Prignitz: Darum gibt es so viele Blumen am Feldrand

So bunt wie in diesem Frühjahr und Sommer war es entlang der Felder schon lange nicht mehr: Mohn- und Kornblumen erfreuten allerorten das Auge des Betrachters. Motiv für Instagram-Jünger und und Hobbyfotografen: Manche Fläche, zum Beispiel zwischen Kuhbier und Pritzwalk, war eine Zeit lang komplett rot eben vor lauter Mohnblumen, so dass sie auch zum Ziel der Instagram-Jünger wurden. Wie sehr sich die Menschen an dem Anblick erfreuten, war auch an der schieren Anzahl von Bildern ersichtlich, die MAZ-Leserinnen und Leser an die Redaktion geschickt haben. Auf anderen Flächen mischte sich das Rot und Blau mit Weiß – hier hatte sich Kamille ganz ordentlich zwischen den anderen Blumen ihren Raum verschafft. Eine weitere Pflanze macht sich breit: Manches Feld schimmert blau-lila vor Phacelia-Pflanzen. Christine Streese, Geschäftsführerin des Prignitzer Kreisbauernverbandes, hat auch schon blaue Lupinen vor einem Erbsenfeld gesichtet und sich daran erfreut. Zu jeder Jahreszeit die passenden Blumen: Noch immer sind Reste dieses farbenfrohen Bewuchses gut zu sehen, wenngleich ein Teil parallel zur gerade begonnenen Ernte schon wieder verblüht ist. Auch wenn sich die Zeit der Mohn- und Kornblumen schon wieder ihrem Ende zugeneigt hat, wird aber auch demnächst die Blütenpracht in anderen Form wieder zu sehen sein. Denn bei mehrjährigen Blühstreifen gibt es eine Blütenstaffelung, so dass immer jahreszeitgemäße Blumen darauf erblühen. „Jetzt sind die Sonnenblumen dran“, sagt Christine Streese. Das lachende und das weinende Auge der Landwirte: Aber warum ist all das gerade in diesem Jahr so augenfällig? Landwirte haben eigentlich ein eher gespaltenes Verhältnis zu der Blumenpracht. Sie sehen sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Viele Wildblumen auf den Feldern sind eigentlich abträglich für den Wuchs ihrer Marktfrüchte. „Wildblüher sind immer Konkurrenz und verdrängen die Kulturpflanzen“, sagt Christine Streese. Veränderte Düngung, Konkurrenz auf den Feldern: Das bestätigt sich auch, wenn man einzelne Landwirte fragt. Da ist auch schon einmal die Klage zu hören, dass veränderte Düngebedingungen jetzt diese Konkurrenz auf den Feldern beleben. Beim Landkreis Prignitz sieht man darin aber kein größeres Problem: „Die Düngungsmöglichkeit hat Einfluss auf die Gesamtanbauplanung eines Betriebes, jedoch haben die Blüh- und Ackerrandstreifen einen untergeordneten Einfluss bezüglich der Düngung“, heißt es dazu aus der Kreisverwaltung. „Die neue Düngeverordnung sei seit dem 1. Mai in Kraft – „Änderungen in der Anbauplanung für 2020/2021 sind anzunehmen“. Landwirte nehmen Blühstreifenförderung in Anspruch: Gleichwohl haben auch in der Prignitz gerade die Landwirte ihren aktiven Anteil an dem ungewohnt bunten Bild. Denn viele von ihnen beantragten nach dem Förderprogramm naturbetonte Strukturelemente die Prämien für das Anlegen von Blühstreifen. Die Blühstreifenförderung beträgt pro Jahr 700 Euro je Hektar Blüh- und Ackerlandstreifen für konventionelle landwirtschaftliche Betriebe. Biobetriebe erhalten im übrigen nur für mehrjährige Blühstreifen Förderung. Viele Mohnblumen, bald auch Sonnenblumen: Für die Aussaat auf diesen Flächen ist zertifiziertes Saatgut zu benutzen, und zwar sechs Kilogramm pro Hektar. Bei einem Preis von 65 Euro pro Kilogramm Saatgut bedeutet das Kosten in Höhe von 390 Euro pro Hektar Fläche. Der Mohnanbau beträgt laut Landkreis in der Prignitz etwa zehn Hektar, Sonnenblumen werden sogar auf 36 Hektar angebaut. Das bunte Blumenbild spiegele wahrscheinlich den Anbau ein- und mehrjähriger Blühstreifen und Ackerrandstreifen in der Prignitz wider, heißt dazu auch von der Kreisverwaltung. 50 Landwirtschaftsbetriebe haben Antrag gestellt: Deren Sinn ist die Förderung lokaler Biodiversität, sprich der Erhalt der Artenvielfalt. Blütenreiche Bestände sollen zum Beispiel Bienen und anderen Wildtieren als Wirts-, Nahrungs- oder Schutzpflanzen dienen. Auch Landwirte haben ein Interesse daran, dem Bienensterben Einhalt zu gebieten. Deshalb haben sie grundsätzlich die Förderung von Blühstreifen befürwortet, wenngleich Prignitzer Landwirte schon auf dem Kreisbauerntag 2019 das bürokratische Prozedere der Regelung bemängelten. Nach der Förderrichtlinie konnten Landwirtschaftsbetriebe bis Ende 2019 einen Förderantrag mit einer Bindungsfrist bis 2024 stellen. 50 Landwirtschaftsbetriebe in der Prignitz haben einen Auszahlungsantrag im Jahr 2020 gestellt. Die Förderung naturbetonter Strukturelemente im Ackerbau ermöglichte es damit nun, dass die landwirtschaftlichen Betriebe ab 2020 in der Prignitz gezielt ein- und mehrjährige Blühstreifen und Ackerrandstreifen angelegt haben. Die Gesamtfläche im Kreis beträgt mit Stand vom Mai dieses Jahres 600 Hektar. Einjährige Blühstreifen nehmen davon eine Fläche von 160 Hektar ein, mehrjähriger Blühstreifen ebenfalls 160 Hektar und Ackerrandstreifen sogar 236 Hektar Fläche. „Standortangepasste Saatmischung“: Einjährige Blühstreifen können während des fünfjährigen Verpflichtungszeitraums nach dem Förderprogramm auf wechselnden Ackerflächen eines Betriebs angelegt werden. Laut der Richtlinie, die Grundlage für das Förderprogramm ist, soll hier mit einer „standortangepassten Saatmischung“ gearbeitet werden. Dafür ist eine bestimmte Mischung sogar zwingend vorgeschrieben. Auf mehrjährigen Blühstreifen wird eine Saatmischung im ersten Jahr des Fünfjahreszeitraums gesät. An manchen Stellen wird sich also der schöne Anblick in den kommenden Jahren wiederholen. Wobei sich noch, wie Christine Streese meint, zeigen muss, wie gut sich mehrjährige Mischungen etablieren, denn man dürfe nicht zu lange anbauen, die Kraft sei dann raus aus dem Boden. 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