Teure Technik hilft Patienten in der Prignitz wieder Laufen zu lernen

Bernd John hängt gerade in den Seilen, aber das ist in diesem Fall überhaupt nicht negativ gemeint. Im Gegenteil. Der Perleberger freut sich vielmehr über die Möglichkeit, in Gurten und Schienen festzustecken und mit Hilfe moderner Technik zu laufen. 200 000 Euro kostete die Anschaffung des Lokomat: Was das Laufen erleichtert und trainieren soll, steht in den Räumen von Vital Aktiv in Perleberg. Es ist ein so genannter Lokomat, vor 20 Jahren in der Schweiz erfunden als Therapieform für Patienten, um infolge einer Krankheit motorische Fähigkeiten zu erhalten oder wieder zu erlangen. Uwe Kirbach hat das rund 600 Kilogramm schwere Gerät gesehen und war davon so angetan, dass er diese Möglichkeit der Therapie auch in der Prignitz anbieten wollte. Gut 200 000 Euro kostete die Anschaffung, seit September ist er im Einsatz und steht jetzt im Obergeschoss des erst vor kurzem fertig gestellten Anbaus. Der Geschäftsführer von Vital Aktiv sitzt selbst im Rollstuhl und kann aus eigener Erfahrung schildern wie es ist, wenn die Technik bei der Bewegung hilft. „Es ist ein schönes Gefühl, mal wieder zu stehen“, erzählt Kirbach, der mit Hilfe des Lokomat bis zu 1800 Meter am Stück zurücklegen kann. „Dabei wird der ganze Körper bewegt.“ Ein Computer steuert das Trainingsprogramm: Bernd John muss mit einer anderen Einschränkung zurechtkommen. Seine Nerven kommunizieren nicht mehr mit den Muskeln, die Bewegung leidet darunter. „Nach 100 Metern Gehen knicke ich weg“, schildert der 61-Jährige, der noch nicht weiß, unter welcher Krankheit er leidet. Mit einer Verdachtsdiagnose ist John zu Vital Aktiv gekommen und hat die Physiotherapie in Anspruch genommen. Seit Dezember trainiert er zusätzlich auf dem Lokomat. Jede Einheit dauert eine halbe Stunde. Mit dabei ist Katharina Tietz als Therapeutin. Sie wurde gemeinsam mit zwei Kollegen an dem Gerät geschult. Ganz individuell wird die Technik auf Bernd John ausgerichtet. Seine Größe, die Beinlänge und die Art der motorischen Einschränkung berücksichtigt. Ein Computer steuert das Programm. Dauer und Distanz werden für jede Einheit dokumentiert. Patienten leiden an Schlaganfällen oder MS: Auf dem Bildschirm kann Katharina Tietz verfolgen, wie schnell sich Bernd John bewegt und wie viele Schritte er macht. 2546 werden es an diesem Tag sein und hoffentlich dazu beitragen, dass sich seine Bewegungsfähigkeit nicht weiter verschlechtert. 13 Patienten werden aktuell im Gesundheitsstudio an der Lindenstraße betreut. Sie haben einen Schlaganfall erlitten oder leiden an Multipler Sklerose (MS). Auch Parkinson oder Hüftgelenks-Operationen können dazu führen, dass sich das Gangbild verändert. Das kann mit dem Lokomat wieder korrigiert werden. „Manche Patienten haben Tränen in den Augen“: Wer es ausprobieren möchte, kann zunächst auch ohne ein Rezept vom Arzt vorbeikommen und ein erstes kostenloses Training vereinbaren. Katharina Tietz hat mit ihren Patienten schon einige emotionale Momente erlebt, wenn sie in dem so genannten Exoskelett stecken und mit Hilfe der Technik bewegt werden. „Manche haben Tränen in den Augen“, erinnert sich die Physiotherapeutin. Eine ihrer Patientinnen leidet an Multipler Sklerose und hat es mit dem Training geschafft, sich mittlerweile ohne Hilfe zuhause bewegen zu können. Das sind dann auch für die Mitarbeiter von Vital Aktiv bewegende Momente. Von Stephanie Fedders