Jüterboger Theater der Werktätigen probt "Der schöne grüne Vogel"

Märchen sind nicht nur für Leseratten, sondern auch bei Theaterfreunden ein beliebtes Metier. Nicht zum ersten Mal kamen die Akteure des Jüterboger Laienensembles „Theater der Werktätigen“ auf die Idee, im Märchenstoff nach der geheimnisvollen Formel zu suchen, der unser Leben lebenswert macht. Seit drei Monaten probt das aus derzeit 14 Darstellern bestehende Ensemble an seinem neuen Stück „Der schöne grüne Vogel“, das bis zum Jahreswechsel bühnenreif sein soll. Vor 250 Jahren geschrieben: „Die Idee, welches Stück wir uns vornehmen, hatte natürlich wieder mal ich“, sagt Regisseur Ernst Werner. Wie in jedem Jahr, wenn nach der Premiere des Vorjahres-Stückes wieder Ruhe eingekehrt ist, hat der Werbiger in seinem Bücherregal und in den Onlinekatalogen der Theaterverlage gestöbert und ist eher zufällig auf das von Carlo Gozzi vor 250 Jahren verfasste Märchen gestoßen. „Dass das Stück schon so alt, merkt man nicht, denn die Geschichte um die es geht, könnte heutiger nicht sein“, beschreibt Werner, warum seine Auswahl auch im Ensemble schnell auf Zustimmung stieß. Der sprechende grüne Vogel, der dem Märchenspiel seinen Namen gab, erweist sich als Geist, der mit einer Mischung aus Neugierde und erhobenem Zeigefinger ein Geschwisterpärchen dazu verführt, dem Glauben an das Gute im Menschen abzuschwören. „Für mich hat die Figur des Vogel fast schon etwas Mephisto-haftes“, sagt Werner. Ausgesetzt als Findelkinder werden die Geschwister von einem Fleischer und seiner Frau aufgezogen. Alles Gute, dass sie erfahren, sei ausschließlich aus Berechnung und nicht aus Nächstenliebe geschehen“, sind die beiden fest überzeugt. Dass sie nur der Spielball des Schicksal spielenden grünen Vogels sind, können sie nicht wissen. Ohne Liebe nützt alle Bildung nicht viel: „Alle ihre Intelligenz und die Bildung, in die ihre Zieheltern viel investiert haben, nützt ihnen nichts, weil ihnen das wichtigste fehlt, was der Mensch zum Leben braucht: Nämlich die Liebe und die Empathie, um mit ihren Mitmenschen mitfühlen zu können“, beschreibt der Regisseur den wichtigsten Strang der Handlung. Dass die Findelkinder eigentlich aus königlichem Hause sind und erst durch die Machenschaften des Geistes in ihre missliche Lage kamen, erfährt der Zuschauer schon lange vor ihnen. „Am Ende“, so Werner, „wird alles gut und jede Figur hat ihren Liebsten gefunden und alle sind glücklich vereint und haben gelernt, worauf es im Leben ankommt“, lüftet der Regisseur schon mal ein wenig den Vorhang. Einzig die hartherzige Königin wird bestraft und muss den Rest ihres Dasein in der Schlossküche als Geschirrspülerin verbringen. Die Akte und Szenen zwischen traurigem Beginn und glücklichem Schluss nutzen Werner und seine Darsteller für die Umsetzung listiger, witziger und zuweilen temporeicher Regie-Einfälle, wie man sie vom traditionsreichen „Theater der Werktätigen“ noch mehr als 50 Spielzeiten gewohnt ist. Hildegard Schneidereit ist wieder mit an Bord: Drei der 14 Akteure sind Bühnen-Neulinge. Erstmals seit einigen Jahren wieder mit an Bord ist Hildegard Schneidereit. Dass diesmal sogar der Regisseur auf der Bühne zu sehen ist, ist eine seltene Ausnahme und dem Umstand geschuldet, dass ein Darsteller nach sommerlichem Probenbeginn dauerhaft ausfiel und kein Ersatz gefunden werden konnte. „Gerne mach’ ich es nicht, weil mir in den Momenten, in denen ich selbst auf der Bühne stehe, der nötige Draufblick fehlt“, gesteht Werner. Unsicherheit herrscht im Ensemble derzeit noch wegen des Termins der Premiere. „Zum einen, weil es auf und hinter der Bühne noch jede Menge Arbeit für uns gibt, bis die Inszenierung wirklich gut ist und ich mir nicht sicher bin, ob wir das bis Dezember hin kriegen. Zum anderen weiß ja derzeit niemand, wie sich die Sache mit Corona weiter entwickelt und ob wir überhaupt eine Aufführung machen dürfen. Wenn, dann sicher nur vor halbvollem Saal, damit die Leute im Publikum ausreichend auf Abstand sitzen können“, erläutert der Regisseur. Lesen Sie auch Jüterboger Theater der Werktätigen zeigt George Taboris "Goldberg-Variationen" Von Uwe Klemens