Dannhof: So lässt Frank Pieperhoff seine Bilder entstehen

Adario Perhof ist Frank Pieperhoff. Oder besser: Er steht für einen Teil des künstlerischen Schaffens, den Frank Pieperhoff unter seinem Namen nicht wirklich ausleben kann. Pieperhoff, das heißt eigentlich eher schwere Kost. Das gemalte Schaffen kommt im ersten Moment bisweilen düster und schwer daher. Adario Perhofs Schaffen ist hingegen irgendetwas „zwischen erster Skizze und Bild“, wie es Pieperhoff beschreibt, „einfacher, leichter.“ Perhof steht also fast für eine andere künstlerische Herangehensweise, die schon immer Teil von Pieperhoff war. Konzentration auf die eigene Kunst in der Prignitz: „Für mich war das eine Art innere Befreiung“, sagt Pieperhoff, der seit einigen Jahren mit Lebensgefährtin und Künstlerin Rebecca Reibke und Kindern in Dannhof (Gemeinde Groß Pankow) lebt und arbeitet. Das Künstlerpaar ist in die Prignitz gezogen, um hier ihre „Kunstgut“-Akademie zu etablieren. Pieperhoff, der bis 2017 eine große und erfolgreiche private Kunstakademie in Berlin-Schöneberg betrieb, erklärt den Schritt nach Dannhof auch damit, dass er sich zurücknehmen wollte, weil er sich stärker auf seine eigene künstlerische Arbeit konzentrieren wolle. Gerade jetzt, in der Corona-Zeit, entstehen viele Bilder. Ausstellung in Pritzwalk in den Dezember verschoben: Eigentlich sollten Pieperhoff, und damit auch Perhof, ab dem 13. November in der Galerie der Kunstfreunde Pritzwalk mit ihrem aktuellen Schaffen zu bewundern sein. „Puls und Farbe“ heißt die geplante Ausstellung, benannt nach einem großformatigen Werk, das auch die Einladungskarte ziert. Doch das wird nichts aufgrund des Corona-Lockdowns. Zunächst ist der Ausstellungsbeginn auf Vorschlag des Vorsitzenden der Kunstfreunde Pritzwalk, Horst Kontak, auf den 4. Dezember verschoben worden. „Es fehlt natürlich eine Vernissage“, sagt Pieperhoff, „aber ich bin am ersten Tag den ganzen Nachmittag da.“ Immer vorausgesetzt, dass dann der Lockdown auch wieder vorbei ist. 13 Leute können gleichzeitig in die Ausstellung rein. Ein Künstler, der um jedes seiner Bilder ringt: Die Ausstellung hat einen langen Vorlauf. Schon seit Jahren wollte Horst Kontak Pieperhoff dafür gewinnen. Jetzt hat es geklappt. Und man wird einen Eindruck davon bekommen, wie der Künstler Pieperhoff um jedes seiner Bilder ringt, bis es seinen eigenen Ansprüchen genügt. Es gibt Bilder, die hat Pieperhoff mit Blick auf den Raum entstehen lassen, in dem sie zu sehen sein werden. „Puls und Farbe“ gehört dazu, es ist Teil einer Serie von etwa zehn Bildern, die an seine Bilder-Serie „Sounds“ anknüpft. Zwei davon kommen in die Galerie der Kunstfreunde. Interessiert an der Verschmelzung von klassischer und zeitgenössischer Malerei: Ihn interessiert als Künstler die „komplette Verschmelzung zwischen klassischer Malerei und zeitgenössischer Malerei“. Er kann ins Schwelgen geraten, wenn es ihm gelingt, wie auf seinem Gemälde „Puls und Farbe“ den Monet-artigen Pinselstrich zu entdecken, der mit heller Farbe Licht ins Dunkel bringt. Pieperhoff lebt für den Moment, an dem der Funke überspringt und alles auf einmal wie von selbst geschieht. Für die Momente, die das Dasein reicher machen, dafür ist Frank Pieperhoff Künstler geworden, und daran will er sein Publikum teilhaben lassen – allerdings nicht als derjenige, der Richtung und Interpretation vorgibt. „Kunst lebt von Imagination“: Nicht immer funktioniert das sofort. Pieperhoff zeigt ein Bild von 1999, dem immer etwas fehlte. Schon zweimal hat er es überarbeitet, große blaue Augen ragen aus einem dunklen Hintergrund. Davor sind zwei Figuren zu sehen, nein drei: die dritte erscheint im ersten Moment wie der Umriss einer Nase. Ob es eine endgültige Version des Bildes geben wird? Frank Pieperhoff strebt nach dem immer besseren Bild. Es ist ein intuitiver, emotionaler und nicht planbarer Prozess. „Kunst lebt von Imagination“, sagt Pieperhoff, „man sieht etwas, aber da ist noch mehr.