Klassentreffen der Krankenschwestern nach 60 Jahren

„Die Fliesen waren doch schon zu unserer Zeit da!“ So einiges erkennen die ehemaligen Krankenschwestern wieder, als sie das Foyer betreten. Doch nur ein paar Meter weiter ist das Haus kaum wiederzuerkennen: Die ehemalige D-Station (internistische Männerstation) hat sich in eine Kinderstation verwandelt, die „Innere“ existiert nicht mehr, sondern wurde aufgeteilt und spezialisiert in unter anderem Geriatrie, Kardiologie und Onkologie. „Bei den vielen neuen Anbauten hier kann man sich nur verlaufen“, staunt Uwe Berger, der dafür sorgt, dass die Truppe alle vier Jahre zusammenkommt. Nicht so einfach, denn nur fünf der Klasse blieben in Luckenwalde, die andern verschlug es nach Treuenbrietzen, Neuruppin, Rathenow und sogar bis an die Ostsee. Selten sieht man etwas, was noch wie von vor 60 Jahren aussieht. „Doch, die Küche sieht fast genauso aus, da seh ich mich immer noch sitzen als Schülerin“, lacht Manuela Hoyer, die die Gruppe durch das Krankenhaus führt. „Das ist unser Elstergang, das werden die Jungen gar nicht mehr kennen“, so Hoyer, den Besuchern sagt das aber noch ganz genau was, auch wenn Kaffee- und Süßigkeiten-Automat neu sind. Die frische Aufmachung versetzt sie in Staunen, aber sie sehen die Veränderungen positiv. „Es hat sich zum Besseren verändert“, so Berger, der über die jungen Sanitäter zum Krankenpflegeberuf kam. Er war damals der einzige Junge in der Klasse von 19 Leuten. Für die einen, der Wunsch zu helfen, für andere ein Sprungbrett, um Lehrer zu werden. „Ein mittlerer medizinischer Beruf mit Praxiserfahrung, das waren die Voraussetzungen, um Diplom Medizinpädagogin zu werden“, kann sich jemand erinnern. „Am 1. September 1958 haben wir angefangen“, weiß Berger. Das Internat stand damals bei der Burg, wo sich heute ein Hundespielplatz befindet. Zwei Jahre verbrachten sie dort, bis zum 31. Juli 1960. Die Fachschule für Krankenpflege schlossen sie alle mit dem Staatsexamen ab, denn erst später wurde der Krankenschwesterberuf zum Ausbildungsberuf. „Es war eine strenge Zeit, nicht gerade gesegnet“, so Eva Schmolk. „Wir haben abends immer Kaltverpflegung bekommen, aber ausgehungert, wie wir waren, haben wir es immer schon aufgegessen, bevor wir zu Hause ankamen“. Doch auch schöne Erinnerungen verbinden sie alle mit dem Jahr. Das erste Mal von zu Hause weg, das war nicht nur aufregend, das musste ausgenutzt werden. „Raus und tanzen gehen“, auch wenn die Heimleiterin das zu der Zeit gar nicht amüsant fand. „Ich kann mich daran erinnern, dass wir öfter durch das Fenster wieder hineingestiegen sind“, lacht Schmolk. Der Beruf war oft ein Spagat zwischen Dreischichtsystem und Familie. Für ihre Kinder war Schmolk elf Jahre lang auf Dauernnachtwache. „Da denkt man manchmal, dass eine Schicht leichter wäre“, aber das war es nicht. Meist schlief sie nur stundenweise, brachte die Kinder zur Schule, kümmerte sich um den Haushalt, holte sie wieder ab – „und 22 Uhr gings schon wieder los. Damals hatten wir ja auch noch keinen freien Samstag“. Doch auch, wenn mittlerweile Samstag und Sonntag als freie Tage gelten, ist der Beruf anstrengend. „Ich denke, der Arbeitsaufwand ist gestiegen“, so Schmolk. „Man spricht ja mittlerweile von Überbelastung. Viele gehen in Regionen mit besserer Bezahlung – so sieht das Leben einer Krankenschwester eben aus“. Den Beruf würde sie doch immer wieder wählen. „Dass man Menschen in Not hilft, dass sie wieder am Leben teilnehmen können. Das ist doch unser oberstes Ziel“. Von Antonia Engel