Wenn Stefan Hoika von Panikmache und Hasstiraden gegenüber dem Wolf erfährt, kann er nur den Kopf schütteln. Der 47-Jährige ist Wolfsbotschafter beim Naturschutzbund (Nabu), Gründungsmitglied der LAG Wolf Berlin-Brandenburg und Naturschutzhelfer der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Teltow-Fläming. In deren Auftrag führt er Projekte an Schulen, aber auch Wolfswanderungen für interessierte Bürger durch. Der Scharfenbrücker will eine Lanze für den Isegrim brechen, der sich nach 150 Jahren Abwesenheit wieder in Brandenburg angesiedelt hat.
Wildernde Hunde reißen Tiere
Hoika hat durchaus Verständnis für den Frust der Tierhalter, wenn tatsächlich ein Nutztier vom Wolf gerissen wurde. „Da steckt Arbeit, Zeit und Geld drin, manch Tier gehört zur Familie“, sagte er der MAZ. „Doch bei mehr als 50 Prozent der untersuchten vermeintlichen Wolfsattacken war es gar kein Wolf“, weiß Hoika. In einigen Fällen hätten wildernde Hunde Tiere gerissen. „Auch ein ausgewachsener Fuchs kann ein Schaf reißen, oder ein Kolkrabe ein Lamm“, sagt Hoika.
Im Jahr 2014 gingen nach Angaben des Landesumweltamtes 60 Nutztierrisse in Brandenburg auf das Konto des Wolfes; 2011 waren es noch 87. Schadensfälle müssten innerhalb von 24 Stunden bei einem Wolfsgutachter gemeldet werden, für die Region sei Kay-Uwe Hartleb zuständig. Er könne an Hand von Schablonen, Bissmustern und Genproben eindeutig bestimmen, ob ein Wolf der Übeltäter war.
Wenn Politiker wie Danny Eichelbaum (CDU) angesichts des jüngsten Vorfalls in Frankenförde – dort wurde ein Kalb gerissen – von einer explosionsartigen Ausbreitung des Wolfes spricht, widerspricht Hoika dieser Behauptung: „Wir verzeichnen derzeit ein Rudel auf dem Areal des Truppenübungsplatzes Jüterbog. Im Herbst 2014 hatte das Rudel 15 Tiere, in diesem Jahr sind es noch elf, davon fünf Jungtiere“, sagt Hoika. Anhand von Fotofallen und Wolfsspuren könne dies relativ sicher registriert werden.
Wolf für Menschen nicht gefährlich
Kay-Uwe Hartleb sowie Andreas Hauffe, Liegenschaftswart der Stiftung Naturlandschaften, betreiben laut Hoika ein akribisches Monitoring; einmal jährlich veröffentlicht das Landesumweltamt dann belastbare Zahlen. „Wenn Nutztiere gerissen werden und Laien oder Hobbyjäger einfach behaupten, dass es ein Wolf war, ist das so, als würde ich voraussagen, wer der nächste Olympiasieger im Gewichtheben wird“, sagt Hoika ironisch. Hinterlassenschaften der Wölfe, die sogenannte Losung, würden regelmäßig untersucht und Rückschlüsse auf die Nahrung gezogen. „Eine Menge unter einem Prozent deutet auf Nutztiere hin“, sagt Hoika und scherzt: „Und auch Reste von roten Mützen wurden noch nie gefunden.“ Für den Menschen stelle der Wolf keine Gefahr dar, versichert Hoika.
Tierhaltern empfiehlt er bestmöglichen Herdenschutz einschließlich sicherer Zäune oder Herdenschutzhunde. „Das Landesumweltamt berät gern dazu und wir haben auch schon Arbeitseinsätze geleistet, wenn Bauern allein überlastet waren“, so Hoika.
Schadenshotline: 017 2/5 64 17 00.
Von Elinor Wenke