Vier Jahre ruhte die Dahlewitzer Bahnhofseiche im Garten des Bürgerhauses. Seit Montag steht der mehr als zehn Meter große Baum im Zentrum eines Freiluft-Ateliers. Der Cottbusser Künstler Hans-Georg Wagner hat begonnen, die Bahnhofseiche in ein Kunstwerk zu verwandeln.
Die Aufgabe, vor der der 55-Jährige steht, ist so mächtig wie der Baum. In den kommenden Monaten wird daraus eine Skulpturengruppe mit Sitzelementen. Mithilfe einer Zeittafel lassen sich die Lebenszeit des mehr als 150 Jahre alten Baums und wichtige Daten der Dahlewitzer Ortsgeschichte darstellen.
Demut und Ehrfurcht vor dem Koloss
Eigentlich, gibt Hans-Georg Wagner zu, habe er gehofft, die Bahnhofseiche würde von einem anderen Künstler gestaltet. „Ich wusste, was für eine Aufgabe mir bevorsteht“, sagt er. Damit meint er nicht nur die körperlichen Auswirkungen, einen tonnenschweren Baum bei sengender Hitze unter freiem Himmel zu bearbeiten, sondern auch die emotionale Komponente. Viele Dahlewitzer haben sich dafür eingesetzt, dass der Baum, wenn schon nicht lebendig, doch wenigstens als Kunstwerk im neu gestalteten Zentrum sichtbar bleibt. Er sei voller Ehrfurcht und Demut vor dem hölzernen Koloss. „Der Baum hat mehr als doppelt so viele Lebensjahre wie ich. Damit muss man behutsam umgehen“, sagt Wagner.
Die ersten Arbeiten fallen jedoch eher grobschlächtig aus. Mit einer Motorsäge stutzt er den Torso in den kommenden Tagen auf drei Meter große Stücke zurück, damit diese später sicher aufgestellt werden können. „Ich will eine Skulptur machen, die überzeugt. Keiner soll sagen, es ist schade, dass ich den Baum kleiner gemacht habe“, sagt er.
Mit der Motorsäge Gott spielen
Er sei kein Kettensägen-Künstler, darauf legt Hans-Georg Wagner großen Wert. Der studierte Holzgestalter versteht sich als Bildhauer. Ist seine Arbeit getan, soll der Baum als solcher erkennbar bleiben. Die Motorsäge ist nur eins von vielen Werkzeugen, die er nutzt. „Damit kann man sich wie Gott fühlen“, sagt er. Ist der Baum zerlegt, wird das Holz gespalten. Dann zeigt sich, wann der Baum gute und schlechte Jahre hat. Später verschwinden die Rinde und die äußere Holzschicht. Ziel sei es, dass sich das Holz selbst konserviert. Dafür, so Hans-Georg Wagner, darf nirgendwo lange Wasser stehen, da Fäulnis droht.
Für Anke Treffkorn und Dietmar Bocksch vom Verein Historisches Dorf ist es ein guter Tag. Nach allem Ärger und Streit rund um die Bahnhofseiche sind sie glücklich, dass der finale Akt begonnen hat. „Was lange währt, wird endlich gut“, drückt es Anke Treffkorn aus. Zum Dorffest am 22. September soll das Kunstwerk auf dem Platz neben dem Spielplatz am Tunnel der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Kunstwerk soll zum Dorffest im September fertig sein
Bis dahin haben die Dahlewitzer die Möglichkeit, dem Künstler in seinem Freiluftatelier über die Schulter zu schauen. In dieser Woche wird er noch bis Sonnabend tätig sein. Ab der übernächsten Woche besteht montags, mittwochs und freitags die Möglichkeit. „Dass er nicht täglich vor Ort ist, habe zwei Gründe, sagt Wagner: „Ich habe andere Aufträge und ich brauche auch mal Abstand zu meinem Werk.“
Von Christian Zielke