“ Die unfassbaren Impulse, die einem Werk eine Richtung geben: Pieperhoff schildert dies in einem Video auf Youtube „Der emotionale und nicht rationale Aspekt. In diesem Video versuche ich mit Worten die unfassbaren Impulse zu schildern, die einem Werk eine Richtung geben. Es ist meiner Überzeugung nach eine ständige Herausforderung“, erklärt er dies. In der Corona-Krise ist Pieperhoff zum Youtuber geworden, lässt dort Menschen in Echtzeit daran teilhaben, wie ein Bild entsteht. Es ist ein gutes Mittel, um zu erfahren, wie der Künstler um seine Bilder ringt, um Farbe, Konsistenz, jede gewollte Unebenheit auf der Leinwand. Man erfährt etwas über die Faszination einer Landschaft, die intuitiv entstanden ist. Oder die Farbe Blau als Ansatzpunkt für ein Werk, das am Ende eine Geschichte erzählt. „Mit Kind im Eis“ wirkt am Ende wie eine Kleinfamilie in der großen Einöde. „Mit Kind“ hingegen, eigentlich ähnlich, strahlt Geborgenheit aus. Lesen Sie auch: Künstler öffnen am Wochenende ihre Ateliers Vier Wochen lang mit Kunst experimentiert Pritzwalk: Annett Glöckner stellt bei den Kunstfreunden aus Geschichten entwickeln sich bei der Arbeit. „Situation in Gelb“ lässt gelbe Farbe wie bei einem Vulkanausbruch explodieren. Darunter war zunächst eine Figur, die Pieperhoff dann aber lieber verfremdet hat – auch dieses Bild wird in Pritzwalk zu sehen sein. Ein Freund nahm ihm die Last der Bilderauswahl: Doch es ist etwas anderes, im Netz präsent zu sein oder sein Kunst real zu präsentieren. „Die Materialität und Körperlichkeit lässt sich niemals vermitteln“, sagt Pieperhoff. Als Kurator der Ausstellung in Pritzwalk hat Frank Pieperhoff seinen Freund Martin Koller gewonnen, einen Manager aus dem Bereich Mobilität, der mit seinem so ganz anderen Blick auf sein Werk Pieperhoff die Last abnahm, die Bilder für die Ausstellung auszusuchen. „Ein komplett offener Mensch mit einem tollen Auge“, so charakterisiert er ihn. Pieperhoff wird in der Schau nun überwiegen, zwei Wände voll mit Perhof wird es auch geben. „Ich versuche, mich in Situationen hineinzufühlen“: Auf die Gefahr hin, dass ihm jemand eine multiple Persönlichkeit unterstellt, sagt er: „Eigentlich finde ich das sehr gesund. Gerade empathische Menschen verhalten sich immer anders in verschiedenen Situationen. Und ich versuche, mich in Situationen hineinzufühlen.“ Dass Künstler ihr Alter Ego haben, unter Pseudonymen arbeiten und Kunstfiguren erschaffen, ist ja auch nichts Ungewöhnliches. Inspiration dafür ist Pieperhoff ein guter Freund: Der Kabarettist Frank Smilgies, bekannt durch die Lach.– und Schießgesellschaft in München oder das Comedy-Duo Ulan und Bator, hat sich auch Kunstfigur geschaffen. Gordon Brettsteiger, „ein eleganter Rocker-Punker, etwas anarchistisch“, beschreibt ihn Pieperhoff. Er kündigte an, mit Smilgies/Brettschneider zusammen eine Ausstellung in München zu planen. Zunächst aber steht das Debüt von Pieperhoff und Perhof in Pritzwalk an. Von Bernd Atzenroth