes Wildschwein gefunden worden. Die Untersuchung einer ersten Probe im Landeslabor Berlin-Brandenburg habe den Verdacht auf Afrikanische Schweinepest (ASP) aufkommen lassen. Da die Untersuchung der Probe keine eindeutigen Ergebnisse ergab, wurde das Tier ins Nationale Referenzlabor am Friedrich-Loeffler-Institut (Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit) in Riems (Mecklenburg-Vorpommern) zur weiteren Abklärung transportiert. Ergebnis kam am Samstagmorgen: Region wartete angespannt auf das Ergebnis – das große Folgen haben könnte. Erst am Samstagmorgen trudelte es ein. Ergebnis: negativ. Das tote Wildschwein von Groß Glienicke war nicht an der Tierseuche gestorben, teilte das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz Brandenburg mit. Trotzdem: Was hätte ein Pest-Fall für Potsdam bedeutet? Es hätte umfassende Schutzmaßnahmen und möglicherweise auch Einschränkungen für die Einwohner gegeben. Hier ein Überblick mit den wichtigsten Fragen und Antworten. Ist ein Schwein infiziert, geht dann von dem infizierten Schwein eine Gefahr für die Menschen vor Ort aus? Nein. Die Afrikanische Schweinepest ist für die Menschen nicht gefährlich, kann allerdings unter anderem Schweinehalter in große wirtschaftliche Not stürzen. Was wäre am Beispiel von Groß Glienicke passiert, wenn das Schwein tatsächlich an der ASP erkrankt gewesen wäre? Laut Stadt wäre zunächst der Umkreis des Fundort nach weiteren toten Wildschweinen abgesucht worden. „Bis dahin sollten alle Potsdamerinnen und Potsdamer in dem Waldgebiet darauf achten, die dortigen Wege nicht zu verlassen“, erklärte die zuständige Beigeordnete der Stadt, Brigitte Meier (SPD). Ein allgemeines Betretungsverbot des Waldes sollte es Meier zufolge bei einem Verdacht aber nicht geben. Lesen Sie auch: Afrikanische Schweinepest: Entwarnung für Verdachtsfall in Potsdam Afrikanische Schweinepest: 42 neue Fälle in Brandenburg Sollte sich der Verdacht bestätigen, würde die Stadt eine Allgemeinverfügung erlassen, in der bestimmte Regelungen wie die absolute Jagdruhe, die Einstellung der Freilandhaltung von Tieren und die Einrichtung einer Schutzzone vorgeschrieben werden. Laut Ministeriumssprecher könnte dies auch sein, wenn keine weiteren verdächtigen Kadaver gefunden werden. „Möglicherweise wird die Sache dann relativ klein ausfallen“, sagt Ministeriumssprecher Dominik Lenz. Findet man weitere verdächtige Tiere, werden aber definitiv verschiedene Schutzzonen rund um den Fundort eingerichtet. Die erste Zone ist laut Lenz das sogenannte Kerngebiet, dieses wird im drei Kilometer Umkreis um den Fundort mit einem Elektrozaun eingezäunt. Heißt das, dass Groß Glienicke und Teile von Kladow eingezäunt würden? Im Ernstfall und zu großen Teilen ja. Betroffen wäre dann auch Berlin, denn der Ortsteil Kladow läge ebenfalls zu großen Teilen in der Schutzzone. Der vorgesehene Elektrozaun kann laut Lenz dann allerdings nur dort aufgestellt werden, wo es Bebauung und Straßenführung zulassen. In Berlin wäre es der erste ASP-Fall überhaupt gewesen. Die Sorge dort war besonders groß, weil die Seuche in einer Metropole noch viel schwieriger einzudämmen ist als in ländlicheren Gegenden. Welche Einschränkungen könnte es für die Bewohner geben? Normalerweise darf das Kerngebiet im Drei-Kilometer-Umkreis um den Fundort eines infizierten Tieres nicht mehr betreten werden. Auch Fahrzeugverkehr in und aus dem Kerngebiet ist dann eigentlich nur Personen mit Ausnahmegenehmigung gestattet. Anlieger sind davon von dem Vertretungsverbot ausgenommen – und genau das hätte die Auflagen in diesem Fall kompliziert gemacht. Denn da das Kerngebiet vor allem Wohnbebauung umfasst, „können wir dort natürlich kein Betretungsverbot wie sonst etwa in Waldstücken aussprechen“, so Lenz. Dürften die Groß Glienicker dann weiterhin auf den Wiesen und in den Waldstücken im Kerngebiet spazieren gehen? Diese Frage konnte Lenz am Freitagmittag noch nicht beantworten. „Wie genau wir das dann vor Ort regeln würden, muss im Fall der Fälle entschieden werden“, sagte er auf MAZ-Anfrage. Lesen Sie auch: Corona und die Bauern: Das Problem mit dem „Schweinestau“ Bauernchef im Havelland: Schweinepest wäre „Tod vieler Betriebe“ Welche weiteren Zonen würden noch eingerichtet? Neben der Kernzone würde laut Ministerium außerdem ein gefährdetes