Pritzwalk: Zweite Corona-Demo mir weniger Teilnehmer, dafür radikaler

Wer am Montagabend auf dem Pritzwalker Marktplatz unterwegs war, dem dürften zwei Dinge sofort aufgefallen sein: Dass zur zweiten angemeldeten Corona-Demo der Bürgerstimme für Pritzwalk und Prignitz deutlich weniger Teilnehmer gekommen waren als noch beim ersten Mal vor zwei Wochen – und dass im Gegenzug eben deutlich mehr Beamte vor Ort waren. Polizei und Ordnungsamt hatten für die Protestveranstaltung aufgerüstet und kontrollierten stärker. „Wir sind von einer deutlich höheren Teilnehmerzahl ausgegangen“, sagte Polizeisprecherin Dörte Röhrs auf MAZ-Nachfrage. „Den Veranstaltern ging es wohl ähnlich“, ergänzte Röhrs, „sie hatten im Vorfeld ebenfalls eine größere Teilnehmerzahl angegeben.“ 60 Demonstranten auf dem Pritzwalker Marktplatz: Waren vor zwei Wochen noch weit über 100 Personen dem Aufruf zum Protest gefolgt, versammelten sich am Montagabend nur etwa 60 auf dem Marktplatz. Auch Volker Kiefner von der Bürgerstimme für Pritzwalk schien enttäuscht darüber zu sein. „Ich finde es schade, dass heute nur Wenige den Weg hergefunden haben“, sagte er – und versuchte sogleich einen Erklärungsansatz dafür zu finden. Beispielsweise die für Demos eher ungemütlichen, kalten Temperaturen. Wie schon bei der ersten Demo machten Volker Kiefner und zwei weitere Redner – namentlich Mario Ortlieb und Thomas Schlaffke – ihrem Ärger über die aktuelle Situation Luft. Vor allem Kiefner, der bisher stets bedacht und ruhig gesprochen hatte, redete sich regelrecht in Rage. Seine Stimme wurde mit jedem Satz energischer und lauter. „Ich bin richtig sauer“, sagte Kiefner. Mit einer äußerst zweifelhaften Aussage brachte er manche Menschen schließlich sogar dazu, den Marktplatz schnell zu verlassen. Pritzwalker Volker Kiefner vergleicht Berliner Polizei mit der SA: Zunächst lobte er die Polizei, die sich unter die Demonstranten gemischt hatte, um Abstands- und Hygieneregeln zu kontrollieren. „Unsere Polizei ist eine gute Polizei“, sagte Kiefner, „sie ist nicht mit der Berliner Polizei vergleichbar, die Demonstranten schlägt.“ Dann schoss er allerdings weit über das Ziel hinaus und verglich die Berliner Polizei mit der mit der SA, der Sturmabteilung der Nazis also – offenbar ein Punkt, an dem eine Grenze für so manchen Demo-Besucher überschritten wurde. Einige verließen den Marktplatz, andere schüttelten den Kopf und wendeten sich ab. Kiefner gesteht kurz darauf, dass er sehr aufgebracht und wütend sei und gibt daher das Zepter an den nächsten Redner weiter. Demonstrationen auch in Wittstock, Wittenberge und Bad Wilsnack: „Ich finde, wir sollten wieder mehr für die Werte kämpfen, die unsere Demokratie ausmachen“, sagte der nächste Redner, Christian Pingel. „Wir werden scheinbar in die Guten und in die Schlechten eingeteilt“, führte er aus, „wer der Linie der Regierung folgt, ist gut – und wer wie wir her steht oder seine Meinung äußert, ist automatisch schlecht.“ Abgesehen von einem angetrunkenen Demonstranten, dem der Zugang zum Rednerpult versagt wird, gab es am Montagabend keine größeren Zwischenfälle. „Es lief alles störungsfrei“, sagte Dörte Röhrs, „die Zusammenarbeit mit den Demo-Organisatoren aus Pritzwalk ist überhaupt recht unkompliziert.“ In anderen Orten der Prignitz gestaltet sich das aus Sicht der Beamten wesentlich komplizierter. In Wittenberge etwa fand am Montagabend erneut eine Corona-Demo statt, die nicht ordnungsgemäß angemeldet worden war – bereits zum vierten Mal in den vergangenen Wochen. Weil die Polizei vergleichsweise viele Einsatzkräfte nach Pritzwalk geschickt hatte, die dort wegen der überschaubaren Teilnehmerzahl nicht gebraucht wurden, reagierte die Einsatzleitung umgehend – und schickte einen Teil der Beamten kurzfristig zur Corona-Demo nach Wittenberge. „Die Polizei ist ja nicht dafür da, Demos zu verhindern“, sagte Dörte Röhrs, „sondern um jedem sein Recht darauf einzuräumen.“ Womöglich spricht sich das demnächst ja auch bei den Corona-Demonstranten in Wittenberge herum. Lesen Sie auch: Pritzwalk: Corona-Demo mit mehr als 100 Teilnehmer Corona: Pritzwalker gehen auf die Straße Brandenburg an der Havel: Corona-Demo mit mehr als 300 Teilnehmer Von Julia Redepenning