Jüterbog: Ehrenamtlicher Wetterbeobachter seit 25 Jahren

„Von Sonntag bis heute war es ein halber Liter pro Quadratmeter“, erklärt Jan Kahleyß am Montagmorgen nach seinem täglichen Gang zur Messstation. Der 50-Jährige hat die Niederschlagswerte in Jüterbog seit 25 Jahren genau im Blick. Denn so lange ist der Mitarbeiter des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Jüterbog-Fläming (WAZ) schon als ehrenamtlicher Wetterbeobachter für den Deutschen Wetterdienst (DWD) tätig. Neben seinem Job in der Jüterboger Kläranlage misst Jan Kahleyß seit Juli 1995 täglich zur selben Zeit den Niederschlagswert in Jüterbog und gibt ihn anschließend an die Bundesbehörde weiter. Der DWD nutzt die Daten dann unter anderem für die Wettervorhersage oder Gutachten bei Wetterschäden. Zudem helfen sie auch, den Klimawandel in Deutschland genau zu erfassen und dessen Folgen besser einschätzen zu können. Für sein freiwilliges Engagement wurde Jan Kahleyß vor Kurzem vom DWD mit einer Urkunde und einer Plakette geehrt. Der MAZ hat der Wetterbeobachter gezeigt, was es mit seiner ehrenamtlichen Tätigkeit auf sich hat. Lesen Sie auch: Wälder in Dahme-Spreewald und Teltow-Fläming leiden unter der Trockenheit Begonnen hatte damals alles mit einer Anfrage des DWD. Schon seit 1890 wird der Niederschlagswert in Jüterbog gemessen und aufgezeichnet. Im Jahr 1995 suchte die Bundesbehörde wieder nach einem Nachfolger für das Ehrenamt. Wie Jan Kahleyß berichtet, war die Kläranlage als Standort für die Messstation besonders interessant, da sie zu den täglichen Messzeiten immer besetzt ist. Jan Kahleyß arbeitete schon damals in der Kläranlage im Werderschen Weg und war sofort interessiert an der Aufgabe. Seitdem geht es für ihn jeden Tag zur Messstation. „Es wird jeden Tag zur selben Zeit gemessen. In der Sommerzeit um 6.50 Uhr und in der Winterzeit um 7.50 Uhr“, erklärt Kahleyß. Natürlich ist der 50-Jährige nicht 365 Tage im Jahr vor Ort. Unterstützt wird er deshalb von seinen Kollegen. Auch sie kennen die tägliche Prozedur, wenn Jan Kahleyß gerade verhindert ist. Mit dem relativ unscheinbaren Messbehälter aus Edelstahl, der auf dem Gelände der Kläranlage platziert ist und in dem sich der angesammelte Niederschlag der vergangenen 24 Stunden befindet, geht es für Jan Kahleyß zuerst in das Labor. Dort wird der im Messzylinder eingefangene Niederschlag in einen Messbecher umgefüllt. Anhand dessen kann Jan Kahleyß die in Jüterbog gefallene Niederschlagsmenge pro Quadratmeter ableiten. Die Daten gibt der Wetterbeobachter anschließend digital in ein Portal des DWD ein. Dabei muss er sich täglich an einen strengen Zeitplan halten. „Bis 8.15 Uhr muss alles da sein“, so Kahleyß. Die Daten landen dann direkt bei der DWD-Zentrale in Offenbach. „Über viele Jahre wurde von ihm der Wetterverlauf in Jüterbog akribisch beobachtet und notiert. Er hat damit einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Wettervorhersage und Klimaüberwachung geleistet. Davon profitieren alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, denn die Auswirkungen des Wetters und Klimas betreffen jeden von uns“, sagt Steffi Lange. Die Sachbearbeiterin der Regionalen Messnetzgruppe Potsdam des DWD bedankte sich vor wenigen Tagen persönlich bei Jan Kahleyß für seine bisher geleistete Arbeit. 1.800 Messstellen werden ehrenamtlich betrieben: Der Deutsche Wetterdienst betreibt in ganz Deutschland ein flächendeckendes Mess- und Beobachtungsnetz mit knapp 2.000 Messstellen. Dazu gehören rund 180 hauptamtliche Wetterwarten und Wetterstationen, die zum Teil rund um die Uhr mit DWD-Personal besetzt sind. Etwa 1800 weitere Messstellen des DWD werden ehrenamtlich von engagierten Bürgern betreut – und das, wie im Fall von Jan Kahleyß, häufig seit Jahrzehnten. Der denkt übrigens auch nach 25 Jahren nicht ans aufhören. Denn der 50-Jährige hat in den vergangenen Jahren einen besonderen Bezug zum Wetter entwickelt. „Es ist eine total interessante Sache“, erzählt Jan Kahleyß. „Man beobachtet das Wetter insgesamt viel bewusster.“ Der ehrenamtliche Niederschlagsmesser achtet inzwischen ganz genau darauf, zu welcher Zeit Niederschlag fällt und wie hoch die Intensität ist. Dass es mitunter dann doch weniger ist, als er gedacht hat, findet er noch heute faszinierend. „Manchmal wird man total nass und denkt, es hat total viel geregnet und dann sieht man, dass es doch nur ein halber Liter pro Quadratmeter war“, sagt Jan Kahleyß. Der 50-Jährige hat in den vergangenen 25 Jahren deutliche Veränderungen festgestellt. „Grundsätzlich gibt es schon einen erkennbaren Trend, dass die Niederschlagsmenge abnimmt. Es gibt verstärkt Monate, in denen überhaupt kein Niederschlag fällt“, berichtet Jan Kahleyß. Auf der anderen Seite werden die Wetterbedingungen aus seiner Sicht extremer. So kommt es inzwischen häufiger vor, dass die Niederschlagsmengen sich von einem Monat auf den anderen stark unterscheiden. Im Jahr 2019 wurden beispielsweise im April und Mai nur 13 und 26 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gemessen. Im darauffolgenden Juni waren es plötzlich schon 156 Liter. Von Isabelle Richter