Gebiet mit einem Radius von 15 Kilometern eingegrenzt sowie eine Pufferzone, die über das gefährdete Gebiet hinausgeht. Was bedeutet das für die Menschen in diesen Zonen? In der gefährdeten Zone gilt ein absolutes Jagdverbot. In diesem Fall würde das laut Lenz die gesamte Stadt Potsdam sowie große Teile von Berlin betreffen. Jedes tot aufgefundene Wildschwein in diesem Gebiet ist zudem unter Angabe des Fundortes mithilfe von GPS-Daten dem Veterinäramt zu melden. Halter von Hausschweinen, die sich in diesem Gebiet befinden, müssten ihre Tiere wegsperren. Getötet werden müssen die Tiere nur, wenn innerhalb des Bestandes ein positiver Fall auftritt. Bisher hat es in Brandenburg aber laut Ministerium keinen Befall von Hausschweinen mit der Afrikanischen Schweinepest gegeben. Hunde dürfen laut der Tierseuchen-Allgemeinverfügung in einem gefährdeten Gebiet nicht frei umherlaufen, es gilt eine Leinenpflicht. Personen, Hunde, Fahrzeuge und Gegenstände, die mit Wildschweinen oder Teilen von Wildschweinen in Kontakt kommen können, sind zu reinigen. Die Pufferzone betrifft vor allem Jäger und Schweinehalter, die besonders strengen Regeln folgen müssen. So sollen Jäger beispielsweise verstärkt nach Fallwild – Wild, das ohne Gewalteinwirkung von Jäger oder Fahrzeugen zu Tode kam - Ausschau halten und dürfen keine Bewegungsjagden durchführen. Tierhalter müssen den Veterinärämtern die Anzahl der gehaltenen Schweine unter Angabe ihrer Nutzungsart und ihres Standortes sowie verendete oder erkrankte Schweine melden. Sie müssen außerdem sicherstellen, dass ihre Schweine nicht mit Wildschweinen in Berührung kommen. Tritt ein Verdacht auf Afrikanische Schweinepest auf, muss diesem sofort nachgegangen werden. Was würde die Bestätigung des Verdachts für die Stadt Potsdam bedeuten? Die Stadt Potsdam hat bereits Anfang November 2020 einen Verwaltungsstab ASP gegründet. „Die komplette Stabsinfrastruktur der Corona-Lage wurde aufgestockt und steht für die ASP-Lage zur Verfügung“, heißt es in einer Mitteilung der Stadt zu dem Verdachtsfall in Groß Glienicke. Ein ASP-Fall wäre „eine große Herausforderung“ für die Stadt, erklärt die zuständige Beigeordnete Brigitte Meier (SPD). Mit geschätzt rund 2500 Tieren sei die Wildschweinpopulation im Stadtgebiet sowie die Gefahr der Seucheneinschleppung „hoch“, so Meier. „Gerade Potsdam kommt unter den erschwerten großstädtischen Bedingungen eine wichtige Rolle zu, die weitere Ausbreitung des ASP-Virus zu unterbinden sowohl in Richtung Berlin als auch in die Landkreise Potsdam Mittelmark und Havelland.“ Welche Auswirkungen hätte ein positiver Test auf Potsdam-Mittelmark? Sollte sich ein Schweinepest-Verdacht auf Potsdamer Stadtgebiet bestätigen, wird der benachbarte Landkreis Potsdam-Mittelmark mit einer eigenen Allgemeinverfügung reagieren, kündigte Kreissprecherin Andrea Metzler an. Bei der Verfügung werde es unter anderem um die Einrichtung sogenannter Restriktionszonen gehen, die um den Fundort eingerichtet werden. Das Ministerium ist nach eigenen Aussagen über den Verdachtsfall in Potsdam auch in „enger Abstimmung mit Berlin“, die betroffenen Landkreise und Behörden seien informiert. Was ist die Afrikanische Schweinepest eigentlich? Die Afrikanische Schweinepest ist eine ansteckende Allgemeinerkrankung der Schweine (Haus- und Wildschweine), die fast immer tödlich verläuft und unheilbar ist. Eine Impfung dagegen gibt es nicht. Die Erkrankung kann direkt von Tier zu Tier oder indirekt über kontaminierte Gegenstände wie Kleidung, Schuhe, Fahrzeuge und Futter in andere Gebiete durch den Menschen übertragen werden. Für den Menschen und andere Tierarten ist die ASP nicht ansteckend oder gefährlich. Seit wann gibt es die ASP im Land Brandenburg? Der erste ASP-Ausbruch beim Schwarzwild ist im Land Brandenburg am 10. September 2020 amtlich festgestellt worden. „Seit September kämpfen wir gegen eine weitere Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest von der polnischen Grenze Richtung Westen“, sagt Verbraucherstaatssekretärin Anna Heyer-Stuffer, Leiterin des ASP-Krisenstabs dazu. Gleichzeitig sei es jedoch möglich, dass der Erreger auch über lange Strecken durch den Menschen weitergetragen wird. Von Sarah Kugler, Anna Sprockhoff und Jens Steglich

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