So blickt Pritzwalks Bürgermeister Ronald Thiel auf 2020

Ein ungewöhnliches Jahr neigt sich dem Ende entgegen: Die MAZ hat die Bürgermeister der größten Prignitzer Städte gefragt, wie sie das Corona-Jahr erlebt haben und was für 2021 ansteht. Bernd Atzenroth sprach darüber mit Pritzwalks Bürgermeister Ronald Thiel. MAZ: Wie fällt Ihre Jahresbilanz für die Stadt Pritzwalk aus? Ronald Thiel: Es gab 2020 viel Positives: die Eröffnung der Kfz-Zulassungsstelle Anfang des Jahres, zahlreiche Baumaßnahmen wie die Neugestaltung des Bahnhofsumfeldes, viele Spielplätze, die wir ohne Kinder eröffnen mussten, die Sanierungsarbeiten in der Jahnschule, der Anbau des Sanitärtraktes an der Quandthalle. Das konnten wir alles nicht so zur Geltung bringen, wie wir uns das vorgestellt haben. Welches einzelne Ereignis hat Sie im Jahr 2020 in Ihrer Kommune am meisten bewegt? 2020 war bestimmt durch den ersten Lockdown mit seinen großen Einschränkungen. Jetzt sind wir in der zweiten Welle, die uns über den Jahreswechsel hinaus beschäftigen wird. Das war und ist das prägende Ereignis. Wir betreiben als Kommune insgesamt neun Kindereinrichtungen. Ich bin den Erzieherinnen und Erziehern dankbar, dass sie alle Einschränkungen mitgetragen haben. Die Situation verlangt einem etwas mehr ab als in den vergangenen Jahren. Veranstaltungen mussten komplett abgesagt werden. Ich hatte schon im März dafür plädiert, das bis zum Ende des Jahres zu tun. Hat sich in diesem Jahr Ihr persönlicher Blick auf die Dinge geändert, und wenn ja, wie? Es bewegt mich, wenn mich Bürger anschreiben und wir können uns dann nicht persönlich treffen. Wir sollten alles daran setzen, das Miteinander gut hinzubekommen und die Solidarität in den Vordergrund zu stellen. Gibt es irgendetwas in diesem Corona-Jahr, das Sie in der Rückschau anders gemacht hätten? Ich würde es wieder genauso machen. Viele Sachen haben wir intuitiv gut entschieden. Es war richtig, dass wir unter diesen Bedingungen keine Veranstaltungen angeboten haben. Die Absage der jüngsten Stadtverordnetenversammlung ist ein Zeichen, dass sich alle der Situation bewusst sind. Sie war ein Gebot der Stunde. Unternehmen Sie als Kommune weitere Schritte zur Digitalisierung der Schulen? Es ist nicht nur Zeitgeist, sondern auch notwendig. Wir sind dabei, beide Grundschulen aufzurüsten. Es gibt aktuell einen Zuwendungsbescheid für die Quandtschule. Wir haben 90 Laptops gekauft, 50 davon hat das Land bezahlt, 40 finanzieren wir selbst. In der Jahnschule schaffen wir jetzt die technischen Voraussetzungen. Bildung hat einen hohen Stellenwert. Wir werden kontinuierlich Geld in die Digitalisierung stecken. Und wir sind gut beraten, den Jüngsten die Möglichkeit zu geben, sich darin einzuarbeiten. Welchen Einfluss hat das Corona-Jahr auf die künftige Verwaltungsorganisation? Wir müssen sehr stark die Digitalisierung in der Verwaltung vorantreiben, etwa mit Videotelefonie. Ich denke, wir können das. Das geht hin bis zur Frage des Homeoffice. Daneben gibt es auch Fragen der Hygienemaßnahmen. Ein paar Regeln werden auch in Zukunft bleiben. Und bestimmte Regeln werden anders sein. In der Verwaltung wollen wir die Möglichkeit schaffen, mehr mit Webseminaren zu arbeiten, auch wenn das nicht alles an sozialer Zusammenarbeit ersetzt. Wie groß wird nach dem Corona-Jahr der finanzielle Spielraum für die Kommune sein? 2020 schreiben wir eine schwarze Null im Haushalt. Wir verzeichnen bisher keine dramatischen finanziellen Einbrüche, die auf die Pandemie zurückzuführen wären. Wir wissen aber nicht, was in den nächsten Jahren auf uns zukommt. Wenn wir vom Land weniger bekommen, sieht es auch für uns schlechter aus. Von Bund und Ländern wurde jetzt viel Geld verteilt. Dieses Geld muss in den nächsten Jahren wieder eingesammelt werden. Pritzwalk verfügt über Rücklagen, und die sind genau für solche Jahre da. Wir werden mittelfristig unsere Ziele erreichen. Aber uns wird Haushaltsdisziplin abverlangt. Wir liegen mit den Wünschen und Bedarfen über unseren Einnahmen. Und die Kreisumlage, die wir zu entrichten haben, ist noch eine Schätzung. Was sind die wichtigsten investiven Vorhaben 2021? Wir investieren in unser Kulturhaus knapp zwei Millionen Euro. Es gibt einen Bedarf an Wohnbaufläche, dem wir nachkommen müssen. Natürlich steht die Beendigung der Baumaßnahmen auf dem Plan, die wir begonnen haben. Dann steht die Vorbereitung des Baus der Nord-Ost-Spange an. Hier müssen wir Möglichkeiten finden, dass alle Verkehrsteilnehmer ihren Platz finden. Gibt es noch einmal einen Anlauf, um doch landwirtschaftlichen Verkehr über die Umgehungsstraße lenken zu können? Im Rahmen des Verkehrskonzepts haben wir hier Vorarbeiten geleistet – und es ist für uns noch nicht zu den Akten gelegt, dass der Lkw- und landwirtschaftliche Verkehr nicht mitten durch die Stadt, sondern über die B 189 laufen kann. Gibt es im kommenden Jahr besondere Maßnahmen zur Förderung von Handel und Gewerbe? Ein City-Management wäre schon unter dem jetzigen Lockdown notwendig. Deshalb unterstütze ich den Antrag, Geld dafür einzustellen, um ein solches aufbauen zu können. Von Bernd Atzenroth