Amtsgericht Perleberg: Mann aus Pritzwalk wegen Betrug bei Ebay angeklagt

Drei Stunden Fahrt und über 300 Kilometer nahm ein junger Mann aus Kassel in Kauf, um pünktlich gegen einen Angeklagten auszusagen, der aus Pritzwalk stammt. Der Kasseler kaufte über die Internetplattform Ebay-Kleinanzeigen ein Huawei-Handy und zahlte dafür über 300 Euro. Doch die Ware kam nie an. Wie auch, denn der Mann, der die Technik anpreiste, wusste von Anfang an, dass es die Technik nicht gibt und er nichts an die Besteller versenden wollte. Deshalb wurde einem 31-Jährigen jetzt vor dem Perleberger Amtsgericht der Prozess gemacht. Die Neuruppiner Staatsanwaltschaft konnte ihm acht Betrugsfälle nachweisen, die immer nach demselben Schema erfolgten: Ware ins Internet stellen und Kohle kassieren. Die Ware, für die mal ein iPhone mit 370 Euro oder Huawei-Handys im Wert zwischen 280 bis 466 Euro angepriesen wurden, war nicht vorhanden. Zwischen dem 3. und 16. Dezember 2020 soll er auf diese Art insgesamt 2075 Euro erbeutet haben. Schon vor Begehen der Betrugsstraftaten wusste er, dass er ins Gefängnis muss. Für die Staatsanwaltschaft war klar: Der einst drogenabhängige Angeklagte wollte sich eine dauerhafte Einnahmequelle sichern. Vor Antritt seiner Haft in Magdeburg war er den Drogen verfallen, erzählte er dem Vorsitzenden Richter Karsten Sprigode. „Ich war zu faul, um zum Amt zu gehen“, nannte er einen Grund für die Taten. Und auch von den Drogendealern sei laut Angeklagtem Druck aufgebaut worden, dass er Drogenschulden bei denen vor seinem Haftantritt begleichen sollte. Die Betrugsopfer hätten das Geld schon abgeschrieben, gestanden die anwesenden zwei Zeugen ein. Der mehrfach vorbestrafte Angeklagte sprach vor dem Gericht zwar vom Willen, den Geschädigten das Geld zurückzuzahlen, doch das ist wohl kaum von Erfolg gekrönt. Immerhin läuft bei ihm gerade eine Privatinsolvenz. Aussicht auf ein festes Gehalt gibt’s derzeit auch nicht, denn momentan sitzt der Angeklagte wegen Vergehen in seiner Vergangenheit in der Justizvollzugsanstalt Magdeburg ein. Glaubt man dem Bericht der Vollzugsleitung, kommt der Mann nicht vor Mai bis September auf freien Fuß. In seinem Vorstrafenregister stehen elf Eintragungen. Angefangen hat alles 2009 mit vorsätzlicher und gefährlicher Körperverletzung. Dann ging es weiter mit Drogendelikten bis hin zum gewerbsmäßigem Betrug. „Bei ihm hat die Haft was gebracht“, argumentierte Manfred Weidemann – einst selbst einmal Strafrichter am Amtsgericht Perleberg – für seinen Mandanten. In Magdeburg sei er ein kooperativer Häftling, weswegen er „die höchsten Freiheitsgrade“ genieße. Außerdem habe er sich in der Zeit um eine berufliche Qualifizierung und das Wiedererlangen seines Führerscheines gekümmert. Für die Zeit nach seiner Entlassung wolle der gebürtige Pritzwalker sogar eine ambulante Therapie machen. Nicht nur das Zeugnis des Verteidigers, auch das der Magdeburger JVA lobte den Angeklagten in hohen Tönen. Richter Karsten Sprigode ließ die attestierte positive Entwicklung des angeklagten Betrügers in sein Urteil mit einfließen. „Wir haben hier ein Musterbeispiel für Resozialisierung“, begründete Sprigode sein Urteil von einem Jahr und sechs Monaten. Entgegen dem gängigen Usus verlängert sich durch das Urteil die Haftstrafe für den Mann nicht. „Es ist eine Premiere, dass jemand bei mir Bewährung bekommt, der in der JVA sitzt“, sagte Sprigode und führte im selben Atemzug den Eigenantrieb des Angeklagten als Grund an. Vier Jahre Bewährung statt anderthalb Jahre zusätzliche Haft: Der 31-Jährige muss nun beweisen, dass er das Vertrauen des Gerichts in seine Person verdient hat. Lesen Sie auch diese Fälle des Perleberger Amtsgerichtes: Kinderpornografie: 74 Anklagepunkte gegen einen Prignitzer Falsche Anschuldigungen: Gericht spricht einen Prignitzer frei Von Susann Salzmann