Amtsgericht Luckenwalde Fausthieb nach Provokation

Die Richterin brachte es auf den Punkt: „Ich merke schon, Sie beide haben sich offensichtlich nicht lieb.“ Die beiden, das waren der Angeklagte und der Geschädigte. Wer nun aber jetzt das Opfer des anderen war, kann höchstens nach Sympathie beurteilt werden. Es geschah am 20. Juli vergangenen Jahres gegen Mittag in einer Wohnstätte für Suchtkranke in der Gemeinde Niederer Fläming. Dem 32-jährigen Angeklagten Sebastian S. wurde vorgeworfen, den 59-jährigen Mitbewohner Uwe A. ohne erkennbaren Grund mit der Faust ins Gesicht geschlagen zu haben. Dadurch erlitt der Geschädigte eine Platzwunde am Kopf. „Mit der Faust ins Gesicht gehauen“: Bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht in Luckenwalde gestand der Angeklagte die Tat und erläuterte den Tathergang aus seiner Sicht. Demnach sind die beiden Männer schon mehrfach aneinander geraten. „Deshalb habe ich mich ausgeklinkt aus gemeinsamen Maßnahmen“, berichtete Sebastian S. So wollte er auch nicht an dem gemeinsamen Essen teilnehmen, holte sich aber seine Portion etwas später ab. Dabei sei er von A. beleidigt worden. „Ich wollte nur weg und nach meinem Essen greifen, da fuchtelte er mit seinem Stock vor mir herum“, so der Angeklagte. Dann muss wohl die Faust geflogen sein. „Der hat sich dann hingeworfen und laut herum geschrien.“ Der Geschädigte Uwe A. erschien als Zeuge vor Gericht und berichtete: „Ich war in der Küche saubermachen. S. wollte sein Essen holen. Ich habe ihn mit dem Wischer auf Abstand gehalten. Den hat er mir dann aus der Hand geschlagen und mit der Faust ins Gesicht gehauen.“ „Warum haben Sie ihn denn auf Abstand gehalten?“, wollte die Richterin wissen. „Na, der kam auf mich zu“, antwortete A. „Der hat mich schon beleidigt und gegen die Wand gedrückt.“ Weitere Zeugin gibt aufschlussreiche Hinweise: Als weitere Zeugin erschien eine Heil- und Erziehungspflegerin der Einrichtung. Sie berichtete, dass der Geschädigte A. seit zehn Jahren in dem Heim wohnt und immer wieder Konflikte heraufbeschwöre. „Er macht es immer so, dass es andere nicht mitbekommen. Andere Klienten werden massiv von ihm bedrängt. Es gibt regelmäßig Beschwerden über ihn. Er leugnet alles. Die anderen würden immer lügen.“ Das fand die Richterin „sehr aufschlussreich“. Ähnlich aufschlussreich war aber auch die Auflistung von Vorstrafen, die der Angeklagte inzwischen angesammelt hat, wie mehrere Fälle von Diebstahl, Körperverletzung, Fahren ohne Führerschein, Beleidigung, Widerstand und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Der Staatsanwalt hielt nach den Aussagen des Angeklagten und der Zeugen den Sachverhalt für bewiesen, plädierte aber für ein mildes Urteil, weil er erstens geständig und zweitens provoziert worden sei. Das sah die Richterin wohl auch so, obwohl sie feststellte: „Das ist und bleibt eine Körperverletzung, auch wenn der Angeklagte über einen längeren Zeitraum provoziert wurde. Die Strafe: 30 Tagessätze à 15 Euro, Übernahme der Kosten des Verfahrens und ein Jahr auf Bewährung. Von Hartmut F. Reck

Luckenwalde - Fausthieb nach Provokation