Die Idee sollte bereits am zweiten Weihnachtstag umgesetzt werden. Aber da hatte Pfarrer Johannes Kölbel schon Verpflichtungen. Also fand die musikalisch-literarische Besinnung im Gutshaus in Frehne am letzten Tag des Jahres statt. Nur wenige Gelegenheiten zur Vorbereitung verlangten von allen Beteiligten Talent zur Improvisation. Aber das tat der gut einstündigen Unterhaltung keinen Abbruch. Im Gegenteil. Es verlieh ihr ein Stück Leichtigkeit, fernab des Zwanges eines durchgeplanten Gottesdienstes.
Sari und Jonna zeigen Talent an den Saiten
Das sollte es auch nicht sein, betonte Johannes Kölbel. „Nicht liturgisch, sondern ganz offen“, war dieses Format angelegt. Es lebte von Kölbels launigen und nachdenklichen Texten, vom Talent des Gastgebers Michael Arbogast, am Flügel frei aufspielen zu können. Und von den beiden Schwestern Sari (zwölf Jahre) und Jonna (neun Jahre), die an der Geige beziehungsweise am Cello den musikalischen Part wunderbar unterstützten.
Die Besucher, auf Urlaub im historischen Haus, aber auch aus der Umgebung gekommen, waren zum Mitsingen der Weihnachtslieder aufgefordert, was sie mit großem Spaß auch taten. So viel Freude an Unterhaltung blieb auch Hektor nicht verborgen, der sich allen Gästen vorstellte, dann aber vor die Tür musste. Der erste Versuch, doch mit dabei sein zu dürfen, war nur von kurzer Dauer. Aber im zweiten Anlauf schaffte es der Husky, Herrchen Michael Arbogast ließ ihn im Saal, woraufhin er sich genüsslich aufs Parkett legte und alle Viere von sich streckte.
Nachdenkliches von Picasso bis Reinhard Mey
Johannes Kölbel ließ weltliche und kirchliche Dichter und Denker zu Wort kommen. So zitierte er Pablo Picassos Spruch, man braucht sehr lange, um jung zu werden, und empfahl Jesus als Verjüngungskur. „Wer betet, lebt länger. Das ist statistisch erwiesen“, klärte Kölbel auf. Die Zeit als Thema hatte schon Liedermacher Reinhard Mey in seinem Stück „Wirklich schon wieder ein Jahr“ aufgegriffen. Das passte natürlich perfekt zu einem Silvester-Abend und fand also ebenso Berücksichtigung.
Nachdenklich kam Lothar Zenettis Gedicht „Aufbruch“ daher, ebenso wie die berühmten Zeilen Dietrich Bonhöffers „Von guten Mächten treu und still umgeben“. Verfasst im Dezember 1944 und sein letzter erhaltener theologischer Text vor der Hinrichtung am 9. April 1945.
Zum Schluss holte ein jüngerer Besucher alle wieder in die Wirklichkeit – mit einem beherzten „mir ist langweilig“. Das war das Signal zum Aufbruch, mit Gottes Segen von Johannes Kölbel für alle, die wollten. Eine Premiere, die viel Spaß gemacht hat und vielleicht dieses Jahr ihre Fortsetzung findet.
Von Stephanie Fedders