Jüterbog diskutiert, Investoren an Infrastrukturkosten zu beteiligen

Wenn es nach Jüterbogs Wirtschaftsförderer Andreas Rau geht, soll sich die Stadt zumindest einen Teil der Kosten für neue Kitas und Schulen von den Investoren zurückholen, die in der Stadt Eigenheimsiedlungen, Mehrfamilienhäuser oder ganze Wohnkomplexe planen. Das ist zwar schön für die Stadt, weil sie so mittelfristig auf Mehreinnahmen aus der Einkommensteuer der Zugezogenen hoffen darf, andererseits muss sie zunächst erhebliche Kosten für die örtliche Infrastrukturentwicklung stemmen. Dazu zählen die Errichtung neuer Kitaplätze, der Bau oder die Erweiterung von Grund- und Oberschulen (das Gymnasium bezahlt der Landkreis), der Betrieb öffentlicher Einrichtungen wie Sportanlagen, Spielplätze, Parks, der Bau von Verkehrswegen. Kurzum: So lieb einer Kommune die Neubürger sein dürften, so teuer sind sie zunächst auch. Stadt muss nicht auf den Kosten sitzenbleiben: Es muss aber nicht sein, dass die Stadt allein auf diesen Kosten sitzen bleibt. So hat Andreas Rau als ihr Wirtschaftsförderungsbeauftragter mal recherchiert, was da noch für Einnahmequellen anzuzapfen wären. Dabei ist er auf die Möglichkeit gestoßen, mit den Investoren und Projektentwicklern städtebauliche Verträge abzuschließen, in denen von vorn herein geregelt wird, inwieweit sie sich an den Folgekosten beteiligen. Laut Andreas Rau machen das andere Städte schon vor, wie etwa Nauen oder die Kleinstadt Syke in der Metropolenregion in der Nähe von Bremen. Mit deren Kämmerern hat Rau gesprochen. So habe allein die Stadt Nauen seit Inkrafttreten ihrer Folgekostenrichtlinie 2,5 Millionen Euro auf diese Weise eingenommen, die der örtlichen Infrastruktur zugute kommen. Bis 2020 rechnet man dort mit 7,5 Millionen Euro. Seine Rechercheergebnisse stellte Andreas Rau auf der jüngsten gemeinsamen Sitzung des Wirtschaftsförderungs- und Stadtmarketingausschusses (WSA) sowie des Bau- und Sanierungsausschusses (BSA) vor und legte gleich einen Entwurf für ein solche Folgekostenrichtlinie vor. An diesem Mittwoch wird nun auch die Stadtverordnetenversammlung darüber beraten. Bei der gemeinsamen Ausschusssitzung gab es jedoch Bedenken, ob dies nicht Investoren abschrecken werde. „Womöglich können sie woanders ohne diese Kosten investieren“, gab Alexander Stuck (WsJ) zu bedenken. Als „Katastrophe“ bezeichnete der örtliche Immobilienkaufmann und sachkundige Bürger Ulrich Theilemann dieses Pläne, bei denen er gleich die Bücher wieder zuschlagen würde. Sein Sohn, der Stadtverordnete Max Theilemann (AfD), hinterfragte die Rechtsstaatlichkeit solcher Verträge. „Der Rechtsstaat gibt uns ja ausdrücklich dieses Instrument in die Hand“, entgegnete Wirtschaftsförderer Rau, der dies vorher ausführlich erläutert hatte. „Das ist doch keine Willkür der Stadt!“ Lesen Sie auch Zossen: Stadt will Investoren an Kita- oder Radweg-Bau beteiligen Nauen: Investoren müssen neue Kitas mitbezahlen Die Investoren, so Rau, würden aus Berlin „herausschwappen“ und nach Wohnbaumöglichkeiten in der Umgebung suchen. Es gehe aber nicht an, dass ständig die Kosten sozialisiert werden, während die Gewinne privatisiert würden. „Andere Orte des Städtekranzes machen es auch so!“ „Wenn die Infrastruktur stimmt, dann kommen auch die Investoren“, betonte Bürgermeister Arne Raue (WsJ). Bisher blieben die Folgekosten immer an der Stadt, also am Steuerzahler hängen, ergänzte Kämmerer René Wolter. Durch diese Verträge würde nicht der einzelne Häuslebauer belastet, sondern der, „der über den eigenen Bedarf hinaus baut“. Es reiche schon, dass der ganze Verwaltungsaufwand bei der Stadt hängen bleibe, so Wolter, und weiter: „Wenn in den Fuchsbergen ein neues Wohngebiet entsteht, will ich, dass da auch eine Kita rausspringt und vielleicht sogar eine Schule.“ Von Hartmut F. Reck