Extra für das Foto hat sich Helga Härtge einen kleinen Blumenstrauß gewünscht. Man soll doch sehen, dass sie eine Braut ist, eine diamantene noch dazu. Heute vor 60 Jahren hat die Brückerin ihren Werner geheiratet. Für ihr Kennenlernen gibt es zwei Versionen. „Es könnte bei der Silberhochzeit eines Onkels gewesen sein, als wir uns näher kamen“, glaubt Werner Härtge.
Er begeht am 1. Weihnachtsfeiertag seinen 83. Geburtstag. Es könnte aber auch so gewesen sein: „Werner hat bei meinem Opa gearbeitet und war so fleißig, dass der zu mir sagte, den musst du nehmen“, erzählt die 80 Jahre alte Helga Härtge.
Dabei haben beide schon im Kindergarten zusammen gespielt und später dieselbe Schule besucht. Auch Werner Härtge wurde in Brück geboren. Nach der Schule war er im Sägewerk tätig. „Der Chef schickte mich aber weg, ich war ihm zu schmächtig, ich sollte mir erst mal beim Bauern etwas Speck anessen“, erinnert er sich.
Helga Härtge war damals sehr resolut
Dort blieb er drei Jahre und begann danach eine Lehre als Maurer. Zu dieser Zeit lernte er auch seine Frau näher kennen. Am 22.Dezember 1954 läuteten die Glocken der Lambertus-Kirche zur Hochzeit. Da arbeitete der Bräutigam schon bei der Bau-Union in Potsdam, war nur an den Wochenenden zu Hause.
Helga Härtge war damals sehr resolut. Da sie ihre Oma und auch die Mutter pflegen musste, war ihr klar, dass ein Kind erst in Frage kommt, wenn ihr Mann auch die Woche über daheim ist. Er hielt sich daran, kam nach Brück, begann bei der PGH zu arbeiten und blieb bis zur Rente.
Helga Härtge oblag auch die kleine Landwirtschaft
Ein erstes Kind wurde tot geboren. Die einzige Tochter kam 1960 zu Welt, am Geburtstag der Mutter. Im gleichen Jahr wurde das kleine Häuschen in der Brandenburger Straße gekauft. Da Helga Härtge aufgrund der Pflegetätigkeit keinen Beruf erlernte, oblag ihr die kleine Landwirtschaft. Drei Schweine, eine Kuh, Hühner und ein Gemüsegarten sowie die Kartoffelbeete waren ihr Wirkungsfeld. „Bei den grünen Bohnen hat mir meine Tochter bei der Ernte geholfen“, erinnert sich die Jubilarin, die nebenher in einer Gaststättenküche aushalf.
Das Paar ist fest im Planestädtchen verwurzelt. Höchstens für einen Kurzurlaub wurde der Ort verlassen. Mit der PGH ging es an die Ostsee, in den Spreewald oder ins Erzgebirge. Richtigen Urlaub machten beide erst als Rentner. Die Enkeltochter nahmen sie mit an die Ostsee. „Wir haben es aber nicht vermisst, es gab ja immer genug zu tun“, erzählt Helga Härtge.
Auch als Strickerin bekannt und gefragt
Bis vor acht Jahren war sie auch als Strickerin bekannt und gefragt. Die Familie, Nachbarn und Freunde wurden bedacht und durften Wünsche äußern. Ein Schlaganfall zwang Helga Härtge in den Rollstuhl und machte ihr fortan das Stricken unmöglich. Auch Werner Härtge hatte vor einem Jahr einen Schlaganfall. „Es ist aber nichts zurück geblieben“, erzählt er erfreut.
Ein Rezept für die lange gemeinsam verbrachte Lebenszeit hat das Paar nicht. „Die Not und die Arbeit haben uns zusammengeschweißt. Wenn man zu etwas kommen wollte, musste man gemeinsam anpacken, heute fällt alles so leicht“, sagt Werner Härtge.
Von Andreas Koska