Großdemo für Klinik-Erhalt in Havelberg

Es war voll vor dem Dom von Havelberg. Viele hundert Menschen waren gekommen, um für den Erhalt der noch von der KMG betriebenen Klinik in der Stadt direkt hinter der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt zu demonstrieren, nach ersten Schätzungen waren es diesmal mehr als die 600 Menschen bei der ersten großen Demo im Januar kurz nach Bekanntgabe der Schließungsabsicht. Stimmung zwischen Wut und Verzweiflung: Doch war die jetzige Demo noch als „letzte Chance“ zur Rettung der Einrichtung angekündigt worden, so schwankte die Stimmung nun irgendwo zwischen Wut und Verzweiflung. Denn mittlerweile sind die Verhandlungen mit möglichen neuen Trägern für das Haus gescheitert, ist sogar ein komplettes Ende für die Klinik nicht mehr ausgeschlossen – und das, obwohl sich zuletzt noch der Kreistag in Stendal für den Erhalt der Einrichtung ausgesprochen hatte. Betriebsratschefin Sandra Braun meinte, von Politik und Arbeitgeber sei man „mit leeren Worten hingehalten“ worden. Außerdem hätten sich die Bediensteten des Krankenhaus mehr Unterstützer gewünscht. Die Stimmung auf den Punkt brachte auch Anja Graff: „Wir fühlen uns belogen, betrogen und verprellt“, sagte die Frau, die zu denen gehört, die bereits zum 30. Juni gekündigt worden sind. „Unser Gesundheitssystem ist krank, weil es Geld verdienen muss“: Dabei hatte sich der Betriebsrat noch einmal richtig ins Zeug gelegt, um bei der Demo das Anliegen zu vertreten. So waren viele Schilder mit mitunter kreativen Sprüchen gebastelt worden. Und an diesem Tag zumindest hatten sie mehr als genug Unterstützer. Das machten die Äußerungen von Demonstrationsteilnehmern deutlich, die Gelegenheit bekamen, ihre Meinung zu sagen. Die Wut artikulierte am deutlichsten Wulf Gallert, Linken-Abgeordneter im sachsen-anhaltinischen Landtag: „Ein Krankenhaus ist nicht dazu da, dass es sich lohnt, sondern um die Bevölkerung zu versorgen“, sagte er, „unser Gesundheitssystem ist krank, weil es Geld verdienen muss.“ Er kritisierte, dass die Landesregierung in Sachsen-Anhalt die Verantwortung für den Erhalt der Klinik jetzt dem Landkreis Stendal zugeschoben hat. Manche Redner forderten sogar die Verstaatlichung des Gesundheitssystems. Bürgermeister will noch nicht aufgeben: Havelbergs Bürgermeister Bernd Poloski empfindet das Scheitern der Verhandlungen nicht nur „als persönliche Niederlage, sondern auch als Niederlage für die Stadt die Region und alle die Menschen, die hier wohnen und arbeiten“. Auch er übte Kritik an der derzeitigen Gesundheitspolitik, die zu einer Konzentration von Krankenhäusern in großen Städten und Ballungsräumen führe. Von Land und Kreis forderte er Aussagen dazu, wie künftig eine stabile Versorgung in Havelberg aussehen solle. Er versprach, sich weiter dafür einzusetzen, „dass hier nicht nur die Notklingel übrig bleibt“. So aber sehen es auch alle anderen Beteiligten: Aufgeben will noch niemand, weitere Demonstrationen sind auch nicht auszuschließen. Von Bernd Atzenroth